Ich habe im «Berghain» getanzt und ging der Berliner Mauer entlang. Habe in Mailand das beste Tiramisù gekostet und mich mit Mode eingedeckt. Habe im Wembley-Stadion Fussball geschaut und den Buckingham Palace besucht. Habe Kafkas Geburtshaus betreten und die Karlsbrücke überquert. Habe mich in Kreta gesonnt und die Ruinen von Knossos bestaunt.
Kein Ding, kaum der Rede wert. Zumindest nicht für viele Millennials in Europa. Es sind Privilegien, die wir für selbstverständlich nehmen. Nur: Sie wurden von den vorangehenden Generationen errungen. Denke man allein an das 20. Jahrhundert: Revolutionen, Weltkriege, Eiserner Vorhang, Wirtschaftskrisen. Aber auch: Entkolonialisierung, EU-Gründung, Währungsraum, Frieden. Frieden?
Europäische Kernwerte wie Freiheit, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie sind nicht in Stein gemeisselt. Es liegt an jedem, dafür zu sorgen, dass sie Bestand haben, sich weiterentwickeln, sich an neue Gegebenheiten anpassen. Das passiert nicht von Geisterhand. Und es bedarf der Anstrengung aller.
Indem man die Werte vorlebt im Alltag. In der Familie. In der Arbeit. In der Politik. Indem man sich der divergierenden und der totalitären Verführung entgegenstellt. Indem man trotzdem gross zu denken wagt. Gefordert sind die Millennials besonders auch in der Schweiz. Sie müssen sich einbringen in die Diskussion, wie sich das Land ins europäische Gefüge eingliedert, ohne dabei seine Eigenheiten aufzugeben. Die EU und die Schweiz – ein Ehepaar, das sich anschweigt, stur beharrend auf den jeweiligen Positionen. Im Grossen und Ganzen eigentlich Kleinkram.
Eine Lösung wird kommen. Dass man sich trotz widerstrebender Interessen irgendwie arrangiert, ist eine zutiefst europäische Eigenschaft. Wer will diese aufgeben? Ein «Berghain» gibt es nicht in Zürich. Das Tiramisù schmeckt im «Rössli» nicht gleich. Fussball im Wankdorf-Stadion ist zwar okay. Aber einen Palast zum Bestaunen haben wir eben nicht. Und schon gar keine antiken Ruinen in Meeresnähe.
«Let Europe arise. Die nächste Generation übernimmt in herausfordernden Zeiten. Welches Europa wollen die Millennials jetzt?» lautet das diesjährige Hauptthema der Gesprächs- und Ideenplattform Europa Forum. Als Höhepunkt der Jahresaktivitäten findet am 23. und 24. November 2022 das Annual Meeting im KKL Luzern statt.
Zu den namhaften Speakerinnen und Speakern zählen Bundesrätin Simonetta Sommaruga, Deutschlands früherer Aussenminister Sigmar Gabriel, Bundespräsident a.D. Christian Wulff, Historiker und Publizist Timothy Garton Ash, Schriftstellerin Nora Bossong, Chefin Sicherheitspolitik des VBS Pälvi Pulli, Alena Buyx und Franca Lehfeldt. Sichern Sie sich jetzt Ihr Ticket.