Die Weihnachtszeit ist auch für Ökonomen interessant: Entgegen weit verbreiteter Annahmen steigen dann die Preise für Esswaren und Süssigkeiten beispielsweise an den Weihnachtsmärkten nicht. Wenn es Preissteigerungen gegenüber dem Vorjahr gibt, dann sind diese bereits im Verlauf des Jahres entstanden und werden von den Konsumentinnen und Konsumenten beim Bummel über solche Märkte besonders gut wahrgenommen. Die empirische Forschung kommt sogar zu einem gegenteiligen Ergebnis – viele Preise stagnieren gegen Jahresende und fallen dann teilweise kurz vor Weihnachten. Grund sind die Befürchtungen der Händler, auf den saisonalen Artikeln sitzenzubleiben, wenn sie nicht rechtzeitig verkauft werden.

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Streaming-Abo statt DVDs

Auch auf Makroebene gibt es die «Samichlaus-Effekt»-These: Im vierten Quartal kommt es jeweils zu einem wirtschaftlichen Boom, der von einer Katerstimmung im ersten Quartal abgelöst wird. Allerdings zeigt hier die Forschung kaum Effekte – und wenn, sind sie sehr klein und teilweise auch auf andere Faktoren zurückzuführen, beispielsweise administrierte Preissteigerungen. Die Weihnachtszeit macht sich aber auf anderen Ebenen bemerkbar, etwa in der Aussenhandelsstatistik der Schweiz.

«Weihnachtszeit ist Shoppingzeit», fasst Roland Fischer zusammen, der am Institut für Betriebs- und Regionalökonomie (IBR) der Hochschule Luzern Wirtschaft forscht. «Deshalb gibt es ein ausgeprägtes saisonales Muster beim privaten Konsum.» Das vierte Quartal ist in der Regel jenes mit der höchsten Konsumnachfrage. «Da die Schweiz sehr viele Konsumgüter importiert, widerspiegelt sich dieses Muster teilweise auch beim Import von einigen Konsumgütern wie Haushaltsgeräten und Unterhaltungselektronik oder den Getränken», sagt Fischer. «Auf der anderen Seite exportiert die Schweiz auch Konsumgüter, die in der Weihnachtszeit im Ausland stark nachgefragt werden, etwa Uhren oder Nahrungs- und Genussmittel.»

Bemerkenswert ist laut Fischer, dass der Import dieser Güter über die letzten zehn Jahre hinweg – mit Ausnahme der Corona-Jahre – stagniert, obwohl die Bevölkerung und auch das Pro-Kopf-Einkommen gewachsen sind. «Bei den Uhren sind die Exporte sogar zurückgegangen», sagt er. «Die Exporte von Nahrungs- und Genussmitteln sind hingegen über die Zeit angestiegen.» Nicht nur handfeste Produkte, auch Geschenkgutscheine, Konzertkarten oder Reisen können Weihnachtsgeschenke sein – und solche immateriellen Güter wie Netflix-Jahresabos statt Lieblingsfilm-DVDs werden zunehmend beliebter. «Ein Indiz dafür könnte sein, dass der Anteil der Dienstleistungsimporte an den gesamten Importen in den vergangenen zwei Jahrzehnten zugenommen hat», sagt Fischer.

 

Weihnachten ist fast das ganze Jahr

Das Weihnachtsfest konkurriert auch mit weiteren, teilweise künstlich geschaffenen Anlässen wie Back to School, Singles-Day oder Black Friday. «Das Weihnachtsgeschäft ist nur eine mögliche Ursache von saisonalen Schwankungen im Aussenhandel», meint Fischer. «Bedeutend ist für die Schweiz auch der Tourismus oder die Nachfrage nach Konsumgütern für den Alltagsbedarf wie Bekleidung und Schuhe, wo sich andere saisonale Muster ergeben.» Diese sind teilweise von der Witterung abhängig – so reduziert ein kühler Sommer nördlich der Alpen den Bierkonsum. Der zeigt sich jedoch weniger stark in den Handelsstatistiken.

«Die Internationalisierung und Globalisierung hat teilweise zu einer starken Konzentration des Aussenhandels geführt», meint Fischer. «Den Spezialfall der Edelmetalle, Edelsteine und Schmuckstücke ausgenommen, fallen über 40 Prozent der Schweizer Exporte auf chemische und pharmazeutische Produkte.» Und die benötigt man das ganze Jahr.