Betreiber von elektrisch angetriebenen Sattelschleppern sind mit drei Herausforderungen konfrontiert: Reichweite des Fahrzeugs, Ladezeit und Ladeinfrastruktur. In den bisher auf den Markt gelangten E-Sattelzugnutzfahrzeugen befindet sich die Batterie im Zugfahrzeug. Je weiter man unterwegs sein will, desto grösser muss auch die Batterie sein. Um diese aufzuladen, muss die Sattelzugmaschine für eine gewisse Zeit an die Ladestation.

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Das im Jahr 2021 gegründete Schweizer Startup Alligator AG in Rotkreuz stellte sich die Frage: Muss die Batterie unbedingt im Zugfahrzeug sein, oder könnte man die Batterien nicht auch im Auflieger unterbringen? Die beiden Gründer Michael und Damian Schacher sind derzeit daran, diese Vision in die Tat umzusetzen. 

 

Laden beim Be- und Entladen

Die Idee, die Batterien im Auflieger unterzubringen, bietet verschiedene Vorteile. Das Zugfahrzeug bringt den Auflieger ins Logistikzentrum zum Be- oder Entladen. In dieser Zeit können die Batterien im Auflieger aufgeladen werden. Das Zugfahrzeug übernimmt einen neuen Auflieger für die nächste Fahrt und muss nicht selbst an die Ladestation. Die Batterie in der Zugmaschine ist damit nicht mehr allein für die Reichweite zuständig. Mit dem Ankoppeln von zusätzlicher Reichweite durch den Auflieger kann die Batteriekapazität im Zugfahrzeug reduziert werden, was eine zusätzliche Nutzlast ermöglicht. Zudem kann wertvolle Zeit eingespart werden.

Allerdings bedingt dieses Verfahren eine direkte Verbindung zwischen dem Zugfahrzeug und dem Auflieger, damit der Strom zwischen den beiden fliessen kann. Damit dieser auch wirklich fliessen kann, soll nicht mehr auf Kabel oder Schläuche gesetzt werden, sondern auf einen Stecker: «Dieser wird an der Unterseite beim Auflieger platziert und ist drehbar um den Königszapfen gelagert», erklärt Michael Schacher, Geschäftsführer und Co-Founder von Alligator. Alle Leitungen am Auflieger würden bis zu dieser Buchse gezogen. «Beim Aufsatteln werden Stecker und Buchse miteinander verbunden, wodurch die Leitungsverbindung steht.»

Mit dieser Verbindung können auch «Befehle» aus der Kabine des Zugfahrzeuges bis ans Ende der Kombination übertragen werden. «Mit unserer Technologie können neben der Hochvoltverbindung auch die konventionellen Signale wie Blinker, Bremslicht, Video und so weiter zwischen Auflieger und Zugfahrzeug übertragen werden. Das manuelle Verbinden der Kabel und Schläuche für Bremsen und Lichter entfällt damit. Diese Lösung ist weltweit einzigartig, da sie erstmals das Verbinden von Hochvoltleitungen an Sattelzugmaschinen technisch löst», unterstreicht Michael Schacher. Darüber hinaus werden alle anderen Energiearten wie das Bordnetz, Signale und Pneumatik über die Schnittstelle übertragen.

 

Neue Übertragungslösung

Die vollständig automatisierte Verbindung der gesamten Energieschnittstelle bietet nicht nur wirtschaftliche Vorteile, sondern schafft auch eine wesentliche Grundlage für das komplett autonome Rangieren von Sattelaufliegern. In der Welt der elektrisch angetriebenen Fahrzeuge existiert neben dem herkömmlichen 24V Bordnetz ein 800V Netzwerk für die Antriebssysteme. Aktuelle Technologien zur Energieübertragung zwischen Zugfahrzeug und Auflieger sind derzeit allerdings nicht in der Lage, wenn es um die Übertragung der erforderlichen Spannungen und Ströme in diesem Netzwerk geht. Die durch vier Patente geschützte Technologie von Alligator präsentiert eine vollständig neue Lösung für diese Herausforderung. Weltweit ist dies nach den Worten von Michael Schacher die erste Lösung, die den speziellen Anforderungen der E-Mobilität gerecht wird. Mittlerweile wurde ein Prototyp fertiggestellt, der auch schon einige Testfahrten auf Schweizer Strassen absolvierte. 

Aktuell arbeitet die Alligator AG an der Planung eines wegweisenden Pilotprojektes, mit dem die innovative Hochvolt-Schnittstelle unter realen Einsatzbedingungen getestet wird. Zugleich ist man auf der Suche nach Investoren für die Finanzierung und ein Logistikunternehmen für die Durchführung. Für Michael Schacher ist eines klar: «Mobilität wird auf mehreren Technologien basieren – und vielleicht auch auf unseren Ansatz setzen.»