Das Ziel ist so klar wie wichtig für die Schweiz: Bis 2030 sollen die Treibhausgasemissionen gegenüber dem Niveau von 1990 um 50 Prozent gesenkt werden. Für die Gebäudetechnik und insbesondere die Wärmeerzeugung bedeutet das eine Umstellung auf nicht fossile Energieträger. Hinzu kommen die Veränderungen, die der Klimawandel selber mit sich bringt. Mehr Hitzetage, heftigere Niederschläge, trockenere Sommer und schneeärmere Winter – so lauten die Prognosen von Meteo Schweiz für die Zukunft. Grosse Herausforderungen für den Menschen und seinen Lebensraum.
Das 24-Grad-Ziel
Bezüglich Gesundheit, Erholung und Wohlbefinden reagiert der Mensch sensibel auf zu hohe Temperaturen in Innenräumen. Die früheren Empfehlungen der SIA-Norm 180 lauteten daher: ein Maximum von 26,5 Grad für gekühlte Wohngebäude und 29 Grad für ungekühlte. Diese seien zu hoch, stellten nun jedoch die Forschenden im Schlussbericht des Forschungsprojekts «Res Cool» fest. Der Mensch sei nur «bedingt anpassungsfähig», so das Fazit – deshalb braucht es neue Massnahmen.
Dem stimmen auch die Autoren einer Studie der Hochschule Luzern (HSLU) zu: Vor wenigen Jahren hat man die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gebäudetechnik noch zu wenig berücksichtigt. Die typischen Bürogebäude sind mit den klassischen Klimaanlagen für die steigende Erwärmung nicht ausreichend. Dazu kommen weitere Faktoren, die für das Wohlbefinden von Menschen in Wohn- und Bürogebäuden wichtig sind und somit beachtet werden müssen. Optimierter Sonnenschutz und ausreichende Nachtauskühlung machen auch zukünftig behagliche Temperaturen in Immobilien möglich –auch ohne stromfressende Klimaanlagen. Als Kühllösungen schlägt der «Res Cool»-Abschlussbericht dezentrale und zentrale Varianten vor. Vielerorts gilt die Fensterkühlung als das effizienteste Verfahren. Ist es aber draussen zu laut oder zu warm, sind die Grenzen hier schnell erreicht. Mobile Kühlgeräte erzeugen hingegen Lärm und unerwünschte Zugluft und bringen erhöhte Treibhausgasemissionen mit sich. Also keine optimalen Lösungen.
Gleiches gilt für die zentralen Kühllösungen mit Seewasser (Fernkälte), Erdwärmesonden (Geocooling) und Grundwasser. Solche Anlagen gelten als leistungsfähig, haben aber auch ihre Nachteile. Die für den Kompressorbetrieb erforderliche Energie wird in Form von Wärme nach aussen abgegeben. Die Umgebung erwärmt sich, was wiederum einen höheren Kühlaufwand bedeutet. «Das System schaukelt sich auf, und es können Hitzeinseln entstehen», heisst es im «Res Cool»-Bericht.
Architektur mit grossem Einfluss
«Die Kühlung von Bürogebäuden und Verkaufslokalen ist heute Standard, und entsprechende Lösungen sind bekannt», sagt Urs-Peter Menti, Dozent für Gebäudetechnik und Co-Institutsleiter am Institut für Gebäudetechnik und Energie (IGE) an der HSLU. «Doch der Bedarf nach Kühlung in Wohnimmobilien, Schulen, Altersheimen und Hotels wächst.» Hier gibt es bewährte Lösungen, die aber nutzungsspezifisch optimiert werden müssen. «Die grösste Herausforderung ist der Gebäudebestand; hier braucht es Lösungen, wie dieser hinsichtlich des Klimawandels ertüchtigt werden kann. Da sind vor allem technische Lösungen gefordert, weil bauliche Massnahmen im Bestand oft weniger gut realisiert werden können», so Menti weiter.
Laut dem Experten hat die Architektur einen sehr grossen Einfluss auf die Tauglichkeit von Bauten, um auch im Klimawandel komfortable Arbeitsräume zu gewährleisten, ohne dass der fürs Kühlen nötige Energieaufwand massiv zunimmt. Zur Architektur zählen dabei: das Raumkonzept beziehungsweise die Anordnung der Räume, die Grösse und Ausrichtung der Fensterflächen, die fixen und flexiblen Beschattungsvorrichtungen, die Bauweise wie Massivbau oder Leichtbau, die Verwendung von geeigneten Materialien und die Massnahmen im Aussenraum inklusive der Versiegelung von Flächen. Mentis Fazit: «Es ist wichtig, dass zuerst die baulichen Massnahmen ausgeschöpft werden und erst dann mit technischen Massnahmen versucht wird, ein behagliches und gesundes Raumklima zu erzeugen.»