Die neue Gesetzgebung rund um die soziale Verantwortung von Unternehmen und die Transparenz bei nichtfinanziellen Fragen hat einen relevanten Einfluss auf die meisten Schweizer Firmen. Die Bestimmungen verlangen von grossen Unternehmen sowie Finanzinstituten mit über 500 Mitarbeitenden einen öffentlichen Bericht über Umwelt-, Sozial- und Personalfragen, Menschenrechte und Korruptionsbekämpfung, das sogenannte ESG-Reporting.

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Die Autoren

Marcel Meyer, Partner Sustainability Services

Liza Engel, Chief Sustainability Officer, Deloitte Schweiz.

Eine Berichtspflicht ist bereits für das laufende Geschäftsjahr 2023 vorgesehen, bis Juni 2024 müssen die Berichte veröffentlicht werden. Unternehmen, die in der Schweiz Rohstoffe oder Metalle wie Zinn, Tantal, Wolfram oder Gold aus Konfliktgebieten in Verkehr bringen, unterliegen weiteren Verpflichtungen. Sie müssen ein Compliance-Management-System einführen, um ihre Sorgfaltspflichten zu erfüllen. Dies betrifft vor allem die produzierende Industrie, wie zum Beispiel die Uhrenbranche. Verantwortliche Führungspersonen, die keine Berichte oder aber falsche Informationen veröffentlichen, riskieren Geldstrafen von bis zu 100 000 Franken. Die letzte Verantwortung liegt aber beim Verwaltungsrat.

 

Öffentlicher Druck kommt hinzu

Die Erwartungen an die Gesellschaften sind hoch und Unternehmen müssen sich jetzt auf ESG-Risiken und Lieferkettentransparenz einstellen, denn auch ausländische Tochtergesellschaften und ihre Lieferketten fallen in den Anwendungsbereich. Um rechtzeitig auf die Gesetzgebung reagieren zu können und mögliche Risiken abzuwenden, gibt es für Unternehmen einiges zu tun: Zuerst ist es wichtig, zu analysieren, ob und wie die neuen Vorschriften für ein Unternehmen relevant sind.

Angesichts der Dringlichkeit und des öffentlichen Drucks sollte ein Unternehmen im Zweifelsfall davon ausgehen, dass es betroffen ist. Auch wer nicht direkt unter die Anforderungen fällt, wird unter Umständen indirekt von Abnehmerinnen und Kunden zur Einhaltung der Sorgfaltspflichten oder zur Offenlegung von Informationen getrieben, da diese die Anforderungen in ihren Lieferketten sicherstellen müssen. Jetzt rasch umfassend zu handeln, gibt Firmen die Möglichkeit, ihre Handlungsfreiheit zu bewahren. Vorausschauende Unternehmen sehen darin mehr Chancen zur Stärkung des Vertrauens aller wichtigen Anspruchsgruppen und des Geschäfts an sich als eine mühsame Pflicht.

Für einige Unternehmen stellen sich gar existenzielle Fragen, für die meisten wirken sich die neuen Verpflichtungen auf Strategie, Betrieb, Beschaffung, Produktion und Finanzen aus – also auf das gesamte Unternehmen. Diese Fragen müssen in die strategische Planung integriert und dann auch überwacht werden.

Die ganze ESG-Thematik ist kompliziert und die Regulierungen dazu ändern sich laufend. Daher ist es wichtig, interne Talente auszubilden und zu halten, und diese mit externen Expertinnen und Experten für technische und zeitkritische Fragen zu kombinieren. Obwohl die Beweislast etwas geändert wurde und die Unternehmen nur noch darlegen müssen, wie sie ihre Sorgfaltspflichten wahrnehmen, um Verstösse zu verhindern, gehen die allgemeinen Erwartungen trotzdem darüber hinaus.

 

Als Schlüsselprojekt betrachten

Unternehmen sollten einen oder mehrere Verantwortliche klar definieren, Pflichtenhefte erstellen und eine Governance-Struktur etablieren. Weiter braucht es eine Diagnose der rechtlichen Verpflichtungen, Risiken und Auswirkungen und eine Definition der Ziele und Ambitionen. Es ist auch wichtig, rasch Erfahrungen zu sammeln mit technischen Lösungen auf dem Markt für das Reporting und darüber, welche Tools und Systeme implementiert werden können. Es braucht einen klaren Plan mit den wichtigsten Meilensteinen. Interne Richtlinien müssen angepasst und Lieferketten allenfalls verändert werden. Unternehmen sollten die Vorbereitungen auf das ESG-Reporting als ein Schlüsselprojekt definieren und der Geschäftsleitung entsprechende Ziele setzen.

Die korrekte Umsetzung von ESG-Massnahmen und die Etablierung von Transparenz ist entscheidend für die rechtliche Compliance, den langfristigen Erfolg von Unternehmen und deren Markenimage. Unternehmen sollten jetzt handeln, um den regulatorischen Herausforderungen gerecht zu werden und ihr Geschäft langfristig zu sichern.