Wer an nachhaltige Hochhäuser denkt, hat möglicherweise oft Fassadenbegrünung oder Holzbauweise im Kopf. Doch ein weiterer Aspekt wird oft übersehen: der soziale. In Wohnhochhäusern leben viele Menschen zusammen. Gelingt es, durch gezielte Massnahmen die Lebensqualität zu verbessern, wirkt sich das positiv auf die Bewohnenden aus. In einer interdisziplinären Studie der Hochschule Luzern (HSLU) wurde untersucht, was bestehende Hochhäuser sozial nachhaltig macht und wie dies gefördert werden kann.

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Die Autorinnen

Alexa Bodammer, Dozentin und Projektleiterin, Meike Müller, wissenschaftliche Mitarbeiterin, beide Institut für Soziokulturelle Entwicklung HSLU

Hochhäuser haben Potenzial

Seit gut zehn Jahren erlebt die Schweiz einen Hochhausboom. Während in den 1960er- und 1970er-Jahren das Schaffen von Wohnraum im Vordergrund stand, wird der aktuelle Boom von niedrigen Zinssätzen, hohen Bodenpreisen und der Revision des Raumplanungsgesetzes angetrieben. Kritikerinnen und Kritiker bemängeln die fehlende Integration ins Stadtbild, die Anonymität der Bewohnenden oder den hohen Ressourcenverbrauch. Doch Hochhäuser bieten viel Potenzial. Durch ihre hohe Geschosszahl besteht die Möglichkeit, auf geringer Grundfläche vielfältige Nutzungen für unterschiedliche Bedürfnisse zu realisieren, wie beispielsweise in öffentlich zugänglichen Bereichen im Sockelgeschoss oder auf den Etagen darüber. 

Aufgrund der Prominenz im Stadtraum müssen diese Türme jedoch gut gestaltet sein. Die sozialen Aspekte dürfen nicht vergessen werden, denn soziale Nachhaltigkeit bringt Mehrwerte, welche die Gebäude langfristig attraktiv machen. Die Förderung von Interaktionen zwischen den Menschen untereinander und dem Quartier ist ein wichtiger Aspekt davon. Geschäfte und Cafés beleben das Quartier und schaffen Aufenthaltsqualität. Gemeinschaftlich genutzte, grosszügige Eingangsbereiche, Terrassen, die allen offenstehen, oder Zwischengeschosse, die gemeinschaftlich genutzt werden, sorgen für Kontaktzonen. Vor allem dort, wo Individuen mit ähnlichen Interessen und Lebensstilen aufeinandertreffen, sind nachbarschaftliche Interaktionen am wahrscheinlichsten. Dafür braucht es ausreichend Raum und eine durchdachte Gestaltung.

 

Integration ins Umfeld

Wenn Hochhäuser als städtebauliche Typologie dienen sollen, ist die Vernetzung mit dem Umfeld von zentraler Bedeutung. Aussenbereiche sollten sowohl öffentliche als auch gemeinschaftliche Funktionen erfüllen. Über sichere, barrierefreie Fusswege sind sie gut an den öffentlichen Verkehr angebunden. Dies trägt zu mehr Lebensqualität bei, indem es den Alltag der Bewohnerinnen und Bewohner erleichtert. Zudem wirken qualitativ hochwertige Aussenräume auch einem – sei es individuell empfunden oder objektiv messbar – städtischen Dichtestress entgegen. Hier lohnen sich Investitionen, die gemessen an den Gesamtkosten einen kleinen Teil ausmachen. 

Dafür ist ein grossräumiger Plan für Freiräume nötig, der nicht allein die Parzelle im Blick behält. Für eine Balance der Effizienzgewinne (Flächen- und Energieeffizienz) erscheint die vermehrte Planung von vielen Hochhäusern mit moderaten Höhen (bis zu 14 Geschossen) und attraktiven Sockelgeschossen sinnvoller als die Errichtung von wenigen, sehr hohen frei stehenden Prestigeobjekten.

 

Gemeinschaft ist wichtig

Nicht zuletzt ist auch die langfristige Flexibilität in der Nutzung entscheidend. Hochhäuser sollten über ihren Lebenszyklus hinweg anpassungsfähig sein, um den unterschiedlichen Lebensphasen und sich ändernden Lebensstilen der Menschen gerecht zu werden. Dies erfordert intelligente Konstruktionsweisen. Ein vielfältiger Wohnungsmix fördert die soziale Durchmischung und trägt zur sozialen Nachhaltigkeit bei.

Soziale Nachhaltigkeit ist ein zentraler Faktor für die Akzeptanz und Sinnhaftigkeit von Wohnhochhäusern. Grundsätzlich steigen die Ansprüche mit ihrer Grösse, und die per se kostenintensive und städtebaulich markante Typologie muss mehr leisten als andere. Trotz höheren Mieten sollten der Mehrwert der Höhe und das Alleinstellungsmerkmal von Hochhäusern, die Aussicht, allen Bewohnerinnen und Bewohnern zugänglich gemacht werden. Gemeinschaftliche Nutzungen sollten durch Erträge von Flächen in der Höhe querfinanziert werden.