Anlegen Dank den tiefen Zinsen sind Immobilien attraktiv. Doch Finger weg von Vehikeln, die an B-Lagen akquirieren oder neu bauen.
Angesichts der Mini-Zinsen und eines Mangels an sicheren und halbwegs ertragreichen Anlagemöglichkeiten stehen indirekte Immobilienanlagen glänzend da. Damit sind vor allem die börsenkotierten Immobilienfonds und Immobilien-AG gemeint. Die Toptitel dieser Anlageklasse brachten es in den letzten fünf Jahren auf eine Performance von 10 bis 15 Prozent – und dies pro Jahr (siehe Tabelle). Bei den Fonds stehen der SF Sustainable Property Fund sowie der Procimmo Swiss Commercial Fund 1 an der Spitze. Bei den Immobiliengesellschaften führen Hiag Immobilien und Intershop die Rangliste an.
Hiag besitzt fast drei Millionen Quadratmeter Grundstücke, Areale und Liegenschaften zu einem Marktwert von rund 1,5 Milliarden Franken. Dabei handelt es sich überwiegend um frühere Industrieareale. Darin schlummert offenbar ein längerfristiges Potenzial, da ein wesentlicher Teil des Portfolios zurzeit «zwischengenutzt» ist und erst später entwickelt wird. «Im Genfer Stadtteil La Praille besitzen wir zum Beispiel Areale, wo später einmal Hochhäuser stehen könnten», sagt VR-Präsident Felix Grisard. Die Wertentwicklung und Wertsteigerung in längerer Perspektive dürfte wohl einen wesentlichen Anteil daran haben, dass die Aktien an der Börse derzeit mit einer deutlichen Prämie (Agio) gegenüber dem inneren Wert (Net Asset Value NAV) gehandelt werden. Beim Agio handelt es sich um den an der Börse bezahlten Aufpreis gegenüber dem NAV.
Ob es sich um neue oder ältere Anlagevehikel handelt oder in welchem Sektor sie sich strategisch positionieren (Regionen, Büro- oder Wohnnutzungen und so weiter), ist offenbar nicht matchentscheidend. Klar ist vor allem eines: Die Immobilien-AG schneiden tendenziell besser ab als die Fonds. Die Immobilienfonds unterstehen einer strengeren Regulierung durch die Finma. Die Immobilien-AG sind in der Beschaffung von Fremdkapital flexibler, aber auch hinsichtlich ihrer Geschäftsmodelle. Sie gehen grössere Risiken ein, etwa in der Entwicklung eigener Bauprojekte oder mit der Promotion von Eigentumswohnungen. Viele AG lassen es nicht dabei bewenden, einfach Liegenschaften zu halten und zu vermieten. Vor allem Hiag, Intershop, Zug Estates, Allreal und Mobimo akquirieren und entwickeln eigene Projekte zum Verkauf und zur Vermietung.
Der Anleger muss sich aber auch über die grösseren Risiken im Klaren sein. Die Wertentwicklung der Aktien verläuft volatiler als diejenige der Fonds, die den Fokus auf das Vermietungsgeschäft legen. Kommt dazu, dass der Anleger von Fondsanteilen bis zu einem gewissen Grad von einem Auffangnetz profitiert: Während es mit Aktien im Fall einer Krise rasch zu einer Verkaufswelle und stark sinkenden Kursen kommen kann, sind die Inhaber von Fondsanteilen privilegiert. Das Kollektivanlagegesetz (KAG) räumt ihnen das Recht ein, ihre Anteile mit einer Kündigungsfrist von einem Jahr an die Fondsgesellschaft zurückzugeben. Massgeblich bei der Rücknahme und etwas vereinfacht gesagt ist der innere Wert NAV der Fondsliegenschaften abzüglich Fremdfinanzierung und Liquidationssteuern. Die langfristigen Zahlen zeigen, dass sich die Schwankungen bei den Fonds über sehr lange Perioden in Grenzen halten. Jedenfalls sanken die Börsenbewertungen der Fonds selbst in der Immobilienkrise der 1990er Jahre nicht gross unter deren NAV.
Aber an welche Auswahlkriterien sollen sich Kleinanleger halten? Johannes Schwab von Swiss Finance & Property sagt dazu: «Mit indirekten Immobilienanlagen geht es im Kern um die Ausschüttungen beziehungsweise Dividenden.» In der Regel schneiden diejenigen Fonds und Immobilien-AG besser ab, die eine vergleichsweise hohe Cashflow- und damit auch eine hohe Dividendenrendite generieren. Auf lange Sicht macht die Dividende den Löwenanteil der Performance aus – nämlich gut zwei Drittel. Andere Faktoren wie die Entwicklung des inneren Wertes beziehungsweise die Aufwertungen im Portfolio sowie ein Performance-Beitrag durch die Veränderung der Agios fallen deutlich weniger ins Gewicht.
Weiter müssen Anleger wissen, dass die Kursentwicklung noch von anderen Einflussfaktoren mitbestimmt wird: Dazu gehören die Bewegungen der Kapitalmarktzinsen sowie das Volumen neuer Anlagen, die lanciert werden (siehe Box). 2016 und auch 2018 kamen die Kurse der Fonds unter Druck, als sich die Kapitalmarktzinsen nach oben entwickelten. Letztes Jahr lastete zudem noch ein grosses Volumen an neuen Anlagen und Kapitalerhöhungen auf dem Markt. Nach der einfachen Regel, dass Nachfrage und Angebot die Preise bestimmen, bildeten sich die Agios zurück. So kam es eine Zeit lang zu Kaufgelegenheiten bei tiefer Börsenbewertung. Mit einer Buyand- hold-Strategie profitieren Anleger in jeder Phase zumindest vom Performancebeitrag in Form von Ausschüttungen. In Relation zu den aktuellen Bewertungen dürften die indirekten Immobilienanlagen mit Ausschüttungen von teilweise 2 bis 4 Prozent nach wie vor sehr interessant sein.
Eine grosse Herausforderung stellen die steigenden Risiken im operativen Geschäft dar. Sowohl bei den Büro- und Verkaufsflächen wie immer mehr auch bei den Wohnliegenschaften zeichnet sich ein Überangebot ab. Vielerorts sinken die Abschlussmieten; sämtliche Gruppen von Fondsanbietern und Investoren sind in der Vermarktung gefordert. Doch in diesem Punkt ist die Marktlage differenziert zu betrachten: So gibt es in Zürich-Nord tatsächlich ein Überangebot an Büros. Und in einigen Regionen im Raum Neuenburg, Solothurn oder im Oberaargau weisen die Statistiken tatsächlich relativ hohe Wohnungsleerstände aus. «Jeder Anleger sollte sich daher die Liegenschaftsverzeichnisse im Geschäftsbericht genauer anschauen», so Schwab. Während in den Metropolen und nahen Agglomerationen sowohl die Vermietung als auch die Entwicklung der Mieten im Wohnen relativ stabil verlaufen, sieht es an B-Lagen auf dem Land anders aus. Das hohe Angebot an Neubauten überschiesst die Nachfrage. Schwab sagt dazu: «Der Eindruck wäre falsch, dass wir in der Schweiz ganz generell mit grösseren Wohnungsleerständen konfrontiert sind. De facto handelt es sich vielmehr um ein Absorptionsproblem, weil in den letzten Jahren viele Neubauten an falscher Stelle realisiert wurden.»
Auf dem Markt treten Akteure auf, die auch an weniger guten Lagen ausserhalb der grossen Agglomerationen und ausserhalb der Metropolen mit Bevölkerungswachstum Neubauten projektieren. An gewisse Leerstände bei der Erstvermietung scheint man sich fast zu gewöhnen. Doch an wirklich ungünstigen Standorten ist zu befürchten, dass die Nachfrage gemessen am grossen Angebot dauerhaft zu schwach ausfallen wird. Es ist also weiter mit Schwankungen zu rechnen. Solange die Zinsen dermassen tief bleiben, werden aber viele Investoren trotz allem weiterhin auf Immobilien setzen – als Alternative zu den tiefen Zinsen von Obligationen.
Neuheiten aus 2018 und 2019 Swiss Life Asset Managers brachte am 11. Juni den Immobilienfonds Swiss Life REF (CH) Swiss Properties an die Schweizer Börse: Der 2015 lancierte Fonds weist ein Portfolio von etwa 1,1 Milliarden Franken aus, das massgeblich in Schweizer Wohnliegenschaften investiert ist.
Nova Property Fund Management
lancierte im November 2018 den Swiss Central City Real Estate Fund. Eine Kapitalerhöhung läuft bis Juni 2019.
Baloise Swiss Property Fund
In der zweiten Hälfte 2018 lanciert, Kapitalerhöhung wohl im Juni/Juli 2019.
Zurich Versicherung
Die Zurich Invest AG lancierte im November 2018 einen Immobilienfonds aus dem Portfolio der Zurich. 2019 und 2020 sind Kapitalerhöhungen mit der Übertragung von Objekten aus dem Versicherungsvermögen geplant.
Gesamte Emissionen
Per 2018 summierten sich neue Produkte und Kapitalerhöhungen auf über 3 Milliarden Franken. Die Emissionstätigkeit dürfte 2019 tiefer liegen. Ausgesprochen aktiv sind die Immobilienanlagestiftungen, was zu Umschichtungen in nicht kotierte Anrechte an Stiftungen führen könnte.