Für uns war es völliges Neuland», sagt Fabian Waldmeier, Leiter Internationale Zusammenarbeit bei Fairtrade Max Havelaar, «Gold ist von der Produktion und von den Marktstrukturen her nicht vergleichbar mit dem uns seit langem vertrauten Lebensmittelbereich.» Klar ist nur: Hinter jedem Produkt stehen Menschen. Von den Reisbauern in Indien über die Arbeiterinnen auf kenianischen Blumenfarmen bis zu den Kleinbauern und Kleinbäuerinnen, die in Ecuador Bananen und Mangos anbauen. Oder eben den peruanischen Mineuren im Goldabbau. «Doch am Anfang machte sich sowohl aufseiten der Mineure wie auch der Abnehmer Skepsis bemerkbar», sagt Waldmeier. Wer seid ihr? Was macht ihr? Die Abnehmer wollten Sicherheiten, bevor sie ihre Produktionsprozesse umstellten. Und auch die Mineure brauchten verbindliche Zusagen, um sich zertifizieren zu lassen.
Die Schweiz ist Drehscheibe für Gold
Peru ist eines der bedeutendsten Goldproduktionsländer der Welt. Neben den grossen internationalen Bergbaufirmen gibt es viele kleinere Minen, welche die Mehrheit der Arbeitskräfte im Goldbergbau repräsentieren. Traditionell schürfen im kleingewerblichen Bergbau in Peru Private oder Familien das Edelmetall. Unter Bedingungen, die alles andere als edel sind, setzen sie sich gesundheitlichen Risiken aus. Für die meisten ist es das einzige Einkommen für sich und ihre Familien. Kommt hinzu, dass Zwischenhändler den Arbeitern das geschürfte Gold zu nicht marktgerechten Preisen abkaufen. Das muss nicht sein. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) sprach Fairtrade Max Havelaar auf eine mögliche Zertifizierung an. Immerhin ist die Schweiz eine Drehscheibe des internationalen Goldhandels. Hier werden in vier weltweit führenden Raffinerien bis zu 70 Prozent der weltweiten Goldproduktion veredelt und zum Teil auch wieder ausgeführt. Geprägt sind diese Geschäfte von immer wiederkehrenden Skandalen rund um Kinderarbeit oder zerstörte Regenwälder.
2014 lancierte Fairtrade Max Havelaar ihr Goldprojekt – inzwischen umfasst es 15 Kooperativen mit rund 1500 Arbeitern und Arbeiterinnen. Schon 2015 verkaufte die ZKB als Lizenznehmerin und erste Schweizer Bank faires Gold in Barren von 1 bis 10 Gramm. Später wurde das Projekt auf 20-Gramm-Barren und auf weitere Kantonalbanken ausgedehnt. Die ZKB ist immer noch mit dabei. Für ihr Engagement wurde sie für die erstmals von Fairtrade Max Havelaar verliehenen Awards nominiert.
Nicht nur für Banken: Juweliere und Goldschmiede haben ebenfalls die Möglichkeit, ethisch sauberes Gold für ihre Bijous zu verwenden. Weiter ist dieses auch in der Technologiebranche gefragt. Gemäss Waldmeier wird inzwischen jährlich eine Tonne fair erzeugtes Gold aus Peru ausgeführt. «Das sieht auf den ersten Blick nicht nach besonders viel aus. Doch es entspricht einem Materialwert von über 50 Millionen Franken.»
Für die Arbeiterfamilien in Peru ist das Zertifikat im wahrsten Sinne des Wortes Gold wert: Dank der Zertifizierung werden die Rechte der Mineure geschützt. Auch Kinderarbeit, Zwangsarbeit und andere Formen der Diskriminierung sind verboten. Das ist aber nicht alles: Die Zertifizierung schreibt ausserdem Schutzkleidung sowie Massnahmen zu Gesundheitsschutz und Unfallprävention vor. Und auch die nationalen Umweltgesetze müssen eingehalten werden. Zudem bestehen Anforderungen an die Organisation der Minen.
Moderne Betriebe in Peru
Auch finanziell lohnt sich die Zertifizierung für die gesamte Gemeinschaft: Minen mit dem Fairtrade-Zertifikat erhalten zum Marktpreis eine Fairtrade-Prämie in der Höhe von 2000 Dollar pro Kilo Gold. «Das macht bei einem Goldbarren einen Aufschlag von 4 bis 5 Prozent», so Waldmeier. Diese zusätzlichen Einnahmen werden in Gemeinschaftsprojekte wie zum Beispiel Schulen, Wasserversorgung und Gesundheitszentren sowie in die Verbesserung betrieblicher Abläufe investiert. Wer heute eine der Genossenschaften in Peru besucht, erlebt einen modernen Betrieb mit Lastwagen, Schaufelbaggern und Bergleuten mit Helm und Schutzkleidung. Fairtrade Max Havelaar stärkt mit seinem Engagement auch klar die Eigenverantwortung der Produzenten nachhaltig. Und mit dem Fairtrade-Code ist das Gold heute bis in die Mine rückverfolgbar.