Die jüngsten Beschaffungsprobleme und Preisvolatilitäten bei kritischen Materialien in zahlreichen Industrien haben gezeigt, dass Wertschöpfungsketten dringend neu konzipiert werden müssen. Insbesondere müssen sie sich wandeln von einem linearen Modell hin zu einem zirkulären. Die Transformation der Wirtschaft schreitet aber bei weitem nicht so schnell und umfassend voran, wie sich das viele erhofft haben – trotz offensichtlichen wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Vorteilen der Kreislaufwirtschaft gegenüber dem linearen Wirtschaftsmodell. 

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Komplexität nimmt zu

Die Politik hat daher in vielen Bereichen Eingriffe angestossen, um das Thema auch auf Druck einer breiten Bevölkerungsschicht anzugehen. Zu den getroffenen Massnahmen gehören nicht nur neue Steuern wie CO2- oder Plastiksteuern, sondern auch das Verbot von bestimmten Substanzen sowie Anreizsysteme, beispielsweise im Bereich der Mehrwertsteuer in gewissen Ländern.

Für Unternehmen stellen die starke Fragmentierung neuer Regulierung sowie die oft verborgenen Chancen und Risiken entlang der Wertschöpfungskette eine grosse Herausforderung dar. Der veränderte Geschäftskontext bietet jedoch auch die Gelegenheit, vertieft über Konzepte der Kreislaufwirtschaft nachzudenken und sich mit Blick auf Beschaffungssicherheit, Resilienz, Kosten und Produktentwicklung neu auszurichten.

 

Facettenreiche Transformation

Ein zirkuläres Konzept beschränkt sich dabei nicht nur auf «Recycling», sondern beinhaltet auch Unterhalt, Wiederverwendung und Reparatur sowie die erneuerbare Herstellung und den natürlichen Abbau. Die Zielsetzung ist, dass die zirkulierenden Ressourcen, Produkte, Teile und Materialien ihren Wert so lange wie möglich erhalten und erneuert werden können. Schadstoffe sollen aus Produkten eliminiert, die Produkte und Materialien in Gebrauch gehalten und natürliche Systeme regeneriert werden. Es handelt sich also um einen ganzheitlichen Umbau des Geschäftsmodells, der gut geplant und gesteuert sein will.

 

Entscheidungsgrundlagen schaffen

Der Schritt von der konzeptionellen Idee zur Umsetzung bedarf einer angemessenen Transparenz, um sinnvolle Entscheidungen zu treffen und Fortschritte messen zu können. Hier drängen sich die Circular Transition Indicators (CTI) auf, die der World Business Council for Sustainable Business Development (WBCSD) entwickelt hat. Die zur Verfügung gestellten Indikatoren helfen, Materialflüsse und deren Zirkularität sowie die Auswirkungen auf die Natur zu quantifizieren. 

Trotz grosser Herausforderung bei der Datenbeschaffung ist eine faktenbasierte Herangehensweise an das Thema Kreislaufwirtschaft äusserst empfehlenswert, um solide Entscheidungsgrundlagen zu schaffen und effektive Roadmaps für die Transformation des Geschäftsmodells zu entwickeln.

 

Die Anforderungen steigen

Hinzu kommt, dass Transparenz in Bezug auf die eigene Zirkularität zunehmend zur Pflicht wird. So müssen Gesellschaften, die die EU-Richtlinie zur Unternehmens-Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) umsetzen müssen, gemäss den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) berichten. Diese beinhalten für gewisse Unternehmen auch Offenlegungspflichten über den Verbrauch natürlicher Ressourcen, Massnahmen zur Förderung einer Kreislaufwirtschaft und Strategien zur Ressourcenschonung.

Die Berichtsanforderungen der CSRD werden dabei sukzessive auch auf kleinere Unternehmen ausgeweitet, wobei auch Schweizer Gesellschaften mit grossen und/oder börsennotierten Tochtergesellschaften in der EU direkt betroffen sind.

Für viele Unternehmen bedeutet dies, dass sie sich mit dem Thema Kreislaufwirtschaft vertieft auseinandersetzen müssen und dass der Druck zu mehr Transparenz innerhalb der Lieferketten auch für Firmen ausserhalb des regulierten Umfelds steigen wird. Unternehmen tun gut daran, in ihre Transparenz zu investieren, um die Herausforderungen einer sich schnell verändernden Welt zu meistern und gleichzeitig einen positiven Beitrag zur Gesellschaft zu leisten.

Silvan Jurt ist Leiter Nachhaltigkeitsdienste für Unternehmen bei KPMG Schweiz