Fachkreise sind sich weitgehend einig: Wenn wir mit den derzeitigen Praktiken bei Lebensmittelgewinnung und -systemen, bei denen synthetische Pestizide und anorganische Düngemittel, Kunstdünger sowie fossile Brennstoffe verwendet werden, fortfahren wie bisher, wird die Tragfähigkeit des Planeten früher oder später überschritten. Doch was sind die Alternativen? Schliesslich besteht die grösste Herausforderung für die Menschheit darin, genügend sichere und nahrhafte Lebensmittel für eine wachsende Bevölkerung zu produzieren.

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Weder Panikmache noch das Herunterspielen der Herausforderungen sind zielführend. Denn es gibt auch vielversprechende Technologien und pragmatische Ansätze in der modernen Landwirtschaft. Beispielsweise die sogenannte «regenerative Landwirtschaft», ein ganzheitlicher Ansatz, der das Potenzial hat, die Gesundheit der Ökosysteme wiederherzustellen und gleichzeitig dringende Umweltprobleme anzugehen. Wobei dazu noch keine wissenschaftlich einheitliche Definition besteht. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) beschreibt diese Form der Landwirtschaft zusammengefasst so: «Einfach ausgedrückt ist die regenerative Landwirtschaft, Agrarökologie, konservierende Landwirtschaft, ökologische Landwirtschaft etc. die Fähigkeit, die Bedürfnisse der Gegenwart zu erfüllen, ohne die Fähigkeit zu beeinträchtigen, die Bedürfnisse der Zukunft zu erfüllen.»

 

Den Boden gesund halten

Im Kern dreht sich die regenerative Landwirtschaft um die Stärkung der Bodenfruchtbarkeit – dies jedoch auf andere Weise als mit den bisherigen Inputs. Es gibt diverse Methoden, um dieses Ziel zu erreichen. Beispielsweise durch die Anwendung von Praktiken wie dem Deckfruchtanbau, einer Schlüsselkomponente der ökologischen Direktsaat, die dazu beitragen kann, den Boden gesund zu halten. Dies, indem er vor Erosion und Nährstoffverlusten schützt, die auftreten würden, wenn das Land zwischen den Vegetationsperioden kahl gelassen würde. Deckfrüchte können dazu beitragen, das Wachstum von Unkraut, Krankheiten und Schädlingen zu verhindern und Nährstoffe hinzuzufügen, wodurch der Bedarf an Insektiziden, Fungiziden und Herbiziden verringert wird und die Biodiversität und Kohlenstoffbindung verbessert werden.

Weitere Ansatzpunkte sind die Fruchtfolge und die minimale Bodenbearbeitung dank denen die Landwirtinnen und Landwirte die organische Substanz – den Humus – des Bodens aufbauen, dessen Fruchtbarkeit verbessern und dessen Wasserrückhaltekapazität erhöhen. Die Vorteile dieses bodenfokussierten Ansatzes sind vielfältig, denn primär tragen regenerative Praktiken zur Kohlenstoffbindung bei, indem sie der Atmosphäre CO₂ entziehen und es im Boden speichern. Neben einer positiven Auswirkung auf den Klimawandel wird somit auch die Bodenfruchtbarkeit verbessert. Auch wird die biologische Vielfalt gefördert, indem Lebensräume für nützliche Insekten, Vögel und Mikroorganismen geschaffen werden, die bei der natürlichen Bekämpfung von Schädlingen und Krankheiten helfen.

Ein weiterer wichtiger Vorteil der regenerativen Landwirtschaft ist, dass sie die Abhängigkeit von Betriebsmitteln verringert. Durch die Minimierung des Einsatzes von synthetischen Düngemitteln, Pestiziden und Herbiziden können die Landwirte ihre Kosten senken und gleichzeitig die Umweltverschmutzung eindämmen. Darüber hinaus führen eine verbesserte Bodenstruktur und Wasserrückhaltung zu einem sparsameren Umgang mit Wasser, wodurch sich der Bedarf an Bewässerung verringert und Abfluss und Erosion eingedämmt werden.

 

Lehrgeld zahlen

Trotz dieser vielversprechenden Vorteile ist der Übergang von der klassischen zu einer regenerativen Landwirtschaft mit Herausforderungen verbunden. Landwirte müssen oft eine steile Lernkurve durchlaufen. So können sich dem Marktzugang Hürden in den Weg stellen, da die Landwirte sich in einem Umfeld bewegen, welches regenerative Praktiken möglicherweise nicht vollständig anerkennt oder belohnt. Ein Anreizmodell wäre eventuell ein Zertifizierungssystem, welches den Aufwand, Sinn und Mehrwert aufzeigt und damit die Zahlungsbereitschaft der Konsumentinnen und Konsumenten erhöht.

Ertragsschwankungen sind ein weiteres Problem. Denn die regenerative Landwirtschaft räumt der langfristigen Gesundheit des Bodens Vorrang vor der kurzfristigen Maximierung der Erträge ein. Darüber hinaus bleibt die Ausweitung regenerativer Praktiken unter Beibehaltung von Effizienz und Rentabilität eine gewaltige Aufgabe, die Innovation und Anpassung erfordert. Hier ist der gezielten fachlichen Beratung ein hoher Stellenwert beizumessen.

 

Eine nachhaltige Zukunft kultivieren

Bei der Bewältigung der Komplexität unserer Agrarsysteme ist klar, dass die regenerative Landwirtschaft ein grosses Potenzial birgt. Wenn es möglich ist, ihre Prinzipien zu implementieren und ihre Herausforderungen zu bewältigen, lässt sich eine Zukunft planen, in der die Nahrungsmittelproduktion nicht nur nachhaltig, sondern auch regenerativ ist und die Ernährung der Menschen auch künftig sichert, ohne den Planeten nachhaltig zu schädigen.