Noch vor zwei Jahren bestellte der grosse Autovermieter Sixt 100’000 E-Autos beim chinesischen Hersteller BYD. Gleichzeitig wollte man auch über einige Jahre in die Ladeinfrastruktur investieren. Bis 2030 sollte die europäische Flotte praktisch durchgängig elektrifiziert sein. 

Inzwischen reduzierten Sixt und auch weitere grosse Flottenbetreiber wie Hertz oder Miles die ambitiösen E-Fahrzeug-Pläne. Zwei Gründe werden immer wieder genannt: Einerseits liegen die Gesamtkosten der E-Autos zu hoch. Darunter fallen nicht nur die Betriebs- und Unterhalts- sowie die allfälligen Reparaturkosten. Für Flottenbetreiber, die neue Fahrzeuge lediglich wenige Jahre und einige zehntausend Kilometer betreiben, spielt auch der Wiederverkaufswert in der Gesamtkalkulation eine sehr wichtige Rolle. Und der hat bei den E-Autos in den vergangenen zwei Jahren massiv abgenommen. 

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Anderseits liegt die Nachfrage nach E-Fahrzeugen laut den grossen Mietwagenflottenbetreibern unter jener der Verbrennnerautos. Man hatte die Wünsche der Kunden und Kundinnen nach E-Autos offenbar zu optimistisch eingeschätzt. Grosse Flottenbetreiber benötigen zudem einfache Standardmodelle, die aber teilweise gar nicht in die Schweiz importiert werden. 

 

Hersteller gehen zu wenig auf Bedürfnisse ein

Mobility beispielsweise führt die Fahrzeuge in Kategorien. «Für jede Kategorie haben wir auf Basis der identifizierten Kundenbedürfnisse Anforderungen definiert», sagt Mobility-Sprecher Stefan Roschi. «Diese Anforderungen gilt es in erster Linie zu erfüllen, wenn wir nach einem neuen Fahrzeug suchen.» Je nach Kategorie – in der Autobranche auch als «Fahrzeugsegment» bezeichnet – gibt es mehrere Lieferanten, welche die Grundanforderungen erfüllen. «Bei der Evaluation eines neuen Modells werden dann die weiteren Kriterien wie Schadstoffausstoss (Verbrauch und CO₂-Ausstoss), Beschaffungspreis, Unterhaltskosten inklusive klassischem Serviceunterhalt, aber auch Schadenskosten von definierten Carrosserieschäden sowie Einfachheit in der Bedienung und Aftersales-Organisation beurteilt», erklärt Roschi den Vorgang. 

Mobility-Fahrzeuge müssen die Grundanforderungen in den einzelnen Kategorien erfüllen. «Das bedeutet, dass wir möglichst einfach ausgestattete und demzufolge günstige Fahrzeugmodelle beschaffen wollen», erklärt Roschi. «Die Fahrzeughersteller sehen den Schweizer Markt als «sehr kaufkräftig» und liefern deshalb die Fahrzeuge bereits mit sehr reichhaltigen Serienausstattungen.» Leider würden hier die Fahrzeughersteller und die Fahrzeugimporteure viel zu wenig auf die Bedürfnisse des Flottenmarktes im Allgemeinen und des Carsharing-Marktes im Speziellen eingehen. «Einfache Fahrzeuge mit Grundausstattungen wie Stahlfelgen, einfachen Lackierungen und keinerlei Luxusausstattungen stehen im Schweizer Markt leider nicht zur Verfügung», stellt Roschi fest. 

«Gerade bei der Transformation von fossilen zu elektrisch angetriebenen Fahrzeugen stellen wir ein noch sehr beschränktes Angebot der Hersteller fest.» Hier komme ebenfalls zum Tragen, dass die Hersteller zuerst diejenigen Fahrzeugmodelle in den Märkten einführen, bei denen sie eine hohe Wertschöpfung erzielen können und die Nachfrage nach einfachen, kleineren und günstigen Elektrofahrzeugen noch wenig bis gar nicht bedienen. «Es sind aktuell wohl Tendenzen spürbar, dass auch kleinere E-Fahrzeuge in Kürze kommen werden, aber die Auswahl ist doch noch sehr überschaubar», beschreibt Roschi die Aussichten. 

 

Kaum Software für die Flottensteuerung 

Was heute bereits bei einigen Fahrzeugherstellern möglich ist, nämlich dass dem Fahrer respektive der Privatkundin via App Fahrzeugdaten wie Ladestand – Reichweite, Reifendruck, Servicenotwendigkeit et cetera – oder Funktionalitäten wie Vorheizen, Vorkühlen, Zieleingabe zugänglich gemacht werden, ist für das Flottenmanagement noch nicht verfügbar. «Es gibt kaum einen Anbieter, welcher ein Portal oder eine API-Schnittstelle für Flottenkunden zur Verfügung stellt, damit sie den Fuhrpark in Echtzeit überwachen und verwalten können», so Roschi. «Predictive Maintenance scheint leider bei allen Personenwagenherstellern ein Fremdwort zu sein – dabei wäre gerade ein solches Werkzeug für einen Flottenbetreiber sehr interessant und würde auch dazu beitragen, Kostenoptimierungen zu realisieren.»  

«Nachhaltigkeit ist für uns Programm», beschreibt Roschi die Haltung von Mobility. Nicht weil die Gesetzgebung vorschreibe, dass die Schadstoffausstosse von Fahrzeugen weiter reduziert werden müssen, sondern weil man es hier als sinnvoll beurteile. «Entsprechend wird praktisch die ganze Flotte in einigen Jahren elektrisch unterwegs sein.»