Rund 9000 Dollar kosten die feinen Pullis: Loro Piana, 2013 von LVMH übernommen, stellt solche Pullover aus Vikunjawolle her, die aus Peru stammt. Die lokalen Arbeitenden würden aber kaum etwas von dem Geld sehen, heisst es in einem Bloomberg-Bericht. Für Loro Piana ist das ein Problem. Das Unternehmen beeilte sich denn auch, mitzuteilen, dass man vor Ort in Peru allerhand für die Verbesserung der Bildung und Infrastruktur der lokalen Bevölkerung unternehme. Die Website der Konzernmutter listet zahlreiche Nachhaltigkeitsinitiativen auf, die solchen Vorwürfen zuvorkommen sollten.
Craftsmanship versus Automatisierung
«Luxus ist per Definition nicht nachhaltig», sagt Vontobel-Analyst Manuel Lang, «weil Luxus kostspielig und verschwenderisch ist und mit nicht notwendigem Aufwand verbunden wird.» Aber immerhin: Luxusprodukte würden dank ihrer Langlebigkeit oft über Generationen hinweg vererbt und weitergegeben. Und auf einen weiteren Aspekt weist Robert Dumas, der frühere CEO von Hermès, hin: «Luxury is what can be repaired» – und das, was repariert werden kann, gilt als langlebig.
«Wir fokussieren vor allem auf Uhren und Schmuck und sehen, dass das Sourcing von Rohmaterialien strengen Kontrollen unterliegt – vor allem bei den grossen Marken», so Vontobel-Analyst Lang. Die sogenannte Craftsmanship steht bei Luxusgütern im Vordergrund – im Gegensatz zur Automation bei Massenproduktion. «Wir erwarten, dass die sogenannte Traceability, die Nachverfolgbarkeit beziehungsweise die Nachweisbarkeit von Luxusprodukten und deren Rohmaterialen, an Wichtigkeit gewinnen wird», sagt Lang. «Unserer Meinung nach wird vor allem der soziale Aspekt mehr Gewicht erhalten.» Erste Fortschritte sind sichtbar. Im Uhrensegment erkennt man den Trend der Traceability besonders auf dem CPO-Markt (Certified Pre-Owned). Viele Marken und Retailhändler, auch grosse, haben mittlerweile ein eigenes Zertifizierungsprogramm für gebrauchte Uhren aufgebaut.
Gerade die Uhrenhersteller schaut man sich beim WWF in der Schweiz im Hinblick auf Nachhaltigkeit regelmässig an. Beim jüngsten Rating vom November 2023 ortete man «viel Luft nach oben». Gerade die bekannten Schweizer Luxusuhrenmarken Patek Philippe, Rolex und Audemars Piguet schnitten schwach ab. Deutlich besser waren die Marken aus dem Haus Richemont sowie jene von Kering und LVMH. «Wie überall sind auch im Luxussegment Wohnen, Mobilität, Reisen und Ernährung die zentralen Stellhebel, um nachhaltiger zu leben», sagt Damian Oettli vom WWF Schweiz. Problematisch ist, dass vor allem im Luxusbereich Menschen häufiger einen sehr hohen CO₂-Fussabdruck haben, weil sie oftmals mehr Fläche brauchen, Autos mit hohem Treibstoffverbrauch fahren, häufiger und weiter fliegen und mehr konsumieren. Trotzdem gibt es auch im Luxusbereich Möglichkeiten, nachhaltiger zu leben. Bei einem hohen Einkommen kann man viel eher auf fossilfreies Heizen umstellen, ökologisch produzierte Nahrungsmittel kaufen und genauer hinschauen, wie Produkte hergestellt werden. «Bei den gängigen Luxusprodukten wie Uhren und Lederwaren ist immer entscheidend, wie und unter welchen Bedingungen die Dinge hergestellt sind», sagt Oettli. Es nütze wenig, wenn Leder aus nachhaltiger Produktion kommt, zugleich aber die Arbeitsbedingungen bei den Herstellern schlecht sind.
Ein Umdenken wird vor allem bei jüngeren Menschen stark sichtbar: Sie fordern auch bei Luxusprodukten immer mehr Nachhaltigkeit ein. «Viele junge Menschen verstehen, dass wir weniger konsumieren müssen, wenn wir unser Zuhause schützen wollen. Deshalb sehen wir auch einen wachsenden Trend in Richtung kurzfristiges Mieten von Luxuskleidung und Teilen von Gütern», sagt Oettli. Der Verzicht an sich – der weitaus effizienteste Weg zur Nachhaltigkeit – werde dadurch enttabuisiert.