Welche Dienstleistungen neben der klassischen Verbandsarbeit bieten Sie Ihren Mitgliedern?
Wir haben eine Reihe von Softwaretools auf unserem Gebäudetechnikportal im Angebot, die wir unseren Mitgliedern zur Verfügung stellen und die alle ineinandergreifen. Beispielsweise der Badplaner, der Solar- und der Heizungsrechner. Das ist sicherlich einmalig in der Branche. Darüber hinaus gibt es die klassischen Dienstleistungsangebote: Rechtsberatung, technische Beratungen, Richtlinien, Merkblätter und vieles mehr.
Sie sprechen Konsumentinnen und Konsumenten auch direkt an. Warum?
Ja, wir haben auch B2C-Angebote, direkt für die Endkundschaft – zum Beispiel den erwähnten Badplaner sowie ganz neu auch den Solarrechner. Dort können Eigenheimbesitzerinnen und -besitzer für ihre Projekte eine Kostenschätzung erstellen und erhalten dann konkrete Angebote von unseren Mitgliedsunternehmen. Mit wenigen Mausklicks bekommen die Kunden und Kundinnen dann schon mal eine erste Idee, wie hoch die Investition in etwa sein wird. Und unsere Mitglieder erhalten dadurch Leads für potenzielle neue Kundschaft, die ernsthaft interessiert ist, weil sie ja die Grössenordnung der Investition bereits kennt. Das erspart Leerläufe.
Sie haben mit einem grossen Projekt für Aufmerksamkeit gesorgt, dem Suissetec Campus. Um was geht es dort genau?
Der Suissetec Campus ist ein Ort der Begegnung und des neuzeitlichen Lernens, in dem sich Menschen zu Fachleuten aus- und weiterbilden, die für die Gesellschaft absolut unverzichtbar sind. Denn die Mitarbeitenden aus unserer Branche sorgen für das Lebensnotwendige: sauberes Trinkwasser, frische Luft, Behaglichkeit in den eigenen vier Wänden, ein dichtes Dach über dem Kopf sowie für Hygiene und damit auch für Gesundheit. Der Suissetec Campus ist ein Leuchtturmprojekt in vielfacher Hinsicht, weil man hier an einem konkreten Beispiel erleben kann, was moderne Gebäudetechnik, neuzeitliche didaktische Konzepte und Digitalisierung zu leisten vermögen.
Warum die Zertifizierung als Minergie-Areal?
Das Minergie-Areal ist ein wegweisendes Konzept, das einen ambitionierten und dennoch gut umsetzbaren Rahmen für die energetische Transformation solcher Bauten bietet. Es fordert, dass Neubauten nach den fortschrittlichsten Standards gebaut werden, und lässt gleichzeitig zu, dass Bestandsbauten zeitlich und technisch sinnvoll in das Gesamtkonzept integriert werden. Der Campus bietet viele Nutzungsarten, die normalerweise auf grössere Areale verteilt sind, in einem kompakten Raum: Werkstätten, Seminarräume, Hotelgebäude mit Gastrobetrieb, Büros und sogar einen Wärme- und elektrischen Verbund mit der nahe gelegenen Kreisschule.
Wo klemmt es noch beim Campus?
Wir wollen ja auch energetisch zeigen, was alles möglich ist, und über das ganze Jahr 100 Prozent der benötigten Energie auf dem Areal selbst erzeugen, das ist gerade für den Winterstrom eine Herausforderung.
Würden Sie im Rückblick etwas anders machen beim Campus-Projekt?
Wir haben viel Kompetenz im Bereich des Bauens und der Gebäudetechnik. Daher gab es doch immer wieder Reibungen in der Zusammenarbeit von Bauherrschaft und Generalplaner. Dort würde ich in Zukunft noch besser darauf achten, wie wir die Expertenteams zusammensetzen und die Projektleitung organisieren.
Reibungen welcher Art?
Wir haben sehr hohe und konkrete Ansprüche, wie etwas gebaut werden soll, auch im Sinne des Leuchtturmprojekts, während viele Architektinnen und Generalplaner heute oft noch nach durchschnittlichen Standards arbeiten. Das ist für beide Seiten eine Herausforderung.
Ein Beispiel?
Ein kleines Beispiel sind die Vordächer. Die müssen zwingend den Standards des Spenglerberufs entsprechen, schliesslich geht dort die Elite dieser Branche täglich ein und aus. Ein grösseres Thema war das Gesamtenergiekonzept, das während der zehn Jahre, in denen das Areal noch entwickelt wird, so flexibel bleiben muss, dass man das Ziel der Gesamtversorgung mit erneuerbarer Energie erreichen kann. Da muss man schon innovativ sein und nicht einfach den Weg des geringsten Widerstands gehen.
Abzockerei bei Gebäudenotfällen ist nicht selten; was tun Sie als Verband dagegen?
Solche Vorfälle sind rufschädigend. Wir haben Anfang des letzten Jahres deshalb ein Portal für Notfallsituationen gegründet: Gebäudetechniker24.ch. Ein nationaler 24-Stunden-Notfalldienst. Der Service hat sich erfolgreich etabliert: Wir hatten 2000 Pikettdienstanfragen im Jahr 2023, und es gibt erfreulicherweise weniger Negativschlagzeilen über dubiose «Fake-Handwerker».
Der Fachkräftemangel ist gerade für Ihre boomende Branche ein grosses Thema.
Das stimmt. Seitdem die Transformation der Gebäudeparks in der Schweiz richtig in Fahrt gekommen ist, sind die Betriebe sehr gut ausgelastet. Es fehlen überall Fachkräfte. Gleichzeitig hat das aber auch positive Aspekte: Um das knappe Personal zu kompensieren, strengen sich die Unternehmen bei der Digitalisierung mehr an und versuchen, noch effizienter zu werden; viele verschlanken ihre Prozesse.
Zur Person
Christoph Schaer ist Direktor von Suissetec, dem Schweizerisch-Liechtensteinischen Verband der Gebäudetechniker. Der gelernte Elektroinstallateur bildete sich zum Informatik- und Wirtschaftsingenieur weiter. Zu Beginn seiner Karriere arbeitete er als Elektroinstallateur in der Maschinenindustrie und in der IT. Später leitete er das Departement Technik und Betriebswirtschaft bei Suissetec, bevor er 2019 die Funktion als Direktor übernahm. Er ist zudem Co-Präsident der Aeesuisse, des Wirtschaftdachverbands für erneuerbare Energien und Energieeffizienz.
Der Verband Suissetec vereint rund 3500 Mitgliedsfirmen und erbringt Dienstleistungen für Hersteller und Lieferanten, Planerinnen sowie Installateure aus den Branchen Sanitär/Wasser/ Gas, Spenglerei, Gebäudehülle, Heizung sowie Lüftung/ Klima/Kälte.
Welche Themen beschäftigen die Betriebe?
Die Bürokratie ist nach wie vor eine grosse Belastung für die Unternehmen. Die Bewilligungsverfahren sind ja häufig schon aufwändiger als die Installation selbst. Der administrative Aufwand ist extrem kompliziert und dazu noch von Kanton zu Kanton unterschiedlich. Und dann gibt es auch noch von Gemeinde zu Gemeinde Unterschiede in den Prozessen. Hinzu kommt die nach wie vor mangelhafte Digitalisierung bei den Behörden. Insgesamt würden wir uns schon eine Harmonisierung wünschen. Föderalismus in allen Ehren, aber hier könnte der Bund eine wertvolle Führungsaufgabe übernehmen.
Wie könnte die Politik die Branche unterstützen?
Das Wichtigste ist, stabile und verlässliche Rahmenbedingungen zu haben. Das Klimagesetz wurde angenommen, das CO2-Gesetz nicht. Dieses Stop-and-Go ist Gift für die Unternehmen. Es war deshalb jetzt wichtig, dass die Vorlage für eine sichere Stromversorgung vor zehn Tagen so deutlich angenommen wurde. Das Stromgesetz ist ganz wichtig für uns, weil damit der gesetzgeberische Prozess bestätigt wurde und endlich Klarheit herrscht. Darauf können wir aufbauen.
Öffentliche Stromversorger bieten häufig ebenfalls Solarinstallationen an. Ein Problem?
Allerdings, hier wird mit ungleich langen Spiessen gearbeitet. Staatsnahe Betriebe haben häufig einen Marktvorteil aus dem Basisgeschäft, das belastet die privatwirtschaftlichen KMU sehr. Aber es sind nicht nur die Energieversorger – auch andere Monopole wie das der Post oder der Swisscom machen privaten Betrieben zunehmend Konkurrenz.