Dass die letzten Jahre von einem zunehmenden Wandel des Konsumentenverhaltens geprägt sind, darüber besteht grosse Einigkeit. Disruptive Ereignisse wie die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg sowie technologische Entwicklungen führen bei den Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten nicht nur zu Verunsicherung, sondern verändern auch deren Prioritäten.

Zum einen beeinflussen sie die Entscheidung, was die Kundinnen und Kunden kaufen. Viele Unternehmen sind mit volatilen Konsumausgaben und sich ständig verändernden Ausgabenprioritäten konfrontiert. Ging während der Pandemiephase die Nachfrage nach Leisure-Produkten wie Reisen praktisch gegen null, standen Lebensmittel wie auch Gebrauchsgüter hoch im Kurs. In diesem Jahr hingegen konnten einige Schweizer Reiseanbieter wieder Umsätze über dem Niveau von 2019 verzeichnen, Lebensmittelkäufe wurden dagegen aufgrund des Inflationsdrucks zurückgeschraubt.

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Zum anderen verändern sie auch langfristig, wie die Kundinnen und Kunden einkaufen. Der persönliche Kontakt mit anderen Menschen ist nach wie vor wichtig. Aber die ständige Verbindung mit unseren digitalen Geräten hat die Art und Weise, wie wir Produkte und Dienstleistungen entdecken, recherchieren, kaufen und nutzen, für immer verändert. Die digitale Präsenz ist somit zum wahrscheinlich wichtigsten Zugang der Konsumenten zu den meisten Marken und Unternehmen geworden. Ein Grossteil der Kundinnen und Kunden erwartet heute die Personalisierung von Kommunikation und Angeboten. Wird dies nicht erfüllt, macht sich schnell Frustration über das gesamte Einkaufserlebnis hinweg bemerkbar – eine Entwicklung, der es vorzubeugen gilt, denn die Kosten für die Kundenakquise sind so hoch wie nie zuvor. 

Es stellt sich die Frage, wie Unternehmen in diesem herausfordernden Umfeld – geprägt von wechselnden Prioritäten und steigenden Erwartungen auf Konsumentenseite sowie der Bedeutung von digitalen Interaktionen in der heutigen Omnichannel-Welt – profitables Wachstum mit der Kundschaft erzielen können.

Marketingverantwortliche müssen sich für ihr Kundenmanagement folgende fünf, eng verzahnte Fragen stellen, um in dieser Situation erfolgreich zu sein:
 

Die Autorin

Cornelia Brühwiler, Partnerin, AlixPartners, Zürich.

 

1)    Wer sind unsere Kunden und was ist wichtig für sie?

Es ist entscheidend, dass nicht nur die früheren oder bestehenden Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden verstanden werden, sondern auch, wie sich ihr Kaufverhalten und somit ihre Bedürfnisse in Zukunft verändern können. Dabei geht es nicht nur darum, was sie kaufen, sondern vor allem, warum sie dies tun. Ein Verständnis für die Produkt- und Servicepräferenzen der Kundinnen und Konsumenten sowie ihre Reaktionen auf Preis- und Werbemassnahmen sind der Schlüssel, um sie mit einer wirkungsvollen Botschaft und einem für sie attraktiven Angebot anzusprechen. Die Kundschaft zeigt sich zunehmend damit einverstanden, dass Unternehmen dafür auf relevante persönliche Informationen zurückgreifen. Die Einbeziehung dieser Elemente in die Kommunikation führt häufig zu einer Verdopplung bis Verdreifachung der Antwortquoten.

2)    Welche Kunden bringen den meisten Umsatz?

Den durchschnittlichen Konsumenten, die durchschnittliche Konsumentin gibt es nicht. Und Kundinnen und Kunden treten in einer Verteilung auf, die es differenziert zu verstehen gilt. So kann ein sehr kleiner Prozentsatz einen erheblichen Teil des Umsatzes ausmachen oder ein sehr grosser Prozentsatz können Einmalkunden sein. Es ist wichtig, diese Verteilung zu kennen und zu verstehen, wie sich die Kundengruppen im Laufe der Zeit entwickeln. Konsumentinnen und Konsumenten, die sich intensiv mit den Kanälen eines Anbieters beschäftigen, zum Beispiel Social Media und Blogs, weisen häufig einen höheren, langfristigen Kundenwert auf.

3)    Wie entwickelt sich unsere Kundenbasis?

Hier ist es wichtig zu begreifen, wie sich der Mix aus Neu- und Bestandskunden verändert und wie sich der Kundenwert sowie die Loyalität von Kundinnen und Konsumenten entwickeln. Geeignete Omnichannel-Kampagnen und Kommunikationsansätze für verschiedene Kundenlebenszyklusphasen – wie eine Begrüssungsserie oder eine auf hochwertige Kunden zugeschnittene Kommunikationsabfolge – helfen dabei, die Kundinnen und Kunden zu unterstützen, zu halten und zu migrieren, während sie eine Marke, Dienstleistung oder ein Produkt kennenlernen. Die Analyse von Verhaltensweisen, die Anpassung von Massnahmen für verschiedene Gruppen und die konsequente Überwachung und Prüfung von Kontaktstrategien helfen Anbietern, die Bindung ihrer Kundenbasis zu verbessern.

4)    Welche Investitionen sind wertsteigernd?

Der Customer-Lifetime-Value muss über mehrere Jahre hinweg betrachtet werden. Es ist zwar weithin anerkannt, dass es günstiger ist, einen Kunden, eine Kundin zu halten als einen neuen oder eine neue zu gewinnen, das aber benötigt mehr Klarheit über die dafür notwendigen Investitionen. Wenn ein einzelner Kunde, eine einzelne Kundin einen jährlichen Umsatz von 1000 Franken im Vergleich zu einem durchschnittlichen Kunden von 100 Franken erzielt, sollten Massnahmen ergriffen werden, um diesen .000-Franken-Kunden zu halten. Auch, wenn dafür mehr Geld investiert werden muss. So kann beispielsweise im Online-Geschäft die Versandgeschwindigkeit als Kostenfaktor erscheinen, aber wenn eine bessere Geschwindigkeit und Servicequalität zu einer höheren Rentabilität führen, muss dies ebenso berücksichtigt werden. Zudem sollten Anbieter die Kundinnen und Kunden innerhalb des Programms differenzieren, um eine echte Loyalität zu kultivieren, sonst wird es nur ein Rabattprogramm.

5)    Wie gut werden die Kunden im Kaufprozess abgeholt?

Dies umfasst sowohl die gesamte Bandbreite der Omnichannel-Touchpoints und Interaktionen, die ein Kunde mit einer Marke hat, als auch externe Einflüsse, welche die Kundenwahrnehmung und Kaufentscheidung beeinflussen. Es ist wichtig zu verstehen, welche Kundenbedürfnisse und Customer-Journeys am häufigsten vorkommen und am wertvollsten sind – und zu erkennen, wo es Reibungspunkte gibt und wie diese behoben werden können. Dabei sollte auch die Macht eines guten (digitalen) Kundenservices keinesfalls unterschätzt werden.

 

Sowohl die makroökonomischen Bedingungen als auch das Kundenverhalten werden sich weiterhin in hohem Tempo verändern. In einem solch dynamischen Umfeld werden diejenigen die Gewinner sein, die möglichst rasch die richtigen Antworten auf die obigen Fragen finden und verstehen, wie sich Omnichannel-Interaktionen und -investitionen zueinander verhalten und sich auf Umsatz und Rentabilität auswirken.