Herr Gardinier, wie definieren Sie den Begriff «Luxus»?

Vor allem nicht mit Standardvorgaben. Jedes unserer Häuser muss seine Infrastruktur und alle Dienstleistungen so anbieten, wie es geschäftlich und gesellschaftlich Sinn macht und zu den lokalen Gegebenheiten passt.

Das bedeutet, dass ein Ryokan in Japan sich nicht mit einem Resort an der Côte d’Azur vergleichen lassen muss?

Genau, jedes Hotel muss sich emotional und nachhaltig mit den Menschen und kulturellen Gegebenheiten seines Standorts identifizieren. Um dann unseren Gästen ein authentisches Erlebnis bieten zu können.

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Wie stellen Sie bei 580 Betrieben sicher, dass bei jedem die Authentizität stimmt, die Dienstleistungen funktionieren und der Qualitätsanspruch hoch bleibt?

In der Tat ist Qualitätskontrolle enorm wichtig und basiert bei uns auf zwei Pfeilern: Erstens hat Relais & Châteaux ein sehr strenges Aufnahmeverfahren. Das führt dazu, dass ein Grossteil der Neuanfragen für eine Mitgliedschaft, es sind jährlich mehrere Hundert, bei unserem «Screening Process» durchfallen.

Das heisst, Sie verfolgen keine explizite Wachstumsstrategie?

Doch, aber halt nur mit unseren Ansprüchen. So kommen jährlich zwischen 15 und 20 neue Mitglieder hinzu, aber eben nur, weil sie zur DNA unserer Vereinigung passen. Unser Wachstum ist also nicht quantitativ motiviert, sondern qualitätsorientiert.

Was ist der zweite Faktor?

Unsere Etablissements werden mindestens alle zwei Jahre vor Ort geprüft; bei auftauchenden Problemen häufiger. Dazu setzen wir, anonym, rund ein Dutzend eigener Inspektoren ein. Sie testen, kontrollieren, sprechen Schwächen an und verfolgen den Verbesserungsprozess.

Und wenn sich ein Mitgliedhotel nicht verbessern kann?

Dann beenden wir unsere Zusammenarbeit.

Und können so letztlich das Image Ihrer Marke hochhalten.

Absolut. Wir bieten ein Premiumprodukt, und unsere Kundschaft erwartet das auch von uns. Unser Publikum ist durchschnittlich 49 Jahre alt, reist häufig, bringt eigene Erfahrung mit und kann genau definieren, was es während einem Urlaub erleben will.

Dementsprechend hoch müsste dann der Anteil an Stammkunden sein?

Das ist auch so, es sind stolze 41 Prozent Wiederholungskunden, auch wenn ein Grossteil davon wohl hauptsächlich bei einem Mitgliedshaus bleibt.

Welche Rolle spielt die Schweiz?

Sie ist sehr wichtig für uns, sowohl als Markt wie auch als Standort von doch 22 Betrieben in der Schweiz und in Liechtenstein. Die Schweizer Kundschaft liefert immerhin 5,4 Prozent der globalen Übernachtungen, was angesichts der Bevölkerungszahl hervorragend ist. Unsere grössten Quellmärkte sind die USA, Grossbritannien und Frankreich.

Welches sind des Schweizers bevorzugte Reiseziele?

Interessanterweise bleiben 54 Prozent aller Schweizerinnen und Schweizer im eigenen Land.

Die einzelnen Hoteliers dürften es schätzen, wenn deren Gäste als Stammkunden bei ihnen bleiben?

Das ist in der Tat eine Herausforderung für uns. Häufig wissen unsere Gäste in einem einzelnen Hotel gar nicht, dass es zur R&C-Vereinigung gehört respektive dass es in der Gruppe noch viele weitere schöne Destinationen gibt.

Das heisst, die einzelnen Betriebe sind wenig interessiert, ein «Cross-Selling» anzubieten?

Unsere Hoteliers sind Kleinunternehmer, die sich logischerweise zuerst für ihre Interessen einsetzen und erst danach für die Gruppe. Damit können wir aber leben – letztlich entscheidend ist das Erlebnis jedes Gastes, und wie er danach darüber denkt und darüber kommuniziert. Jedes Hotel vermarktet sich selbst und wir als Relais & Châteaux versuchen, die Flagge der Gruppe hochzuhalten.

Würde ein Loyalitätsprogramm, wie beispielsweise Miles & More, helfen?

Das würde bei uns nicht funktionieren, weil über erfolgte Buchungen ja Rabatte vergeben würden, die ein anderer Hotelier dann auf eigene Kosten einlösen müsste. Da jedes Mitglied selbstständig ist, können wir kein gemeinsames Programm anbieten.

Trotzdem, Sie müssen eine riesige Kundendatei besitzen?

Nun, wir setzen ein Gästeerkennungsprogramm ein, da geht es um persönliche Daten und Vorlieben (sofern uns der Gast diese mitteilen will), sodass jeder Hotelier schon vor Anreise der Gäste weiss, welche Wünsche und Bedürfnisse vorliegen, sei es die Kissenwahl oder gesundheitliche Faktoren.

Der Gastgeber

Name: Laurent Gardinier
Geburtsdatum: 19. Juli 1967
Ausbildung: Vier Masters Abschlüsse (zwischen 1989 und 1993)
Vereinigung: Relais & Châteaux
Titel: Präsident
Familie: verheiratet; eine Tochter
Wohnort: Paris

Für Sie am Hauptsitz ist es also weniger relevant, in welches Hotel ein Gast reist, sondern dass er oder sie den Brand Relais & Châteaux schätzt und wieder nutzt.

Das ist so. Unsere Aufgabe ist es, unsere Mitglieder, also die Hoteliers und Gastronomen, bestmöglich zu bedienen, sei dies mit Know-how-Transfer, Kommunikationshilfsmitteln oder mit Buchungen über unser System.

Sie dürften auch Gourmets haben, die gezielt Ihren Restaurants nachreisen?

So ist es. Wir sind auf unsere unzähligen Sterneköche stolz; sie sind ein gewichtiger Teil unseres Brands. Unsere Vereinigung umfasst derzeit neunzig Restaurants ohne Hotel, da werden besondere kulinarische Erlebnisse kreiert; immer im Einklang mit der jeweiligen Region.

Zudem bieten Sie 600 Villen und Ferienhäuser an.

Viele der Hoteliers führen teils seit Jahren in unmittelbarer Umgebung ihres Hotels spezielle Unterkünfte. Sei dies für Familien oder für Gäste, die mehr Privatsphäre suchen. Das sind Strandhäuser, Luxus-Lodges, Chalets oder sogar Berghütten.

Und das vermarkten Sie nun gemeinsam?

Wir haben mit der Zeit realisiert, wie attraktiv diese Angebotspalette eigentlich ist. Wir vermarkten sie jetzt zwar nicht separat, aber führen auf unserer Website ein eigenes Kapitel.

Relais & Châteaux

1954 formierten sich acht französische Gasthäuser als Relais de Campagne; zwanzig Jahre später fusionierten sie mit Châteaux-Hôtels und traten zusammen neu als Relais & Châteaux auf. Heute zählt die Vereinigung 580 Hotels und Restaurants in 65 Ländern, ein Drittel davon in Europa. Die Mitglieder der Vereinigung setzen jährlich fast 2,8 Milliarden Euro um. Insgesamt 37 Restaurants bieten eine mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnete Haute Cuisine; weitere 165 Gasthäuser tragen einen oder zwei Sterne.