Die Gesellschaft verbraucht natürliche Ressourcen und erzeugt übermässigen Abfall in einem Ausmass, wie es in der Vergangenheit noch nie vorgekommen ist. Allein im Segment der schnelllebigen Konsumgüter werden Materialwerte in der Höhe von 2,6 Billionen Dollar weggeworfen und nicht wiederverwertet. Und das ist lediglich der Nachproduktionsabfall. Es gibt viele Abfälle, die vollständig vermieden werden könnten, wenn die Unternehmen von Anfang an Kreislaufprinzipien anwenden würden. 

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Ressourcenverbrauch und Verschwendung können in diesem Ausmass nur durch einen vollständigen Paradigmenwechsel im wirtschaftlichen Denken angegangen werden. Eine Kreislaufwirtschaft ist eher ein Muss als ein «Nice to have». Wegen ihres Potenzials zur Einsparung wertvoller Ressourcen und Kosten wird erwartet, dass sie bis 2050 zwei- bis viermal so schnell wächst wie das weltweite BIP.

Doch trotz wirtschaftlicher und ökologischer Attraktivität ist die Akzeptanz nur zögerlich. Es gibt bereits erste erfolgreiche Beispiele dafür, dass KI die Branche verändern kann, um die Akzeptanz zu steigern.

 

Fortschritte bei Mikrochips und Vernetzung

Künstliche Intelligenz und Kreislaufwirtschaft mögen wie ein seltsames Gespann erscheinen, aber vorausschauende Unternehmen nutzen seit Jahrzehnten technologische Innovationen, um Kreislauflösungen zu entwickeln. Rasche Fortschritte bei Mikrochips und Vernetzung der ersten Generation ermöglichten die Einführung von Kreisläufen. IoT-Konnektivität und intelligente digitale Werkzeuge machten es möglich, dass physische Dinge ihre Umgebung wahrnehmen, mit ihr interagieren und kommunizieren können. Das hat enorme Möglichkeiten für die Erfassung von Produkt- und Verarbeitungsdaten für die vorausschauende Wartung sowie für die effiziente Verfolgung und den Transport von Teilen und Produkten innerhalb der Lieferketten geschaffen. Die Daten werden auch genutzt, um die Möglichkeiten der Produktentwicklung zu verbessern.

IoT wird nicht nur für physische Produkte, sondern auch für PaaS-Geschäftsmodelle (Product as a Service) erfolgreich eingesetzt. PaaS bietet konsistente Einnahmequellen durch erweiterte Dienstleistungen und Produkt-Upgrades, die als digitale Software und nicht als physische Hardware bereitgestellt werden.

Dennoch können die Kosten für die Einführung neuer Kreislauflösungen anfangs hoch sein, und die Notwendigkeit, alte Geschäftsmodelle zu überdenken, stösst in vielen Unternehmen auf internen Widerstand. Einige Unternehmen müssen sehen, dass die Kreislaufwirtschaft mehr Wert bringt, und das bedeutet, dass sie so weit skaliert werden muss, dass sie sich auf die Margen und Gewinne auswirkt. Auch wenn dies erst der Anfang ist, gibt es bereits erfolgreiche Beispiele dafür, wie generative KI und maschinelles Lernen die Kreislaufinnovation beschleunigen und skalieren können.

 

Verringerung des Ressourcenverbrauchs und der Umweltverschmutzung

Wasserknappheit ist ein kritisches Problem, da extreme Wetterbedingungen und ein erhöhter industrieller Verbrauch die Vorräte belasten. Um kostspielige Wasserverluste zu reduzieren, wird in Wasserversorgungsunternehmen, die KI-Algorithmen mit Sensoren in Rohren und Ventilen kombinieren, investiert. Dadurch können Gemeinden und gewerbliche Nutzer Lecks auf der Grundlage von Wasserdurchfluss- und Druckdaten sowie gefährliche Stoffe wie per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (Pfas) schnell erkennen. 

Gebäude sind ein weiterer Bereich, in dem KI konstruktiv eingesetzt wird, um Ressourcenverluste zu verringern. Hier wird in Unternehmen investiert, die generative Designmodelle entwickeln, mit denen Engpässe vermieden, Materialverbrauch und Abfall minimiert und die Bauausführung durch Projektentwickler und Bauunternehmer vor Ort optimiert werden können.

 

Abfall reduzieren

Interessant sind vor allem die Möglichkeiten der KI, Abfall zu reduzieren, indem Produkte länger in Gebrauch bleiben. Anbieter von Industrieteilen und Maschinen verkaufen KI-gestützte Wartungs- und Modernisierungsdienste, die kontinuierlich Betriebsdaten sammeln, um Wartung, Reparaturen und Upgrades zu antizipieren. Auf diese Weise können kostspielige Ausfälle und Schäden vermieden und die Lebensdauer der Produkte verlängert werden. Hier können Ausrüstungs- und Dienstleistungsanbieter mit einem Kundenstamm, der sich über Rechenzentren, Netzbetreiber und Industriehersteller sowie Gesundheits- und Bildungseinrichtungen erstreckt, grosse Hilfe leisten. 

Fragmentierte Lieferketten mit geringer Koordination sind ebenfalls reif für ressourcenschonende KI-Eingriffe. Hierzu werden Unternehmen, die KI-Modelle mit Daten über Lieferanten, Bestände, Vertriebslogistik und sogar saisonale Witterungsmuster füttern, als Investition in Betracht gezogen. Im Gegenzug sind die Unternehmen besser in der Lage, die Nachfrage vorherzusagen, Bestände anzupassen und die Materialbeschaffung zu beschleunigen, während sie gleichzeitig Engpässe, Produktabfälle und Transportemissionen reduzieren.

 

Senkung der Emissionen

Erneuerbare Energien sind sauber und regenerativ und Teil eines breiten Spektrums nachhaltiger Lösungen, die den Kreislaufgedanken unterstützen. Es werden zwar keine direkten Investitionen in die Energiemärkte getätigt, man lässt sich aber mit Unternehmen ein, die Stromversorgern und Netzbetreibern Lösungen für die Modernisierung der Infrastruktur und ein besseres Energiemanagement in immer komplexeren Stromnetzen liefern.

Der Anteil erneuerbarer Energien an der Energieversorgung nimmt zu, da Regierungen, Gemeinden und Unternehmen eine Dekarbonisierung anstreben. Doch der Ausbau von Solar- und Windparks mit schwankender Energieerzeugung bereitet den alten Netzen, die für stabile Stromflüsse aus fossiler und nuklearer Energie gebaut wurden, Kopfzerbrechen – und in einigen Fällen ergeben sich sogar Stromausfälle. Mit KI ausgestattete intelligente Netze helfen den Betreibern, bei Bedarf dynamisch zwischen verschiedenen Energiearten und -quellen einschliesslich Batteriespeichern zu wechseln. Dies verbessert nicht nur die Energieeffizienz, sondern verringert auch das Risiko destabilisierender Stromstösse, die zu Stromausfällen und Schäden an teuren Anlagen führen können.

 

Ausblick

Wir stehen erst ganz am Anfang des Potenzials der KI für die Beschleunigung von Kreislauflösungen in der gesamten Wirtschaft. Es mangelt nicht an Unternehmen, die versuchen, die Chancen zu nutzen, die nach Schätzungen bis 2050 allein in Europa mehr als 1 Billion Dollar betragen werden. Die Fähigkeit der KI, Simulationen zu beschleunigen, könnte bei einer Vielzahl von Anwendungen besonders nützlich sein – von der intelligenten Fertigung, die den Ressourcenverbrauch minimiert, bis hin zur Kombination der molekularen Eigenschaften von Verbindungen, um nachhaltigere Materialien zu erzeugen. Es ist auch denkbar, dass KI und maschinelles Lernen die Möglichkeiten zur Identifizierung, Sortierung und Zerlegung von Produkten und Komponenten für Upcycling und Recycling beschleunigen.

Die Kreislaufwirtschaft bietet unbegrenzte Anwendungsmöglichkeiten für KI, um ihre Rechenleistung für skalierte Innovationen einzusetzen. Unternehmen, die sich diese Leistung zunutze machen können, werden starke Wettbewerbsvorteile erzielen, nicht nur durch die Senkung interner Kosten, sondern auch dadurch, dass sie der Verschärfung von Vorschriften einen Schritt voraus sind und neue Kundschaft anziehen können.

Natalie Falkman, Senior-Portfoliomanagerin Circular-Economy-Strategie bei Robeco, Zürich.