Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch studierte in China, lange bevor auf dem Platz des Himmlischen Friedens die Panzer aufrollten. «Ich bin eine Langzeit-Beobachterin», sagt die Staatsekretärin und Direktorin des SECO. Chinas Aufstieg zur Weltmacht verfolge sie seit mehreren Dekaden sehr genau. Langer Atem zahle sich in China besonders aus  und werde dort honoriert, erzählt die langjährige Spezialistin für Aussenhandel.

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Nicht zuletzt auch deshalb geniesse die Schweiz in China immer wieder einen Sonderstatus. Sie gelte als verlässliche Partnerin, die oft Vorreiterin war. Die Schweiz gehörte bekanntlich zu den ersten Ländern, welche die Volksrepublik China anerkannten und nahm auch mit dem früh unterzeichneten Freihandelsabkommen eine Vorreiterrolle ein. «Ich weiss allerdings nicht, ob wir das heute noch so unterschreiben könnten», sagte Ineichen-Fleisch zum Abkommen von 2013 in Luzern.  Man müsste heute wohl noch viel mehr die Wirtschaft und auch die Werte abdecken in so einem Abkommen mit China und dies könnte zu schwierigen Diskussionen führen, meinte die Staatsekretärin mit Blick auf die Menschenrechtssituation in der Uiguren-Provinz Xinjiang.

Demokratische Werte vorleben

Aus diesem Grund werde wohl Deutschland nicht so schnell ein Freihandelsabkommen mit China unterzeichnen können, antwortete darauf die Asienverantwortliche der Bundesrepublik. «Menschenrechte sind uns wichtig. Es ist wohl eine realistische Einschätzung, dass wir unter Einhaltung derselben, nicht so schnell hin zu einem Abkommen kommen werden.» Der Europa-Abgeordnete Reinhard Bütikofer unterstrich, dass man sich heute noch viel mehr für die europäischen Werte einsetzen müsse, in der Diskussion mit China und diese auch vorleben müsse. «Wir müssen immer wieder signalisieren, dass wir für die Werte, die wir fordern, auch einstehen und uns nicht einschüchtern lassen.» Er selbst gilt nicht zuletzt wegen der deutlichen Kommunikation seiner Haltung in China als persona non grata. Zusammen mit anderen Politikern hat ihn China auf eine schwarze Liste von Personen gesetzt, die nicht mehr nach China reisen dürfen. Bütikofer fordert von Europa und den demokratischen Ländern eine klarere Haltung. «China darf selbstverständlich aufsteigen. Was es aber nicht darf, ist andere Länder unter dem Stiefel zertreten.»

Mehr Pragmatismus in Deutschlands Chinapolitik

Die westlichen Demokratien müssten in Bezug auf China auch mehr füreinander einstehen. Wichtig sei dabei vor allem, dass man im Gespräch bleibe, ergänzte die Deutsche Aussenpolitikerin Petra Siegmund. «Trotz Meinungsverschiedenheiten dürfen wichtige Themen nicht unter den Tisch gewischt werden.» Man wolle weiterhin ein partnerschaftliches Verhältnis pflegen mit China, jedoch müsse man dabei auch deutlich sagen, wenn man anderer Meinung sei, sagte Siegmund weiter. Genau in diesen Punkten könne man von der neuen Regierung Deutschlands neue Töne erwarten, liess sich Grünen-Politiker Bütikofer darauf schon etwas in die Karten des Programms der neuen deutschen Koalitionsregierung blicken. Mit der letzten Regierung hätte man in Bezug auf China aufs «Prinzip Hoffnung» gebaut, von der neuen deutschen Regierung dürfe man nun mehr Pragmatismus erwarten.

Die «Handelszeitung» ist Medienpartner des Europa Forum Lucerne.