Sie sagen über sich selbst, Sie seien Stadtmensch und Naturfreund in einem – was meinen Sie damit?

Genau. Meine emotionalen Wurzeln diesbezüglich liegen in Les Prés-d’Orvin, einer Ortschaft am Jura-Südhang. Das Leben auf dem elterlichen Bauernhof war streng, wir arbeiteten vor und nach der Schule, aber im Winter, wenn es mal freigab, fuhren wir in den Jura, dort lernte ich schon in jungen Jahren Ski fahren.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 
Zur Person: 

Martin Nydegger ist seit 2018 Direktor von Schweiz Tourismus und vom ihm stammt die Idee zur «Grand Tour of Switzerland». Seine Ausbildung machte er an der University of Strathclyde in Glasgow. Er lebt mit seiner Familie in Pfaffhausen ZH.

Das Gebiet liegt aber nur auf tausend Meter über Meer. Die richtigen Berggefühle wurden da noch nicht ausgelöst, oder doch?

Die haben sich tatsächlich erst während meines mehrjährigen Engagements als Tourismusdirektor in Scuol entwickelt. Diese Region gefällt mir ausserordentlich, sie stimuliert noch heute meine Ferienwünsche und ist mittlerweile auch ein winterlicher Motivationspunkt für meinen 18-jährigen Sohn.

Besuchen Sie das Unterengadin noch oft?

Ma natüralmaing! Aber darüber hinaus ist die Vielfalt in unserem Land einfach fantastisch, und ich lerne – sogar als Tourismusdirektor mit dreissig Jahren Branchenerfahrung – ständig neue und spannende Orte und Attraktionen kennen. Deshalb reisen wir an vielen Wochenenden durch die Schweiz, am liebsten eben in die Berge.

Was ist für Sie das Besondere am Wandern?

Ehrlich gesagt, die Kommunikation mit einem 18-Jährigen ist nicht immer sehr redeintensiv. Aber auf gemeinsamen Wanderungen haben wir die besten Gespräche. Sowieso ist Wandern irgendwie therapeutisch, ehrlich und offen.

An was denken Sie bei der Frage nach Festtagsfreuden?

Meine Vorweihnachtsgefühle entstanden in Les Prés-d’Orvin. Und an meine Jugend habe ich sentimentale Erinnerungen; sie sind warm, heimelig und stimmungsvoll. Deshalb liebe ich es auch, wie der Spätherbst ruhig in den Winter fliesst. Da fängt meine Lieblingszeit an; beginnend mit den Festtagen und bis zum Ende des Winters.

Trifft man Sie auf dem Weihnachtsmarkt?

Immer gerne, inklusive des eindrücklichen Markts beim Bellevue in Zürich. Aber meine absoluten Favoriten liegen in Bern und am Genfersee. Der Berner Sternenmarkt gleich neben dem Bundeshaus ist liebevoll und behaglich.

Und was gefällt Ihnen in Montreux?

Der Marché de Noël de Montreux ist ein Leuchtturm der Schweizer Weihnachtszeit. Auch wenn der fliegende Samichlaus mit Schlitten schon fast ein bisschen kitschig wirkt, er ist ein Hingucker und «instagrammable».

Ist das nicht ein wenig zu sehr Werbetrommel?

Aber berechtigt. Montreux bietet eine einmonatige märchenhafte Welt voller Magie, Emotionen und Festlichkeiten. Alles umrahmt von einem abwechslungsreichen Kulinarikangebot. Das darf man durchaus anpreisen.

Haben Sie einen Wandertipp für den Winter?

Mit direktem Bezug zu Winter und Schnee denke ich unmittelbar an den Laternliweg auf der Schwägalp. Ab sofort bis zum 8. März 2025 bietet der präparierte und mit Petroleumlampen beleuchtete Weg ein romantisches Wintermärchen durch verschneite Wälder. Abgerundet von einem gemütlichen Fondueplausch.

Zieht es Sie auch mal ins Tessin?

Das Tessin hat tolle Ziele, wie die Ponte Tibetano, die 130 Meter über dem Boden schwebt. Die Brücke verbindet Curzútt und San Bernardo und erschliesst mehrere Wanderrouten in einem Gebiet, das reich ist an Historischem, Landschaftlichem und Kulinarischem. Im Herbst und Winter zeigt das Tessin seine mystisch-melancholische Seite.

Und wo geht man am besten danach essen?

Das Grotto San Michele in Bellinzona, das gewissermassen an die Aussenmauer des Castello geklebt ist, ist definitiv eine Reise wert. Das Grotto ist ganzjährig geöffnet und lässt sich ausgezeichnet mit einer Schlosstour verknüpfen.

Ist es da im Winter nicht zu kalt, um draussen zu sitzen?

Warm angezogen kann man an sonnigen Tagen im Tessin auf jeden Fall auf der Terrasse essen. Und wenn es kühler ist, bieten die Grotti rustikale Räumlichkeiten.

Im Winter und über die Festtage denkt man aber auch an Raclette und Käsefondue. An welche Destinationen denken Sie dabei?

Ich lehne mich hier zum Fenster hinaus: Wenn es um Fondue geht, dann kommt mir zuallererst das Chalet de Gruyères im Greyerzbezirk des Kantons Freiburg in den Sinn.

Ist das nicht ein bisschen gar touristisch?

Daran ist nichts falsch. Als Fribourger mütterlicherseits darf ich festhalten, dass das Chalet ein hervorragendes «Moitié-moitié» anbietet, also die perfekte Kombination aus Gruyère AOP und Vacherin Fribourgeois AOP. Und danach darf als Dessert natürlich die «Meringue double crème» nicht fehlen. Es erinnert mich an meine Jugend und ich spüre immer ein wenig Nostalgie.