Das Schweizer Nationalstrassennetz misst rund 2250 Kilometer. Ohne Stahl kann dieses Netzwerk – das Rückgrat des Strassenverkehrs hierzulande – seine Funktionen nicht wahrnehmen. Das prominenteste Beispiel für die Bedeutung von Stahl sind die Brücken. Das Nationalstrassennetz weist über 4300 Brückenbauwerke auf, sowohl in der Hauptachse wie auch als Überführungen. Der überaus grösste Teil davon – mehr als 4200 – sind aus armiertem Beton, 85 sind aus Stahl-Beton-Verbund (mit Stahlträgern) oder als reine Stahlkonstruktionen gebaut. Eine Ausnahme bilden hier zehn Brücken für den Fussund Veloverkehr, sie kommen mit relativ wenig Stahl aus, denn sie verfügen über ein Tragwerk aus Holz.
Auch die 280 Tunnel des Netzes sind mithilfe von Stahl gebaut, nicht nur die Tagebautunnel mit armierten Betondecken. Gleiches gilt für die zahlreichen Stützmauern, die aktuell 43 Wildtierbrücken und die 162 Strassenabwasserreinigungsanlagen. Auch in diesen Bauwerken ist in aller Regel Stahl im armierten Beton oder als reine Stahlelemente verbaut. Dies in beachtlichen Mengen: In armiertem Beton bei Stützmauern, in Decken und Pfeilern von Brücken benötigt man in der Regel zwischen 90 und 130 Kilogramm Baustahl (Armierungsstahl) pro Kubikmeter Beton.
Der Autor
Jürg Röthlisberger ist Direktor, Bundesamt für Strassen (Astra), Bern.
Garant für zusätzliche Sicherheit …
Damit die Nationalstrassen sicher betrieben werden können, werden Fahrzeugrückhaltesysteme (Leitplanken) aus Stahl montiert. Wildschutzzäune vermindern das Risiko von Tierunfällen. Auch die Träger und Stützen der Signalportale sowie die Pfosten der Lärmschutzwände sind aus Stahl. Die modernen Betriebsund Sicherheitsanlagen, ohne die unsere Autobahnen nicht offen gehalten werden könnten, sind ohne Stahl ebenso undenkbar wie die Fahrzeuge und Gerätschaften des betrieblichen Unterhalts. Diese Aufzählung ist nicht vollständig, sie zeigt aber, welche zentrale Rolle dem Stahl und verschiedensten Arten von Legierungen für den Bau, den Betrieb und den Unterhalt des Nationalstrassennetzes zukommt.
… und vermehrt Ruhe für Anwohnende
Die Bedeutung von Stahl kann an einem wichtigen Nationalstrassen-Bauvorhaben verdeutlicht werden. Zwischen den Verzweigungen Luterbach und Härkingen wird das Bundesamt für Strassen (Astra) die A1 auf sechs Spuren ausbauen; es ist ein Projekt des Strategischen Ent wicklungsprogramms Nationalstrasse (Step). Der Abschnitt ist 32 Kilometer lang, entsprechend umfangreich sind die Arbeiten. Nebst den zwei zusätzlichen Fahrstreifen werden zwölf Lärmschutzwände (bedeutet tiefere Lärmbelastung für Anwohnerinnen und Anwohner), sechs Stützmauern, acht Brücken in der Stammachse, zwanzig Überführungen, fünf Unterführungen und zwei Durchlässe neu gebaut oder komplett saniert. Sie alle benötigen Stahl, entweder in Form von armiertem Beton oder als reine Stahlbauteile. Der Baustart ist für 2024 vorgesehen.
Allein für die Dutzenden von Kilometern fix installierten Fahrzeugrückhaltesysteme werden 1800 Tonnen Stahl verbaut, dazu kommen 23 Kilometer mobile Rückhaltesysteme (zusätzlich 2300 Tonnen). 760 Tonnen Baustahl sind allein für die 48 Signalträger veranschlagt, immerhin 126 Tonnen verzinkter Stahl für die 42 Kilometer Schutzzäune.
Dieses Beispiel zeigt anschaulich, dass eine Autobahn mehr ist als ein Asphaltband. Sie ist das Produkt des effizienten und effektiven Einsatzes von Material und Technik: Stahl macht Stützmauern robust und Brücken tragfähig, hält Fahrzeuge von der Gegenfahrbahn ab, sorgt für eine Entlastung der Anwohnenden vor übermässiger Lärmbelastung, ermöglicht einen sicheren Betrieb und gewährleistet ein effizientes Verkehrsmanagement. Kurz: Stahl sorgt für eine verträgliche, sichere und verfügbare Mobilität auf der Strasse.
Frühzeitig bestellen verhindert Engpass
Lieferengpässe Trotz den grossen Mengen Stahl, die das Bundesamt für Strassen (Astra) für die Erfüllung seiner Aufgaben im hiesigen Nationalstrassenbau, im Betrieb und im Unterhalt benötigt, leiden die Projekte bisher nur geringfügig unter den aktuellen Lieferengpässen in der globalen Wirtschaft. Teilweise musste aber umdisponiert und zu Zwischenlösungen gegriffen werden; so wurde etwa bei einzelnen Kabeltrasses glasfaserverstärkter Kunststoff als Proviso rium statt Edelstahl eingesetzt. Diese Provisorien konnten jedoch bereits wieder durch Edelstahlbauteile ersetzt werden. Die Projekte laufen also nach wie vor planmässig. Dies, weil in den Zuschlägen der Aufträge Bauleitungen und Unternehmen explizit angehalten werden, Baumaterialien und technische Komponenten frühzeitig zu bestellen. So können Engpässe vermieden werden.