Jüngste wirtschaftliche Unsicherheiten haben Investoren verstärkt zu grossen, etablierten Unternehmen gezogen, was Small-Cap-Aktien im Vergleich zu Large Caps unter Druck gesetzt hat. In den USA schnitt der Russell-2000-Index – ein Proxy für Small-Cap-Aktien – von Mitte 2022 bis Anfang 2023 deutlich schlechter ab als der S&P 500. Dieser legte in diesem Zeitraum um 31 Prozent zu, während der Russell 2000 einen Verlust von 6,8 Prozent verzeichnete – eine Bewertungslücke von historischem Ausmass. Tatsächlich werden Small Caps seit 1990 im Vergleich zu Large Caps im unteren Dezil ihrer historischen Bewertungsbandbreite gehandelt, wenn man Kennzahlen wie das Kurs-Buchwert-Verhältnis zugrunde legt. Zwischen November 2021 und heute verzeichneten europäische Small Caps auch eine erhebliche Korrektur von etwa 25 Prozent in relativer Betrachtung. Derzeit werden sie im Vergleich zu ihren Large-Cap-Pendants auf historischen Tiefstständen gehandelt, mit einem Forward-Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von etwa 13,2, verglichen mit dem historischen Durchschnitt von 19,1 für den breiteren Markt.

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Der Autor

Bart Geukens, Fondsmanager für Fundamentalaktien, DPAM

Gründe für Abwertung bei Small Caps

Kleinere Unternehmen zeigen sich in der Regel wirtschaftlich sensibler. Herrscht Expansion, erbringen sie oft bessere, in Rezessionsphasen jedoch schlechtere Leistungen. Da sich die Konjunktur abzuschwächen droht, waren Anlegende gegenüber Small Caps negativer gestimmt. Small Caps sind auch anfälliger für steigende Zinssätze, da sie auf Fremdfinanzierung angewiesen sind. Steigende Zinssätze erhöhen die Kreditkosten und wirken negativ auf Rentabilität und Wachstumsaussichten. Zudem wurden Branchen wie die Medizintechnik, die Industrie und der zyklische Konsum, die einen erheblichen Teil des Small-Cap-Universums ausmachen, von gestörten Lieferketten hart getroffen.

 

Wind dreht zugunsten von Small Caps

Es gibt Anzeichen dafür, dass die Abwertung von Small Caps ihren Tiefpunkt erreicht haben könnte. Die Schlüsselfaktoren sind schnell identifiziert: Die Inflation geht zurück, die Unterbrechungen in der Lieferkette wurden weitgehend behoben, die Energiepreise haben sich normalisiert, und die Marktkonzentration auf US-Tech- und KI-bezogene Aktien ist extrem. Zudem signalisieren die Zentralbanken in Europa mögliche weitere Zinssenkungen. Mit Blick auf eine zunehmend protektionistische Wirtschaftsordnung könnten Small und Mid Caps zusätzlich im Vorteil sein. Sie sind stärker als Grossunternehmen auf regionale Märkte ausgerichtet und weniger von Handelsbarrieren wie Zöllen oder Importrestriktionen betroffen. Ihre lokale Verankerung verschafft ihnen einen Wettbewerbsvorteil, da Konsumenten und Unternehmen verstärkt auf regionale Anbieter setzen. Ihre Agilität und ihre Innovationskraft ermöglichen es ihnen häufig, sich schneller an neue Rahmenbedingungen anzupassen, als dies für grosse, global operierende Unternehmen machbar ist.

Einige Beispiele: Royal Unibrew ist ein sehr erfolgreicher Getränkehersteller aus Skandinavien mit starken lokalen Marken und einer sehr effizienten Produktions- und Vertriebsmannschaft. Das Unternehmen ist in wachstumsstarken Kategorien wie Energydrinks, zuckerfreien Softdrinks und Premium-Bieren sehr gut positioniert. Durch Übernahmen in den Niederlanden und Norwegen kann das Unternehmen sein bewährtes Rezept zur Entwicklung starker lokaler Marken sowie zu effizienter Produktion und Distribution erneut anwenden.

Games Workshop, ein britisches börsennotiertes Unternehmen, ist der grösste Hersteller von Hobby-Miniaturen weltweit. Das Hobby dreht sich um das Sammeln, Bemalen und Spielen mit Miniaturarmeen. Der grösste Markt sind die USA, während jener im Vereinigten Königreich noch in den Kinderschuhen steckt. Ein möglicher Deal mit Amazon könnte zum echten Durchbruch führen. Mit seiner hohen Cashflow-Generierung sowie dem starken Wachstum befindet sich das Unternehmen in einer einzigartigen Marktposition innerhalb dieser Nische.

 

Ertragsperlen im breiten Universum finden

Ein sich erholendes Small-Cap-Universum scheint möglich. Zwar machen Small Caps nur 15 bis 20 Prozent der gesamten Marktkapitalisierung aus, jedoch 80 bis 85 Prozent aller börsennotierten Aktien. Das Universum ist riesig, jedoch bleibt das Identifizieren der hochwertigen Gelegenheiten herausfordernd. Daher spielt bei europäischen Small Caps aktives Management aufgrund der begrenzten Research-Abdeckung eine entscheidende Rolle. Etwa 90 Prozent der europäischen Small- und Mid-Cap-Aktien werden nur minimal von Analysten abgedeckt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Small-Cap-Aktien langfristig Potenzial für höhere Renditen bieten. Dabei hilft ein aktives Management, um durch Expertise und gründliche Recherche Chancen wahrzunehmen.