Statt mit erheblichem Aufwand den Ausstoss von CO₂ zu reduzieren, könnte man doch versuchen, das bereits in der Atmosphäre vorhandene CO₂ einzufangen und zu entsorgen. Exakt diese Idee hatten Christoph Gebald und Jan Wurzbacher. Die beiden haben sich während ihres Maschinenbaustudiums an der ETH Zürich und der anschliessenden Promotion mit Technologien zur chemischen und physikalischen Entfernung von CO₂ aus der Umgebungsluft im Labormassstab befasst. Im November 2009 gründeten die beiden die Firma Climeworks AG als Spin-off der ETH Zürich. Mit der von ihnen entwickelten Direct-Air-Capture-(DAC-)Technologie kann CO₂ aus der Umgebungsluft gefiltert werden. Dabei wird die Umgebungsluft von einem Kollektor angesaugt und durch einen Filter geblasen, der die Kohlenstoffdioxidpartikel einfängt. Ist der Filter vollständig mit CO₂-Molekülen gefüllt, wird er auf 100 Grad erhitzt. Dadurch gibt der Filter das CO₂ frei und die CO₂-Moleküle können eingesammelt und entweder einer weiteren Verwendung zugeführt oder im Untergrund gespeichert werden.

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Im Mai 2017 eröffnete Climeworks im zürcherischen Hinwil eine erste kommerzielle Anlage zur CO₂-Filterung aus der Luft. Die jährlich rund 900 Tonnen CO₂ wurden zum einen als Gas einem Gewächshausbetreiber zur Verwendung als Dünger zugeleitet, zum anderen an Coca-Cola Schweiz geliefert, um das Walser-Mineralwasser mit CO₂ anzureichern. Im Oktober 2022 wurde der Betrieb in Hinwil eingestellt.

In Island realisierte Climeworks neben einem Geothermiekraftwerk die CO₂ Speicheranlage Orca, die seit Herbst 2021 in Betrieb steht. In dieser Anlage können der Luft jährlich rund 4000 Tonnen CO₂ entzogen werden. Anschliessend wird das CO₂ durch die Partnerfirma Carbfix mit Wasser gemischt und in unterirdische Basalt-Fels-Formationen injiziert. Dort kristallisiert das CO₂ und wird durch die Karbonisierung im Stein gebunden und bleibt darin definitiv eingeschlossen. Der für dieses Verfahren benötigte Strom wird klimaneutral vom Geothermiekraftwerk geliefert.

 

Projekte in Kanada

Im Juni 2022 legte Climeworks in Island den Grundstein für eine zweite Anlage. Die «Mammoth»-Anlage soll das Neunfache der Orca-Anlage aus der Luft filtern und beweisen, dass das Unternehmen mit der Direct-Air-Capture-and-Storage-(DAC+S-)Technologie dank der Skalierung des Verfahrens bis zum Jahr 2030 Megatonnen und bis zum Jahr 2050 Gigatonnen an CO₂ endlagern kann. Climeworks hat im Weiteren mit der kanadischen Firma Deep Sky vereinbart, die Entwicklung gross angelegter DAC+S-Projekte in Kanada voranzutreiben. Kanada stellt einen strategischen Standort für den Einsatz der geologischen Speicherung von CO₂ dar. Das US-amerikanische Energieministerium (DOE) stellt bis zu 1,2 Milliarden Dollar bereit, um zwei Grossprojekte zur direkten Luftabscheidung und Speicherung von CO₂ voranzutreiben. An einem der Projekte ist auch Climeworks beteiligt.

4000 Tonnen CO2 können der Luft mithilfe der Anlage Orca jährlich entzogen werden.

 

Massgebliche Forscher wie etwa ETH-Professor Reto Knutti halten die Direct-Air-Capture-Technologie für vielversprechend und auch zwingend notwendig, weil es schwierig sein wird, den CO₂-Ausstoss bis zum Jahr 2050 auf null zu bringen. Experten sind überzeugt, dass das DAC-Verfahren Potenzial hat, denn es ist sicher, skalierbar, dauerhaft, messbar und effizient. Das CO₂ kann durch natürliche Prozesse in Stein umgewandelt werden, und es kann überall dort eingesetzt werden, wo erneuerbare Energien und geologische Speicher verfügbar sind.