Die wirtschaftliche und politische Entwicklung in der EU ist mehr als zwei Dritteln der Schweizerinnen und Schweizer wichtig oder sehr wichtig (jeweils 48 Prozent und 18 Prozent). Das zeigt das neuste Europabarometer, welches das Forschungsinstitut Gfs Bern jährlich im Auftrage von Credit Suisse und Europa-Forum Luzern durchführt.
Zwar ist noch ungewiss, was passiert, sollte das Rahmenabkommen mit der EU nicht zustande kommen. Fest steht: Der Zugang zum europäischen Binnenmarkt dürfte sich verschlechtern. Die Europäische Union ist der wichtigste Handelspartner der Schweiz, 52 Prozent der Schweizer Exporte gehen in die europäischen Nachbarländer. Gelänge es, den Handel mit der EU auszugleichen?
Die Schweizer Bevölkerung scheint in dieser Frage eher gelassen: 60 Prozent halten es für wahrscheinlich, dass der Handel mit anderen Drittstaaten wie den USA und China die Lücke füllen kann. Waren in der letzten Umfrage 2018 noch 39 Prozent skeptisch, sind es heute nur noch 27 Prozent.
Bevölkerung unterschätzt Bedeutung der EU
Das Selbstvertrauen in Bezug auf die Schweizer Handelspolitik mit der Welt ist gross. Das sei erstaunlich, sagt Cloé Jans vom Gfs Bern, wenn man die Bedeutung des Handels mit der Europäischen Union für die Schweiz betrachtet.
Diese Einschätzung hält auch Manuel Rybach für zu optimistisch. Er verantwortet das Europabarometer bei der Credit Suisse. Denn die geografische Nähe sei für Handelsbeziehungen entscheidend. «Freihandelsabkommen mit Drittstaaten können das engere, umfassendere Vertragswerk mit der EU nicht ersetzen», sagt Rybach.
Nur ein hauchdünne Mehrheit von 53 Prozent der Stimmberechtigten spricht sich derzeit für einen Ausbau der Beziehungen zur EU aus, erklärt Studienleiterin Jans. Käme es bereits heute zu einer Volksabstimmung, wäre die Mehrheit knapp. Jans ist allerdings zuversichtlich, dass im Vorfeld eines Referendums genügend Zeit sei, um das Bewusstsein in der Bevölkerung zu schärfen.
Keine Mehrheit für oder gegen das Rahmenabkommen
Für die Schweiz steht viel auf dem Spiel: Kommt das Rahmenabkommen mit der EU nicht zustande, drohen die bilateralen Verträge auszulaufen. Trotz dieser Gefahr, ist ein Drittel des Wahlvolks dafür, das Rahmenabkommen nicht zu unterzeichnen. Rund ein Viertel der Schweizer ist sogar für ein Ende der Personenfreizügigkeit.
Demgegenüber ist rund ein Drittel der Bevölkerung aufgeschlossener gegenüber dem Rahmenabkommen, so wollen 19 Prozent, dass der Bundesrat das Abkommen mit der EU neu verhandelt, 12 Prozent befürworten einen Ausbau des bilateralen Wegs.
Um den bilateralen Weg zu sichern, wird die Schweiz wahrscheinlich Zugeständnisse an die EU machen müssen. Über die Hälfte der stimmberechtigten Schweizer ist der Meinung, die Politik solle keine Kompromisse machen. Vor allem nicht, was die dynamische Rechtsübernahme betrifft (65 Prozent). 57 Prozent sind auch gegen die Anpassung des Sozialversicherungsrechts an die EU-Regeln.