Es gibt in der Schweiz derzeit erst wenige gesetzliche Vorschriften für Unternehmen, ob und wie sie ihre Nachhaltigkeitsbemühungen zu dokumentieren oder zu zertifizieren haben. Das wird sich jedoch am 1. Januar 2024 zumindest für grosse Firmen in der Schweiz ändern. Sie sind dann zu einer Klimaberichterstattung verpflichtet (siehe Box).
Das hat auch Auswirkungen auf die Lieferanten dieser Unternehmen, denn um einen Nachhaltigkeitsbericht zu verfassen – zu dem sie ja ab Januar verpflichtet sind – benötigen sie die entsprechenden Nachhaltigkeitsinformationen oder -zertifikate ihrer Lieferanten. Für KMU und Lieferanten dieser Grossunternehmen gilt deshalb: Passiv bleiben ist möglicherweise keine gute Option.
Der Autor
Daniel Gamma, Director Corporate Sales, CRIF, Zürich.
Das Lieferkettengesetz
Bereits heute müssen viele Schweizer Zulieferer, zum Beispiel die in der Automobilbranche, ihren deutschen Abnehmern ein Nachhaltigkeitszertifikat vorlegen. In Deutschland ist seit diesem Jahr das sogenannte Zuliefergesetz in Kraft. Es verlangt von deutschen Firmen, dass sie ihre Lieferkette vollständig dokumentieren. Die Schweiz als Exportland ist davon stark betroffen, denn alleine rund 18 Prozent aller exportierten Waren gehen nach Deutschland, wie das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten mitgeteilt hat. Die wichtigsten Exportgüter der Schweiz sind Produkte der chemischen und pharmazeutischen Industrie, Maschinen, Uhren und Präzisionsinstrumente.
Auch Ausschreibungsprozesse sind um ein Vielfaches einfacher und effizienter, wenn das betroffene Schweizer Unternehmen bereits über ein Nachhaltigkeitszertifikat verfügt.
Wie kommt man an das Zertifikat?
Auf dem Markt gibt es einige Anbieter. CRIF ist der einzige Anbieter, der – mit seinen «CRIF Ratings» mit Standort in Italien – über eine anerkannte Rating-Agentur verfügt, die den ganzen Prozess überwacht. Auf der Plattform Synesgy können Firmen den Fragebogen ausfüllen und erhalten dann eine Bewertung und ein ESG-Zertifikat, das internationalen Anforderungen (Global Reporting Initiative, UN Global Compact, Sustainable Development Goals) genügt. Die Plattform gibt auch an, in welchen Bereichen Verbesserungen vorgenommen werden können. Ein Unternehmen kann zum Beispiel punkten, wenn es mehr Frauen in Führungspositionen hat oder sich sozial in der Gemeinde ihres Firmensitzes engagiert.
Die Vorteile des ESG-Score
Oft ist es für ein Unternehmen sehr schwer, an die Informationen über die Nachhaltigkeitsbemühungen ihrer Lieferanten zu kommen. Hier bietet CRIF Hand, hat sie doch an alle Kapitalgesellschaften in der Schweiz einen ESG-Score vergeben und kann ihn bei Bedarf auch für Unternehmen in EU27 und darüber hinaus zur Verfügung stellen. Mit dieser ersten Einschätzung ist das Unternehmen in der Lage, eine initiale Risikoanalyse seiner Lieferanten vorzunehmen.
In einem zweiten Schritt können Firmen ausgewählt werden, von denen man mehr Informationen erhalten möchte, und sie auffordern, den Fragebogen auf Synesgy auszufüllen. Da Synesgy auch ein Management-System beinhaltet, kann die Nachhaltigkeitsperformance für die gesamte Lieferkette zentral verwaltet werden.
In einem dritten Schritt können die Unternehmen zusammen mit CRIF die internen Prozesse optimieren, um die gewonnen Daten nicht nur zu speichern, sondern auch als Informationen in die Nachhaltigkeitsberichterstattung und andere Steuerungselemente zu integrieren.
Agiles System
Die Plattform Synesgy ist global verfügbar und integriert sowohl internationale als auch jeweils national relevante Nachhaltigkeitsregulationen. Diese werden laufen angepasst und aktualisiert, sodass eine Einhaltung der entsprechenden Anforderungen konstant gewährleistet ist.
Der Bundesrat setzt Leitplanken
Bundesrat Er hat Ende November 2022 die Vollzugsverordnung zur Klimaberichterstattung für grosse Schweizer Unternehmen verabschiedet und auf den 1. Januar 2024 in Kraft gesetzt, wie das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen erklärte: «Transparenz von grossen Unternehmen zur Klimawirkung ihrer Tätigkeit ist ein zentrales Element für das Funktionieren der Märkte sowie für Klimanachhaltigkeit im Finanzsektor. Bisher fehlen in der Schweiz klare, vergleichbare Offenlegungen im Bereich Klima. Dies will der Bundesrat mit der neuen Verordnung ermöglichen.» Sie sieht «die verbindliche Umsetzung der international anerkannten Empfehlungen der Task Force on Climaterelated Financial Disclosures» (TCFD, siehe unten) «für grosse Schweizer Unternehmen vor. Publikumsgesellschaften, Banken und Versicherungen, die mindestens 500 Mitarbeitende beschäftigen und eine Bilanzsumme von mindestens 20 Millionen Franken oder einen Umsatz von mehr als 40 Millionen Franken aufweisen, sind verpflichtet, über Klimabelange öffentlich Bericht zu erstatten.»
Expertenkommission Im Jahr 2017 hat die aus Vertretenden führender Unternehmen der Weltwirtschaft bestehende internationale Expertenkommission, die TCFD, Empfehlungen für eine einheitlichere Klimaberichterstattung veröffentlicht. Sie sind international anerkannt, bei Unternehmen der Real und der Finanzwirtschaft und bei den Regulatoren. Auch einige grosse Schweizer Konzerne haben sich zu den Empfehlungen bekannt. Bis heute hat die TCFD die Unterstützung von aktuell weltweit etwa 2700 unterzeichnenden Organisationen und Staaten erhalten, sowohl aus dem öffentlichen als auch aus dem privaten Sektor. Mitte Dezember 2020 hat der Bundesrat beschlossen, dass die Behörden eine verbindliche Umsetzung der TCFD Empfehlungen für Schweizer Unternehmen der Gesamtwirtschaft erarbeiten sollen.