Kleine und grosse Unternehmen haben es seit der Bank- und Finanzkrise schwer, auf gewohnten Wegen an einen Kredit zu kommen. Auch aus dieser Not heraus hat die Anlageklasse des Private Debt, definiert als die Bereitstellung von Darlehen ohne die direkte Einschaltung des Kapitalmarktes oder von Banken als Kapitalgebende, an Bedeutung gewonnen. Gemäss einer aktuellen Private-Debt-Studie vom weltweit grössten Vermögensverwalter Black Rock könnte das verwaltete Vermögen (AUM) im Bereich Privatkredite bis Ende 2028 von aktuell 1,6 auf 3,5 Billionen US-Dollar anwachsen. Die wichtigsten Treiber des Wachstums sind gemäss der Studie die sich ändernden Präferenzen der Kreditnehmenden, die Diversifikationseffekte von Private Debt auf Portfolios, die strukturellen Veränderungen in den öffentlichen Märkten und die Veränderungen im Bankensystem.
Flexible Anpassungen als Vorteil
Es sind längst nicht mehr die Banken, die den Unternehmen die für Expansion oder Transformation benötigten finanziellen Mittel über einen klassischen Kredit zur Verfügung stellen, sondern auf das Kreditgeschäft spezialisierte Asset Manager legen dafür immer mehr und immer grössere Kreditfonds auf. Finanziert werden damit nicht nur einzelne börsenkotierte oder nichtkotierte Firmen (Corporate Private Debt), auch viele Infrastruktur- oder Immobilienprojekte kommen dank privater Kreditfonds zum Fliegen. Im Gegensatz zur Finanzierung über öffentliche Anleihen bietet Private Debt bei der Ausgestaltung der Konditionen mehr Gestaltungsspielraum. «Die flexible Strukturierung solcher Finanzierungen ermöglicht individuelle Anpassungen, die an der Börse nicht möglich wären», sagt Lukas Burghardt, Associate Relationship Manager bei Petiole Asset Manager, ein in der Schweiz niedergelassener Vermögensverwalter alternativer Anlageportfolios. Emittenten seien daher oft bereit, höhere Zinsen zu zahlen, um mehr Flexibilität bei den Rückzahlungsmodalitäten oder Sicherheiten zu erhalten. «Das ist ein Vorteil für die Kreditgebenden, der bei standardisierten Anleihen nicht existiert», so Burghardt. Investoren würden so im Vergleich zu öffentlichen Anleihen mit ähnlichem Risikoprofil von höheren Zinsen profitieren, da sie die geringere Handelbarkeit und längere Kapitalbindung akzeptieren, und dafür eine entsprechende Risikoprämie erhalten, führt er aus.
Für Investierende stellen die im Allgemeinen langen Laufzeiten und die eingeschränkte Liquidität eher nachteilige Eigenschaften dar. Kredite für die Transformation von Unternehmen, den Bau eines Dataspeichers oder eines Gewerbekomplexes haben naturgemäss eine lange Laufzeit und Kreditfonds weisen entsprechend ebenfalls fixe Laufzeiten und limitierte Rückgabekonditionen auf – ein Faktor, den Kreditinvestierende bei ihren Anlageentscheiden berücksichtigen sollten. Demgegenüber schlägt jedoch ein weiterer Vorteil von Private-Debt-Anlagen positiv zu Buche: die Diversifikationseffekte. Als alternative Assetklasse sind Private-Debt-Anlagen zunächst vergleichsweise gering mit den anderen Anlageklassen korreliert. «Zudem weist Private Debt eine imperfekte Korrelation zu öffentlichen Anleihen auf, wodurch sich die Diversifikationseffekte weiter verstärken», erklärt Lukas Burghardt. Diese zusätzliche Unabhängigkeit helfe, das Gesamtrisiko des Portfolios zu reduzieren und die Stabilität über verschiedene Marktzyklen hinweg zu erhöhen.
Neu auch für Kleinanlegende erschwinglich
Früher war Private Debt fast ausschliesslich institutionellen Investoren vorbehalten, welche die erforderlichen hohen Mindestanlagesummen und lange Laufzeiten bedienen konnten. Doch die Zugangshürden für die Privatmärkte sind in den letzten Jahren deutlich gesunken. «Heute gibt es weniger Kapitalminima für diversifizierte Private-Debt-Portfolios, effizientere Transaktionsabwicklungen und reduzierte Intermediärsgebühren, was diese Anlageklasse für eine breitere Investorengruppe zugänglicher macht», sagt Lukas Burghardt. In Europa ermöglicht die neu geschaffene Fondsstruktur des ELTIF qualifizierten Privatinvestoren die Investition in Private Debt mit Mindesteinlagen ab beispielsweise 1000 Franken.
Und in den USA könnte es, gemäss einem Bericht der Ratingagentur Moody’s, unter der neuen US-Regierung zu regulatorischen Änderungen kommen. Sollte Präsident Trump die Definition des «akkreditierten Investors» erweitern, würde auch dies den privaten Investierenden in den USA einen einfacheren Zugang zum Private-Debt-Markt eröffnen. «Aber trotz sinkender Zugangshürden erfordert Private Debt immer erst eine sorgfältige Analyse, da jede Transaktion individuell strukturiert wird», warnt Experte Lukas Burghardt. Aber eine Investition in Private Debt stelle, auch angesichts der zunehmenden Unsicherheiten auf den öffentlichen Märkten, seiner Meinung nach eine effektive Möglichkeit zur Diversifikation und Stabilisierung von Portfolios dar.