Trotz steigender Zinsen zeigte der Markt für Renditeimmobilien bis zum Ende des letzten Jahres eine beeindruckende Robustheit. Aktuell weisen jedoch Indizes, die alle auf den Transaktionspreisen von Wohnrenditeobjekten basieren, unterschiedliche Tendenzen auf. Während der Index von Fahrländer Partner einen Preisrückgang von über 6 Prozent allein im ersten Quartal dieses Jahres und einen Rückgang von über 12 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal verzeichnet, weist der Index von Iazi weiterhin einen Aufwärtstrend auf, und der von Wüest Partner stagniert beziehungsweise zeigt nur einen minimalen Rückgang.
Der Autor
Burak Er, Head Research Avobis Group AG, Zürich.
Steigende Ankaufsrenditen und Mieten
Angesichts dieser unterschiedlichen Entwicklungen stellt sich die zentrale Frage: Stehen wir kurz vor einer signifikanten Marktkorrektur, hat diese bereits unbemerkt begonnen – oder handelt es sich bei der aktuellen Preisentwicklung lediglich um eine Anomalie? Die Aussagekraft von Indizes hängt immer von den zugrunde liegenden Daten und Analysemethoden ab. Ihre statistische Natur lässt Raum für vielfältige Interpretationen. Eine isolierte Betrachtung der Preisindizes kann daher trügerisch sein, und es empfiehlt sich eine vertiefte Analyse der Marktdynamik.
Diese Analyse deutet aktuell eher auf temporäre Unruhen als auf einen kontinuierlichen Preisverfall hin. Je nach Datenbasis sind die Ankaufsrenditen für Wohn- und Geschäftsimmobilien in der zweiten Jahreshälfte 2022 um durchschnittlich etwa 40 bis 50 Basispunkte gestiegen. Dieser – verglichen mit der Entwicklung der langfristigen nominalen Anleiherenditen – moderate Anstieg ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass der aktuelle Zinszyklus inflationsbedingt ist und den langfristigen Gleichgewichtszinssatz nicht beeinflusst. Der Gleichgewichtszinssatz ist jener Zinssatz, bei dem die Wirtschaft ihr volles Potenzial ausschöpft und die Inflation stabil ist. Dieser wird von Faktoren wie dem demografischen Wandel, Wirtschaftswachstum und technologischen Veränderungen beeinflusst.
Die höhere erwartete Nominalrendite im aktuellen Marktumfeld kann in der mittleren Frist durch Mietanpassungen erzielt werden, ohne eine starke Preiskorrektur herbeizuführen. Die Angebotsmieten sind bereits im letzten Jahr um etwa 2 Prozent gestiegen, und für das laufende Jahr wird ein noch grösserer Anstieg erwartet. Mit der prognostizierten Anpassung des hypothekarischen Referenzzinssatzes ab Mitte des Jahres sollten auch die Bestandsmieten ansteigen. Ein Anstieg der Mietpreise für Wohnimmobilien von bis zu 20 Prozent in den nächsten Jahren ist ein realistisches Szenario, das den theoretischen Wertverlust durch den Anstieg der Ankaufsrenditen kompensieren würde.
Seit 2022 ist ein leichter Rückgang des Transaktionsvolumens für Renditeimmobilien erkennbar, da die Preisvorstellungen von Käuferinnen und Verkäufern stärker auseinanderliegen. Die Käuferinnen versuchen, die aktuelle Marktlage für günstigere Preisverhandlungen zu nutzen, während die Verkäufer einen langfristigen Blickwinkel einnehmen. Dies führt zu längeren Suchzeiten für den passenden Transaktionspartner, da die Käuferinnen mit zunehmender Vorsicht vorgehen. Die Änderungen im Angebot sind noch deutlicher. Mit der abgeflachten Zinskurve spüren nun auch Saronhypothekarnehmende den vollständigen Zinsanstieg. Dies kann bei einigen Portfolios zu Liquiditätsproblemen führen, da eine sofortige Anpassung der Erträge schwierig ist.
Aus diesem Grund werden einzelne, spezifische Objekte im Zuge der aktuellen Unsicherheit zur Liquiditätssicherung veräussert und eine Anpassung der Fremdfinanzierungsquote wird vorgenommen. Gleichzeitig wird die Immobilienbranche zunehmend nachhaltig. Immobilien mit Mängeln kommen vermehrt auf den Markt, während erstklassige Objekte rar sind. Besonders sanierungsbedürftige oder nicht sanierbare Gebäude riskieren, zu «stranded assets» zu werden und erhebliche Preisnachlässe zu erfahren. Dies bestätigt sich durch die qualitätsbereinigten, niedrigeren Ankaufsrenditen, insbesondere bei Wohnimmobilien. In diesem Kontext wird die Marktstrategie neu bewertet, was zu Portfolioumschichtungen führt. Dies kann zu einem erhöhten Angebot und dadurch zu Preisschwankungen auf dem Immobilienmarkt führen.
Robustheit trotz volatiler Marktsignale
Trotz vorübergehender Unsicherheiten behält der Immobiliensektor seine Attraktivität, besonders für Anlegerinnen und Anleger, die langfristige Erträge anstreben. Faktoren wie rückläufige Bautätigkeiten, steigende Baukosten und regulatorische Hürden sorgen dafür, dass die Nachfrage nicht ausreichend gedeckt wird. Insbesondere bei Wohnrenditeliegenschaften dürften die veränderten Wohnpräferenzen, wie etwa der Wunsch nach mehr Wohnfläche, qualifizierte Einwanderung und die positive Wirtschaftsaktivität, die Verknappung von Wohnraum verschärfen.