Gesamtschweizerisch wurden gemäss Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) per Ende August dieses Jahres 69 000 Lehrverträge unterzeichnet. Obwohl diese Zahl gegenüber dem Vorjahr stabil blieb, sind zum Lehrbeginn rund 12 000 Ausbildungsstellen unbesetzt geblieben. Besonders in handwerklichen Berufen ist die Nachwuchssuche schwierig.
Das weiss auch Daniela Soltermann, Geschäftsführerin und Inhaberin des Metallbaubetriebs Peter Soltermann AG, Thun. Die geburtenstarken Jahrgänge träten aus dem Arbeitsmarkt aus, es kämen jedoch zu wenig junge Leute nach, um diese Plätze zu füllen. «Der Wind hat gedreht: Wir können schon länger nicht mehr davon ausgehen, dass uns potenzielle Lernende die Tür einrennen», weiss Soltermann. «Wir müssen uns bei den Jugendlichen und ihren Eltern bewerben.»
Soltermanns Unternehmen schliesst pro Jahr mindestens einen neuen Lehrvertrag ab. Bislang konnten sie diese Stelle immer besetzen, aber von Bewerbungen überhäuft würden sie nicht – im Gegenteil. Die niedrige Geburtenrate, die steigende Akademisierung sowie die Unter- und Geringschätzung von handwerklichen Berufen können als Gründe dafür angeführt werden.
Unternehmen müssen aktiver werden
«Wir wissen, dass es in unserer Branche zunehmend schwierig ist, Nachwuchs zu finden», so Soltermann. «Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir aktiv sind und jede Chance nutzen, um weiterhin genügend Fachkräfte ausbilden zu können.» Davon ist die Thuner Unternehmerin überzeugt. Im Frühling nahm ihr Unternehmen an der ersten Lehrstellenbörse des Gewerbevereins Thuner KMU teil. Auch der Besuch anderer Berufsmessen oder ein Angebot für den Ferienpass dienen dazu, Kinder und Jugendliche auf die Berufe im Metallbau aufmerksam zu machen.
«Viele Unternehmen sind sehr engagiert, was uns allen zugutekommt. Ich möchte aber auch betonen, dass es ebenso viele Firmen gibt, die nicht oder nicht mehr ausbilden, obwohl sie könnten», sagt Soltermann bedauernd. Dafür habe sie wenig Verständnis, denn auch diese Unternehmen benötigten Fachkräfte, um ihre Kundenaufträge ausführen zu können. «Wir können es uns schlicht nicht mehr leisten, nur für den eigenen Betrieb Lernende zu gewinnen, sondern müssen als Branche zusammenarbeiten», fügt Soltermann eindringlich an.
Verstärkt Sichtbarkeit schaffen
«Wir müssen sichtbar sein, uns präsentieren und aus unseren Betrieben rauskommen, wenn wir Begeisterung für unsere Berufe auslösen möchten», appelliert die junge Unternehmerin weiter. Der Verband könne in dieser Hinsicht die Unternehmen unterstützen, ihnen die Arbeit jedoch nicht gänzlich abnehmen. Soltermann begrüsst das Angebot der Nachwuchskampagne von Metaltec Suisse, gratis Messematerial wie Flyer, Giveaways und Rollups zur Verfügung zu stellen, und macht regelmässig Gebrauch von der Überraschungsbox. Diese erhalten Jugendliche vor ihrer Schnupperlehre nach Hause geschickt; sie sind so bestens dafür ausgerüstet. Der einheitliche Auftritt der Nachwuchskampagne schafft Wiedererkennungswert und erhöht überregional die Strahlkraft der Lehrberufe im Metallbau.
Der Zeit anpassen müssen sich Unternehmen auch in Sachen Technologie. Um eine Generation abzuholen, die mit Mobilgeräten aufwächst, ist die Online-Präsenz sehr wichtig. Deshalb sollten Unternehmen auf der eigenen Website unbedingt aufführen, dass sie Lernende ausbilden. «Bevor Jugendliche das Telefon in die Hand nehmen, möchten sie sich zuerst im Internet über eine Firma oder einen Beruf informieren», weiss Soltermann.
Dass das Telefonieren allgemein ein Hindernis für die junge Generation ist, wurde bereits in mehreren Studien festgestellt. Dies ist mit ein Grund, weshalb die Peter Soltermann AG auf der eigenen Website ein Formular für Bewerbende implementiert hat. Dort können interessierte Personen ihre Informationen eingeben und werden anschliessend vom Betrieb kontaktiert. Auch in den sozialen Medien ist der Metallbaubetrieb unterwegs und gibt Einblick in seine Aufträge und den Berufsalltag. «Die Präsenz auf Facebook und Instagram ist ein gutes Kommunikationsmittel, um unsere verschiedenen Facetten zu zeigen und Nähe zu schaffen. Die Formalität der Website wird dadurch gebrochen.» Soltermann gibt jedoch schmunzelnd zu: «Wir könnten noch etwas aktiver sein.»
Ein allgemeingültiges Rezept, um dem Mangel an Lernenden ein Ende zu setzen, gebe es allerdings nicht. «Wir Arbeitgeber müssen in Sachen Nachwuchsförderung zusammenhalten, uns austauschen und aktiv agieren. Nur gemeinsam können wir dem Fachkräftemangel entgegenwirken», sagt Soltermann.
Lernende von Meyer suchen ihren Nachwuchs
Begeisterungsfest Wie man den wichtigen Berufsnachwuchs suchen und finden kann, demonstrieren bei der Josef Meyer, Stahl und Metall AG, Emmenbrücke LU, ausgerechnet die eigenen Lernenden. Zwanzig sind es an der Zahl, die bei Meyer in der Ausbildung stehen. Im Rahmen der Josef Meyer Academy organisierten sie Ende August das erste Begeisterungsfest. Begrüsst wurden über fünfzig Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 8 und 14 Jahren. In Gruppen organisiert machten sich die jugendlichen Gäste auf den Spass- und Erlebnisparcours. Es wurde am Computer gezeichnet, virtuell geschweisst, in den Werkhallen gebohrt, geschweisst und gehämmert und verschiedene Geschicklichkeitsspiele mit dem Kran und den anderen Einrichtungen in der Produktion absolviert. Bis zum Abend hatte jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer sein erstes eigenes kleines Werkstück oder Kunstwerk hergestellt und einen Einblick in den Teamgeist und die Werte der Josef Meyer AG erhalten.
Josef Meyer Academy Wie wichtig dem Luzerner Stahlbauer die Arbeit für und um den Berufsnachwuchs ist, zeigt sich am Programm der Josef Meyer Academy. Diese ermöglicht angehenden Metallbauern, Metallbaupraktikern oder Metallbaukonstrukteuren – selbstverständlich auch dem weiblichen Geschlecht – einen motivierenden Start ins Berufsleben. Die Academy bietet ebenso Lernenden aus anderen Betrieben einen idealen Rahmen für einen erfolgreichen Berufseinstieg. Das Meyer-Management ist überzeugt: Top ausgebildete und engagierte Berufsleute sind das A und O in der Metallbaubranche. (sg)