Das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur (Nature Restoration Law, NRL) ist die jüngste Massnahme der EU zum Schutz ihrer natürlichen Wirtschaft und ihrer langfristigen wirtschaftlichen Tragfähigkeit. Nach Angaben der EU-Umweltagentur befinden sich über 80 Prozent der geschützten natürlichen Lebensräume in Europa, der Brutstätte der Biodiversität, in einem schlechten oder unzureichenden Zustand.
Der Autor
David Thomas, Portfoliomanager der Robeco-Biodiversity-Equities-Strategie
Zwei Drittel der Böden in Europa leiden unter Nährstoff- und Organismenmangel. Europa verzeichnete einen Rückgang von 75 Prozent bei Süsswasserwanderfischen wie dem Lachs. Und über 1,2 Millionen Sperren zerschneiden und zerstückeln ehemals frei fliessende Flüsse, was die Überschwemmungsgefahr erhöht und die Schutzfunktion umliegender Feuchtgebiete schwächt.
Erträge aus Investitionen in die Widerstandsfähigkeit
Die neue Regelung vereint verbindliche, zeitlich begrenzte Ziele für die Wiederherstellung von Lebensräumen und Arten auf mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresflächen der EU bis 2030. Die Vorhaben werden mit einer anfänglichen Finanzierung in der Höhe von 100 Milliarden Euro unterstützt, um die Zielerreichung zu fördern und Unternehmen zu innovativen, nachhaltigen Produkten und Geschäftsmodellen anzuregen.
Das NRL gehört zu einer Reihe von EU-Gesetzen, die vor kurzem verabschiedet wurden, um den Verlust der biologischen Vielfalt aufzuhalten und gleichzeitig erhebliche Investitionen in die Natur und die Biodiversität zu mobilisieren. Für jeden investierten Euro liegt die geschätzte Rendite zwischen 4 und 38 Euro. Diese beeindruckende Rendite unterstreicht die wirtschaftliche Tragfähigkeit von Renaturierungsmassnahmen und ist ein überzeugendes Argument für Unternehmen, sich an ökologischen Initiativen zu beteiligen.
Die offensichtlichen Gewinner des Gesetzes werden Anbieter von Umweltdienstleistungen wie Boden- und Wasseruntersuchungen und -sanierungen sein, aber auch das Recycling, die nachhaltige Forstwirtschaft sowie Unternehmen, die zertifizierte biologische Materialien für Gebäude, Infrastruktur und Industrie herstellen. Durch die Fokussierung auf diese Bereiche werden jedoch die Bemühungen und Auswirkungen einer Vielzahl von Unternehmen übersehen, die den Übergang zu einer biodiversitätsfreundlicheren Produktion und Nutzung vorantreiben. Diese Unternehmen finden sich in der gesamten Weltwirtschaft – der Bereich erstreckt sich von Lebensmitteln, Getränken und Fischerei über Gesundheits- und Körperpflege bis hin zu Schuhen, Kleidung und Möbeln. Auch wenn die Endprodukte von Menschenhand hergestellt werden, ist die Natur immer noch ein wichtiger Bestandteil des Prozesses.
Solide rechtliche und kommerzielle Unterstützung
Die Inhalte und Ziele des NRL zeigen, dass der Naturschutz Hand in Hand mit dem Schutz der langfristigen Lebensfähigkeit der EU-Unternehmen und der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten geht. Führende Vertreter der EU-Wirtschaft waren nicht nur frühe Befürworter, als die Renaturierung zum ersten Mal vorgeschlagen wurde, sondern verteidigten sie auch, als die Gespräche zwischen den Gesetzgebern ins Stocken gerieten. Das Renaturierungsgesetz wurde geschickt entwickelt, um als Wirtschaftsmotor zu dienen, der den «Green Deal» der EU für die Umstellung ihrer Wirtschaftszweige auf Netto-null-Emissionen bis 2050 unterstützen wird.
Unternehmen, die sich frühzeitig an den neuen Zielen orientieren, werden nicht nur negative Auswirkungen auf die Regulierung und ihren Ruf vermeiden, sondern auch bei der Umstellung der Volkswirtschaften auf nachhaltige Wirtschaftsmodelle an vorderster Front stehen und somit gut positioniert sein, um wirtschaftliche Vorteile zu erzielen.