Mit der Corona-Pandemie brachte das Jahr 2020 insbesondere für die Unternehmensfunktionen Supply Chain, Logistik und Procurement viele Herausforderungen. Vor allem in den Branchen Lebensmittel, Gesundheitsweisen und E-Commerce wurde die strategische Bedeutung dieser Funktionsbereiche rasch überdeutlich und sie erfuhren in der Folge höchste Aufmerksamkeit durch das oberste Management. Das gilt insbesondere für das Supply-Chain-Management, da es durch eine starke Vernetzung mit Forschung und Entwicklung, Zulieferunternehmen, der Produktion wie auch Qualitätssicherung und der IT die Wertschöpfungskette einer Firma wesentlich mitgestaltet.
Im Jahr 2021 dürfte es in den erwähnten Funktionsgebieten zu deutlich mehr Stellenwechseln kommen als im Vorjahr. «Dieses Jahr sind die Menschen zuversichtlich», sagt Burak Cetin, Senior Manager Procurement & Supply Chain bei der Personalberatung Michael Page in Zürich. In vielen Unternehmen und Branchen bedingt die Realisierung einer effizient gesteuerten Supply Chain die umfassende Definition von Prozessen und Arbeitsabläufen. Dadurch entstehen vielfach ganz neue Arbeitsaufgaben und Rollen in den Bereichen Sales & Operations Planning, Integrated Business Planning und End-to-End-Sup-ply-Chain-Optimierung. Entsprechend qualifizierte Fachleute finden zunehmend interessante Entwicklungsmöglichkeiten mit neuen Zukunftsperspektiven.
Neuer Trend Insourcing
Dabei gilt: «Die Supply-Chain-Fachkräfte der Zukunft müssen global denken, um für ihre Unternehmen die wirklich beste Lösung zu finden», so Cetin. Dahinter steht ein teilweiser Paradigmenwechsel bei einem langjährigen Trend der Beschaffung: Beim Outsourcing ist seit Corona die billigste nicht mehr gleichzeitig die beste Lösung, egal wo auf der Welt. Die Havarie des Superfrachters im Suezkanal, allerdings auch die gegenwärtige Knappheit von primär in Taiwan produzierten Computerchips drängen die Firmen zu neuen, resilienteren Konzepten für ihre Beschaffungsprozesse. Die Fachkräfte im Procurement und der Supply Chain müssen nun dazu beitragen, eine stärker regional abgestützte Lösung zu realisieren, die zu einem akzeptablen Preis verfügbar ist. Laut Cetin kommt es deshalb immer öfter zu Insour-cing-Entscheiden.
Blickt man auf die Absatzseite der Unternehmen, prägt der Omnichannel-Trend zahlreiche neue Anforderungen. Das Konsumverhalten hat sich massiv verändert und die Verbraucher möchten schon beim Erwerb eines einfachen T-Shirts gerne mehrere Optionen auf dem Tisch haben, welche den Kaufort, aber auch die Art der Lieferung bis hin zu einer flexiblen und vielseitigen Zustellung umfassen. Diese gegenüber der Kundschaft als Alleinstellungsmerkmal herausgestellte Flexibilität eines Unternehmens führt zu wesentlich komplexeren Strukturen in der Supply Chain. Die konzeptionellen Schlüsselwörter dafür sind Warenverfolgung sowie Bestands- und Lagermanagement in Echtzeit, Reverse Logistics und vor allem eine exzellent ausgeführte Supply Chain Business Intelligence. Zusammen mit dem erwähnten Insourcing-Trend dürfte das in den kommenden Jahren für wesentliche Veränderungen in den Infrastrukturen für Supply Chain und Logistik sorgen.
Gerade für Schweizer KMU wird der internationale Wettbewerb somit anspruchsvoller. Jetzt brauchen die Schweizer KMU wesentlich stärker international geprägte Netzwerke, um konkurrenzfähig zu agieren. Die dafür nötige Expertise schafft auch in kleineren Unternehmen neue Arbeitsplätze für Fachkräfte mit ausgewiesener internationaler Erfahrung. Die Optimierung bestehender Logistiknetzwerke sowie die Neugestaltung von Kundenlieferungsprozessen wird deren Tätigkeit prägen.
Internationale Erfahrung gefragt
Mit der geschärften Wahrnehmung für die hohe operative und strategische Relevanz der Funktionen von Procurement, Supply Chain und Logistik haben diese eine massive Aufwertung in der unternehmensinternen Organisationsstruktur erfahren. «Für Experten ist die Zukunft im Unternehmen gesichert», meint Cetin. Sie würden intern als wesentlich wichtiger angesehen und in den kommenden Jahren dürfte man sie immer häufiger auf dem C-Level finden, beispielsweise als Chief Supply Chain Officer. Die Gehaltsentwicklung sei in den vergangenen Jahren allerdings nicht von starker Aufwärtsdynamik geprägt gewesen, fügt er an. Vor allem mit Blick auf operative Funktionen habe sich die Entlohnung stabilisiert.
Bei der Besetzung offener Positionen erstreckt sich die Suche regelmässig über den Schweizer Markt hinaus. Die spezifischen Anforderungen seien jeweils so differenziert, dass man die angrenzenden Märkte für die Identifizierung geeigneter Kandidaten berücksichtigen müsse. Dabei sind vor allem für strategische Positionen die Suchfristen derzeit länger als noch vor zwei Jahren. Bei internationalen Unternehmen gilt es zudem, eine stichhaltige Begründung für die Ansiedlung der Position in der Schweiz zu liefern. Bei den mehr im operativen Betrieb eingebundenen Tätigkeiten stehen wiederum Sprachkenntnisse im Vordergrund. Bei Michael Page werden regelmässig dreisprachige Fachleute gesucht, die dann auch eine entsprechende Fachkenntnis im jeweiligen Bereich sowie variierende Spezialkenntnisse mitbringen sollen.
Die künftigen Arbeitgeber machen ihre Jobangebote mit mehreren Elementen attraktiv. Sie offerieren nicht nur angemessene Saläre, sondern beispielsweise auch finanzielle Unterstützung bei Weiterbildungen oder ermöglichen das Arbeiten im Homeoffice. Wichtig ist für viele neu engagierte Experten die Perspektive. «Oft wollen sie wissen, was nach drei Jahren für sie geplant ist», berichtet Cetin.