Das Certified-Pre-Owned-Uhren-Programm (CPO), also der Verkauf von Secondhand-Uhren mit Echtheitsbescheinigung, ist sehr erfolgreich bei Ihnen – wie kam es dazu, das Programm bei Bucherer umzusetzen?
Die Idee kam auf, weil der Markt für zertifizierte gebrauchte Uhren bereits am Wachsen war; wir haben CPO ja nicht erfunden. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass dieser Markt sogar grösser werden könnte als jener für neue Uhren. Daher haben wir uns irgendwann die Frage gestellt, ob wir in diesen Markt einsteigen möchten. Anfangs wurden wir als Traditionsunternehmen skeptisch betrachtet, stand doch manchmal die Kritik im Raum, dass es sich um einen «Grey Market» handeln würde.
Odilo Lamprecht ist seit fast acht Jahren bei Bucherer und baute den Bereich Certified Pre-Owned (CPO) bei Bucherer von Anfang an mit auf. Heute ist er Global Director CPO bei Bucherer. Vorher arbeitete er im E-Commerce bei der Migros.
Was war Ihre Antwort auf die Skepsis?
Wir haben ein eigenes Konzept entwickelt, das das Vertrauen und die Qualität betont. Unsere Herausforderung bestand darin, unser Image von einem klassischen Luxusuhrenhändler auf einen innovativen Anbieter von zertifizierten gebrauchten Uhren zu erweitern – und dies sicht- wie auch erlebbar. Wir haben unter anderem eigene Verkaufsflächen in unseren Läden geschaffen, einen Platz zum Austausch, der aber auch zeigt, dass wir diesen Teil als wichtiges Element unseres Geschäfts sehen.
Wie läuft der Prozess bei Ihnen ab? Kommt der Kunde einfach mit seiner Uhr in den Laden und bietet sie dort an?
Genau so ist es. Wir setzen bewusst auf einen schlanken Prozess, damit es für unsere Kundinnen und Kunden möglichst komfortabel ist. Im Laden wird die Uhr von unserem Expertenteam geprüft. Wir nutzen dazu eine spezielle Software, mit der wir anhand der Referenz- und Seriennummer sowie dem Zustand einen fairen Preis ermitteln können. Es gibt zwei Arten von Angeboten: einen Bar-Ankaufspreis und einen Trade-in-Preis, bei dem die Kundin einen zusätzlichen Bonus bekommt, wenn sie sich für einen Gutschein entscheidet. Der gesamte Prozess dauert normalerweise zwischen zehn und dreissig Minuten. Für besondere Modelle, die nicht in unserer Datenbank erfasst sind, senden wir die Uhren an unsere Experten, die innerhalb von 48 Stunden ein Angebot machen.
Wie war das Feedback der Kundinnen und Kunden?
Zu Beginn war es für viele Kundinnen und Kunden neu, und wir haben aktiv darauf hinweisen müssen, dass wir bei Bucherer nun auch ein CPO-Angebot haben. Aber die Reaktionen waren durchweg positiv. Ein wichtiger Schritt war sicher auch der Übergang zum An- und Verkauf im Onlineshop, der während der Corona-Schliessungen eingeführt wurde.
Welche Marken sind besonders beliebt, und welche Art von Garantie bieten Sie an?
Beliebt sind die Marken, die auch als Neuware gut funktionieren. Jede Uhr, die wir verkaufen, kommt mit einer zweijährigen Garantie, die alle Funktionalitäten abdeckt. Neu ist zudem eine internationale Garantie für bestimmte Marken, was besonders für Kundinnen und Kunden aus Ländern ohne Bucherer-Standorte hilfreich ist. Das bedeutet, dass Kunden ihre Uhren weltweit bei jedem autorisierten Händler reparieren lassen können, was besonders bei Vielreisenden gut ankommt.
Wie passt das Programm der Zweitnutzung in die Nachhaltigkeitsstrategie von Bucherer?
Nachhaltigkeit ist ein grosses Thema, insbesondere bei unserer jüngeren Kundschaft. Unser Programm hilft dabei, Uhren länger im Umlauf zu halten und ihren Lebenszyklus zu verlängern, was zur Reduzierung von Abfall und von Ressourcenverschwendung beiträgt. Wir sehen uns als Teil der Kreislaufwirtschaft und wollen dazu beitragen, dass Uhren wiederverwendet und weitergegeben werden, anstatt dass neue Ressourcen für die Produktion neuer Uhren verbraucht werden müssen. Dies ist ein wichtiger Bestandteil unserer gesamten Nachhaltigkeitsstrategie und wird von unserer Kundschaft seit der Einführung sehr positiv aufgenommen.
Haben Sie schon mal überlegt, eine Art Leasing-Option für Uhren anzubieten, ähnlich wie in der Autoindustrie?
Einige Anbieter auf dem Markt haben das bereits probiert, aber es ist kompliziert. Es gibt allerdings Freundeskreise und Clubs, die Uhren gemeinsam nutzen. Das könnte in Zukunft noch interessanter werden. Die Idee ist, dass mehrere Personen ihre Uhren in eine gemeinsame Sammlung einbringen, die dann untereinander geteilt wird. Dies ist eine spannende Entwicklung, die das Konzept des Besitzens von Luxusuhren auf eine neue Ebene hebt und den Sharing-Gedanken in unsere Branche bringt.
Was war die wertvollste Uhr, die über Ihr Programm verkauft wurde?
Wir haben viele verschiedene Uhren gehandelt, von sehr alten bis zu modernen Modellen. Es gibt dabei keine Uhr, die besonders hervorsticht. Die wirklich besonderen Stücke, wie ein Zeitmesser eines Prominenten, werden eher über Auktionshäuser gehandelt, wo sie eine grössere Plattform und spezielle Sammler ansprechen. Bei uns geht es darum, hochwertige Uhren einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, von dem sich viele sonst vielleicht nicht trauen würden, eine gebrauchte Uhr zu kaufen.
Sind gebrauchte Uhren teurer oder günstiger als neue Modelle? Wie gestalten Sie die Preise?
Unsere Preise orientieren sich am aktuellen Marktwert. Durch die Authentifizierung, den Service und die Garantie sind wir oft etwas teurer als andere Anbieter, aber das spiegelt die Qualität und das geringere Risiko für den Kunden wider. Es gibt auch Modelle, die im Sekundärmarkt günstiger sind, was besonders für Einsteigerinnen interessant ist. Diese transparente Preisgestaltung hilft uns, Vertrauen bei der Kundschaft zu schaffen und ihnen die Sicherheit zu geben, dass sie ein gutes Produkt bekommen.
Gibt es Marken, die Sie nicht annehmen?
Wir kaufen nur Uhren, die im sekundären Markt nachgefragt sind. Das hängt nicht nur von der Marke, sondern auch vom spezifischen Modell ab. Wenn die Nachfrage zu gering ist, können wir leider kein Angebot machen. Es macht keinen Sinn, eine Uhr anzukaufen, für die es keinen Markt gibt, weil das weder für uns noch für die Kundin von Vorteil ist. Wir kommunizieren klar, welche Modelle wir suchen und welche weniger gefragt sind.