Sie funktionieren bereits im Metaverse: Die «smarten Gebäude» beziehungsweise «Smart Buildings» steuern sich selbst und bilden bereits grössere virtuelle Einheiten. Diese werden zukünftig möglicherweise nicht nur untereinander zu kompletten digitalen Welten verbunden, sondern gemäss einigen Prognosen auch mit der realen Welt. «Digitale Zwillinge» bilden dann die virtuellen Eins-zu-eins-Kopien tatsächlich existierender Gebäude und dienen bereits bei der Planung, der Umsetzung, dem Bau und dem Betrieb als Grundlage für die zukünftige Nutzung als Wohnund/oder kommerzielle Immobilien.

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Zurück aus der Zukunft – die Gegenwart nimmt bereits einiges vorweg. Wobei es heute beträchtliche Unterschiede gibt. Laut Peter Staub, Studiengangleiter CAS Digital Real Estate HWZ und Verwaltungsratspräsident Pom+Group, unterscheidet man vier Stufen smarter Gebäude: Auf Stufe 1 werden der aktuelle Betriebszustand und die Vorgänge in der Umwelt durch eingebaute Sensoren und externe Datenquellen erfasst und überwacht. Bei der zweiten Stufe kann aktiv in den laufenden Betrieb eingegriffen werden. Bei Stufe 3 kombiniert man die Stufen 1 und 2 und optimiert dadurch einzelne Funktionen. Und bei Stufe 4 lassen sich alle Stufen kombinieren, wodurch die Fähigkeit zur Selbstdiagnose und -steuerung erreicht wird.

Commercial: Schon ziemlich weit

«Bei der Beurteilung des Reifegrades von smarten Gebäuden ist effektiv die Unterscheidung zwischen gewerblich genutzten Gebäuden und Wohnliegenschaften von grosser Bedeutung», sagt Staub. «Im sogenannten Commercial-Bereich gibt es schon viele Jahre Immobilien, die mit Heizung-Lüftung-Klimasystemen, die eine gute Steuerung der technischen Anlagen ermöglichen, ausgerüstet sind.» In diesem Bereich sieht Staub in erster Linie eine Evolution durch noch modernere und intelligentere Hardund Software, welche die erzeugten Daten zusammen mit anderen Daten, wie beispielsweise Nutzer- oder Umgebungsdaten, nutzt, um die Steuerung zu optimieren, im besten Fall zu automatisieren oder Prognosen zu machen.

Neben dem Einsatz von Sensoren und Aktoren im HLK-Bereich werden diese heute vor allem auch zur Optimierung der Belegung und Raumnutzung eingesetzt. «Wir befinden uns bei vielen Gebäuden schon auf Stufe 3 und suchen den Weg auf Stufe 4», so Staub. Neben diesen fortschrittlichen Immobilien dürfe man aber auch bei Commercial Buildings nicht vergessen, dass noch ein grosser Teil im Schweizer Bestand technologisch rückständig ist und Aufholpotenzial hat.

Wohnliegenschaften: Erst auf Stufe 1

Ein anderes Bild zeigt sich laut Staub bei Wohnliegenschaften, wo sowohl Eigentümer als auch Mieter und Bewirtschafter bisher keine allzu hohen Anforderungen an technologische Unterstützung hatten. Die Verbrauchskosten werden heute noch mehrheitlich über Flächenoder Raumschlüssel auf die Mieter verteilt. «Moderne Gebäude sollten jedoch über individuelle Messsysteme verfügen, welche es einerseits ermöglichen, den Mietern ihre Verbräuche transparent auszuweisen und so einen Anreiz zu schaffen, Energie zu sparen», findet Staub. Eine höhere Datenqualität sei zudem die Voraussetzung, um den CO 2 -Ausstoss zu berechnen und vor allem auch wirksame Absenkpfade festzulegen. «Ich sehe darum die Wohngebäude sehr stark erst auf dem Weg zu Stufe 1.» Einen höheren digitalen Reifegrad haben laut Staub Wohngebäude in den Gebieten Zugang und Schlüsselmanagement sowie «intelligente» Haushaltgeräte.

Energiepreise können einen Anreiz bilden, die Digitalisierung voranzutreiben.


Energiepreise können einen Anreiz bilden, über Stufe 1 hinauszukommen. «Auch hier lohnt sich wieder ein differenzierter Blick, allerdings sind hier die Eigentümerrollen relevant», sagt Staub. Denn institutionelle Eigentümer sehen sich mit zwei relevanten Entwicklungen konfrontiert: Auf der einen Seite nimmt der regulatorische Druck zur Klimaneutralität stetig zu und auf der anderen Seite steigt auch der Druck von indirekten Investoren, welche nicht mehr in «Dreckschleudern» investieren wollen. Bei der öffentlichen Hand kommt der Druck von der Bevölkerung. «Die steigenden Energiepreise bewirken sowohl bei institutionellen als auch öffentlichen Eigentümern, dass massive Investitionen in den Schweizer Gebäudepark fliessen», beobachtet Staub. «Bei privaten Immobilienbesitzern spielen steigende Energiekosten sicher eine gewichtige Rolle bei der Gebäuderenovation. Weitere Faktoren sind in diesem Segment vor allem auch ökologische Überlegungen und die Reduktion der Abhängigkeit beziehungsweise die individuelle Versorgungssicherheit.»

Gemeinsam statt im Alleingang

Oft werden Gebäude isoliert betrachtet und weniger im Kontext grösserer Einheiten, die dann zu smarten Quartieren, Gemeinden und Städten zusammenwachsen könnten. «Das ist effektiv ein grosses Thema und nicht leicht zu lösen», erklärt Peter Staub. «Im privaten Umfeld baut jeder seine eigene Wärme- respektive Energieversorgung und sichert so in erster Linie seine Autonomie.» Zudem sind in einem Quartier die Erneuerungszyklen sehr unterschiedlich und schwer zu koordinieren. Bei Überbauungen von ganzen Arealen stehen laut Staub dagegen die Chancen viel besser und sie würden heute auch oft genutzt, um gemeinsame Lösungen zu suchen und zu realisieren.

«Ich bin davon überzeugt, dass die Immobilienwirtschaft ihre Verantwortung gegenüber unserer Umwelt wahrnehmen muss und auch kann», so Staub weiter. «Wir haben in der Schweiz gute Unternehmen und Technologien, welche entlang eines sinnvollen Pfades dazu beitragen, dass der CO₂-Ausstoss massgeblich gesenkt wird.» Jeder Eigentümer – ob privat oder professionell, ob klein oder gross – müsse in einem ersten Schritt ermitteln, wo er überhaupt steht mit seinen Emissionen und in welchem Zustand sich die Immobilien befinden. «Darauf aufbauend kann er seine Ziele definieren und die Massnahmen festlegen, um diese zu erreichen.»