Die weltweite Nachfrage nach Frischwasser dürfte laut Studien des Weltwirtschaftsforums (WEF) bis 2030 das Angebot um bis zu 40 Prozent überschreiten. Man spricht dabei von der Wasserlücke, also der Differenz zwischen der Wassernachfrage und dem nachhaltig verfügbaren Frischwasserangebot. Derzeit liegt der Frischwasserverbrauch bei rund 4800 Milliarden Kubikmetern pro Jahr. Dieser Wert hat sich seit dem Jahr 1900 versechsfacht und ist schneller gestiegen, als die Weltbevölkerung im gleichen Zeitraum gewachsen ist. Ohne bahnbrechende technologische Innovationen und Investitionen für einen effizienteren Wassereinsatz und in der Abwasseraufbereitung dürfte die Wasserlücke ein immer gravierenderes gesellschaftliches und ökonomisches Problem auf globaler Ebene werden.

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Der Autor

René Nicolodi, Leiter Equities & Themes im Asset Management der Zürcher Kantonalbank

Mit heute rund 62 Prozent des Gesamtverbrauchs dürfte die Landwirtschaft laut dem aktuellen «UN World Water Development Report» auch weiterhin der grösste absolute Wasserverbraucher bleiben, obwohl die Bereiche «Industrie» (ca. 25 Prozent) sowie «Städte & Haushalte» (ca. 13 Prozent) anwachsen. Im Industriesektor wird das kostbare Nass vor allem in zahlreichen Produktionsprozessen eingesetzt. Zwei aktuelle Treiber des Wasserverbrauchs sind der zunehmende Einsatz zur Kühlung von Hochleistungsdatencentern und der globale Kapazitätsausbau der relativ wasserintensiven Halbleiterproduktion. Zusätzlich sorgt der global steigende Wohlstand für einen allgemein höheren Verbrauch, da die Lebensweise aufgrund des veränderten Nutzungsverhaltens wasserintensiver wird. Beispielsweise werden tendenziell wasserintensivere Lebensmittel wie tierische Proteine – vor allem Fleisch – vermehrt nachgefragt. Der Klimawandel beeinflusst den Wasserhaushalt, als Folge von Dürren und Hitzewellen sinken die Grundwasserspiegel, und damit erhöht sich das Risiko für eine stabile Trinkwasserversorgung. Es liegt auf der Hand, dass zur Vermeidung der drohenden Wasserlücke umfassende Investitionen in den Wassersektor nötig sind. 

 

Ein Blick auf die Meerwasserentsalzung

Nebst diversen Technologien und Methoden, die der Wassereffizienz sowie dem Wasserschutz zugerechnet werden können, erhält in den vergangenen Jahren die «Gewinnung» von zusätzlich nutzbarem Frischwasser eine immer grössere Aufmerksamkeit. Eine Schlüsselrolle kommt der Meerwasserentsalzung zu. Ein grosser Pluspunkt dieser Technologie ist, dass Meerwasser in grossen Mengen vorhanden und meist direkt dort verfügbar ist, wo oftmals auch der grösste Bedarf herrscht, nämlich in küstennahen, urbanen Ballungsgebieten.

Könnte diese Technologie also eine mögliche Lösung für die drohende Wasserlücke sein? Ganz so einfach ist es leider nicht, da die Meerwasserentsalzung noch immer einige schwerwiegende Schwächen aufweist: Einerseits ist sie sehr energieintensiv und dadurch auch teuer. Andererseits stellt die unbedenkliche Entsorgung des Restprodukts – eine stark konzentrierte Salzlauge, die oftmals auch Chemikalienrückstände aus dem Aufbereitungsprozess enthält – ein Problem dar.

Derzeit kommen vor allem zwei Meerwasserentsalzungs-Technologien zum Einsatz. Dabei handelt es sich um die sogenannte Umkehrosmose-Membran-Technik, in der vereinfacht ausgedrückt Meerwasser unter grossem Druck durch verschiedene Membranen gepresst wird, bis am Ende sauberes Frischwasser zurückbleibt. Daneben gibt es noch die thermische Methode: Dabei wird Wärme eingesetzt, um das Meerwasser zu verdampfen. Dabei bleiben das Salz und auch der Grossteil der Verunreinigungen zurück, während das Wasser aufgefangen und final aufbereitet wird. 

 

Entsalzungsprozess soll effizienter werden

Die Wissenschaft arbeitet derzeit mit Hochdruck daran, den Entsalzungsprozess energieeffizienter zu gestalten. Denkbar sind unter anderem der Einsatz von erneuerbaren Energiequellen, die Nutzung der Restwärme von nahegelegenen Industrieanlagen oder Kraftwerken sowie innovative Entsalzungsanlagen, die direkt auf dem Meeresgrund operieren. Letztere benötigen weniger Energie aufgrund des natürlichen Wasserdrucks und einer kontinuierlichen Verdünnung der Salzlauge. Verbesserte Membrantechnologien für Anlagen an Land (unter anderem selbstreinigende Membranen, welche die Salzkonzentration in der Lauge fortlaufend reduzieren) sowie die Gewinnung von wertvollen Mineralien wie Lithium und seltenen Erden aus der Lauge (deren Verkauf die Kostenbilanz der Entsalzung zu verbessern hilft) sind weitere Ansatzpunkte, an denen derzeit geforscht wird.

Aktueller Spitzenreiter im Einsatz von Meerwasserentsalzungsanlagen ist Saudi-Arabien, das bereits heute ca. 70 Prozent seines Frischwassers aus Entsalzungsanlagen generiert. Aber auch in weiteren Küstenregionen sind bereits zahlreiche Anlagen in Betrieb und versorgen dadurch etwa 300 Millionen Menschen täglich mit Frischwasser. Der globale Markt für Entsalzungsanlagen und -technologie wurde 2023 auf rund 16 Milliarden Dollar geschätzt. Für die nächsten Jahre werden hohe jährliche Wachstumsraten von über 9 Prozent prognostiziert, die mit Blick auf die steigende Nachfrage nach sauberem Wasser und notwendigen technologischen Fortschritten zu erklären sind. Parallel dazu ist der verantwortungsvolle Umgang mit Frisch- und Abwasser als oberste Priorität und auf allen Ebenen zu fördern und optimieren. Zumal die unverminderte Produktion von Abwasser, das nur unzureichend gereinigt in die Natur gelangt, langfristig einen verheerenden Einfluss auf Flora und Fauna hat, gerade auch in den Weltmeeren, der «Quelle» der Meerwasserentsalzungsanlagen.

«Wasser»-Themenfonds ermöglichen Anlagen in Unternehmen aus den Bereichen Wasserversorgung, -aufbereitung sowie -management, die einen wichtigen Beitrag dazu leisten, das Problem der Wasserknappheit zu lösen und die Wasserversorgung weltweit sicherzustellen.