Der Vormarsch der künstlichen Intelligenz (KI) ist heute nicht mehr zu übersehen. Schätzungsweise 82 Prozent aller Grossunternehmen erproben KI oder setzen sie bereits ein. Das schnelle Wachstum des digitalen Sektors spiegelt die Entwicklung unserer Gesellschaft und unserer Wirtschaft wider. Die Infrastruktur, die der Digitalisierung zugrunde liegt, ist mittlerweile nicht nur für viele unserer alltäglichen Aktivitäten unverzichtbar, sondern auch für gesellschaftliche Ziele wie die Verbesserung der finanziellen Inklusion und die Schaffung einer ökologisch nachhaltigeren Welt.
Patrick Lutz, Head of Wholesale, Schweiz und Shichen Zhao, Research Analyst, L&G
Zahlenakrobatik macht durstig
Generative KI, die Sprachmodelle (Large Language Models, LLMs) zur Erstellung von Texten und Bildern und für andere Ergebnisse einsetzt, erfordert riesige Serverfarmen, die mit Kühlwasser betrieben werden. Wenn Wasser zur Kühlung von Rechenzentren verwendet wird, wird ein Teil des Wassers mehrmals in das Kühlsystem zurückgeführt, bevor es abgeleitet wird. Ein anderer Teil des Wassers verdampft während des Kühlvorgangs. Pro kWh Serverenergie verdampfen Rechenzentren im Durchschnitt etwa einen bis neun Liter Wasser für Kühlzwecke.
Als die Google-Muttergesellschaft Alphabet und Microsoft ihre LLM in den Jahren 2021 und 2022 vorbereiteten, verzeichneten beide Unternehmen einen starken Anstieg des Wasserverbrauchs um jährlich 20 beziehungsweise 34 Prozent. Die Google-Rechenzentren verbrauchten im Jahr 2022 rund 20 Milliarden Liter Wasser, was in etwa dem jährlichen Wasserverbrauch von 2,5 Millionen Europäern oder 1,2 Millionen Amerikanern entspricht.
Wie viel Wasser brauchen Rechenzentren?
Der Wasserdurst der KI beschränkt sich nicht nur auf die Kühlung der Rechenzentren vor Ort. Der externe Wasserverbrauch bei der Stromerzeugung ist ein weiterer Nachfragetreiber. 2023 hatten US-Rechenzentren einen indirekten Wasserfussabdruck von fast 800 Milliarden Litern, der auf den Stromverbrauch zurückzuführen war. Auf den Stromsektor entfallen etwa 40 Prozent der gesamten Wasserentnahme in den USA, da thermoelektrische Kraftwerke einen hohen Kühlbedarf haben und Wasserkraftwerke durch Oberflächenverdunstung ständig Wasser verlieren.
Laut Bluefield Research ist der Gesamtwasserverbrauch von Rechenzentren weltweit zwischen 2017 und 2022 jährlich um 6 Prozent gestiegen und wird bis 2030 schätzungsweise 17 Millionen Hektoliter pro Tag erreichen. Dies macht Rechenzentren zu einem der am schnellsten wachsenden Wassersektoren. Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Nachfrage nach KI die Wasserentnahme aus dem Boden oder aus Oberflächenquellen bis 2027 auf 4,2 bis 6,6 Milliarden Kubikmeter ansteigen lassen wird. Dies entspricht der Hälfte des jährlichen Wasserverbrauchs des Vereinigten Königreichs oder etwa dem Fünffachen des jährlichen Wasserverbrauchs Dänemarks.
Rechenzentren werden mit einer Vielzahl von Systemen gekühlt, und die Betreiber setzen an ihren Standorten auf der ganzen Welt unterschiedliche Lösungen ein. Es gibt keine «Einheitslösung», da das lokale Klima bestimmt, welche Systeme sich am besten eignen. Klar ist, dass mit der zunehmenden Komplexität der Anforderungen des Sektors an die Wasserqualität auch die Möglichkeiten für das Outsourcing der Wasseraufbereitung wachsen, was wiederum Chancen für Lösungsanbieter schafft.
Innovative Ansätze sind gefragt
Ecolab ist ein weltweit führender Anbieter von Lösungen für die Wasseraufbereitung, Hygiene und Infektionsprävention mit besonderem Schwerpunkt auf dem Industriesektor. Ecolab hat eine zentrale Wasseraufbereitungsanlage für die Kühlung von Rechenzentren entwickelt, die jährlich 100’000 Hektoliter Wasser einspart, was zu jährlichen Einsparungen von rund 15’000 Dollar führt. Organo ist ein weiteres Beispiel für die Überschneidung von Wasser und Hightech. Das Unternehmen ist auf die Herstellung von Reinstwasser spezialisiert und beliefert vor allem die Energie- und Mikroelektronikindustrie in Taiwan und Japan. Seit der Installation seiner ersten Wasseraufbereitungsanlage in den frühen 2000er-Jahren ist Organo für die Reinstwasserproduktion und -versorgung fast aller TSMC-Werke verantwortlich.
Zuguterletzt ist auch der globale Spezialist für Wasserausrüstung Xylem zu nennen. Ein globales Hyperscale-Rechenzentrum, das die Lösungen von Xylem einsetzt, konnte den Wasserverbrauch im Vergleich zu herkömmlichen Sandfiltrationsmethoden um 40 Prozent senken und die Wartung des Kühlturms um 50 Prozent reduzieren. Wie diese Innovatoren zeigen, erhöht der rapide Aufstieg von KI zwar die Nachfrage nach sauberem Wasser aufgrund ihrer Abhängigkeit von Rechenzentren. Gleichzeitig versprechen technologische Fortschritte eine Steigerung der Effizienz. Dies bietet Anlegerinnen und Anlegern eine Chance, die vorausschauend diese sich überlappenden Megatrends frühzeitig antizipieren.