Obwohl das Europäische Parlament Anfang 2023 ein Verkaufsverbot für Verbrenner und Hybridfahrzeuge in Europa ab 2035 ausgesprochen hat und künftig auf E-Autos setzt, wird die Umweltfreundlichkeit dieser Fahrzeuge infrage gestellt. Doch alle Szenarien, einschliesslich desjenigen des IPCC, führen zu dem Ergebnis, dass die Elektrifizierung des Verkehrssektors unerlässlich ist, um unsere Klimaziele zu erreichen und die Abhängigkeit von Erdöl zu reduzieren. Neben den ökologischen Aspekten müssen jedoch auch zahlreiche soziale Auswirkungen, die mit dem Ausbau dieser Branche verbunden sind, betrachtet werden.
Die Autorin
Coline Pavot ist Leiterin des Research-Teams für verantwortliche Investments bei La Financière de l’Échiquier
Das ideale Elektroauto für alle scheint noch in weiter Ferne
Jenseits des Atlantiks wurde das gigantische Aktienpaket für Elon Musk von den Tesla-Aktionären und -Aktionärinnen bewilligt – sehr zum Leidwesen verantwortungsbewusster Anlegender. In Europa stellt sich derweil die Frage, wie man Elektrofahrzeuge bezahlbar und damit der breiten Öffentlichkeit zugänglich macht. Obwohl die Anschaffungskosten eines Elektroautos in etwa 25 bis 50 Prozent höher sind als bei einem gleichwertigen Verbrenner, sollen die Betriebskosten 36 Prozent günstiger sein. In diesem Zusammenhang legte die französische Regierung ein soziales Leasing-Programm auf, mit dem sich einkommensschwache Haushalte für 100 Euro pro Monat ein in Europa hergestelltes E-Auto leisten können. Doch das Programm war so erfolgreich, dass es bereits im Februar 2024, nur zwei Monate nach Einführung, aufgrund der übermässigen Nachfrage eingestellt werden musste.
Ein Instrument wirtschaftlicher Souveränität
Um der Subventionierung chinesischer Elektrofahrzeuge entgegenzuwirken, haben Europa und die USA protektionistische Massnahmen ergriffen und höhere Einfuhrzölle auf chinesische Elektrofahrzeuge verhängt. Die Zollerhöhung soll den hiesigen Herstellern Zeit geben, ihre Kostenstruktur zu verbessern, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können. Sie soll ausserdem die Verlagerung der Wertschöpfungskette beschleunigen, Arbeitsplätze in Europa schaffen, die Abhängigkeit von Asien verringern und die Auswirkungen der Produktion dank einem kohlenstoffärmeren Energiemix reduzieren.
Fairer Übergang
Aufgrund des Preiswettbewerbs setzen einige Hersteller Konstruktionstechniken ein, die eine Reparatur wirtschaftlich unattraktiv oder sogar technisch unmöglich machen. Dies gilt beispielsweise für das «Giga-Casting», ein Verfahren, bei dem mehrere Autoteile in einem Stück gegossen werden. Diese Praktiken, die die positiven Umweltauswirkungen der Fahrzeuge durch bewusst herbeigeführte Zukunftsuntauglichkeit beschränken, werfen soziale Fragen auf. Die steigenden Unterhaltskosten für Reparatur und Versicherung können die Besitzerinnen und Besitzer dieser in der Anschaffung günstigeren Fahrzeuge belasten. Da keine Vorgaben für eine garantierte Lebensdauer von auf dem europäischen Markt verkauften Fahrzeugen existieren, besteht die Gefahr, dass ein Modell für Wegwerf-Elektroautos entsteht. Regulierungsbehörden und Unternehmen müssen dringend eingreifen, um die Verbreitung dieser schädlichen Praktiken einzuschränken.
Bei LFDE setzen wir uns für eine positive Transformation der Automobilindustrie ein, indem wir verschiedene Akteure entlang der Wertschöpfungskette unterstützen. Wir analysieren die Zielunternehmen im Detail – insbesondere mithilfe unserer eigenen Methodik zur Feststellung der Klima- und Biodiversitätsreife. So stellen wir sicher, dass sie ihre negativen Umweltauswirkungen unter Kontrolle haben und die Herausforderungen eines gerechten Übergangs in ihrem Geschäftsmodell ausreichend berücksichtigen.