«Formularkrieg» und die damit verbundenen gesetzlichen Regulierungen, Fragen rund um die Daten-Privatsphäre, Fachkräftemangel und unklares Verhältnis Schweiz-EU – die Liste der Sorgen von Klein- und mittelständischen Unternehmen (KMU) ist gemäss dem jüngsten NZZ-KMU-Barometer lang. Auf den hinteren Rängen kommen weitere «Klassiker»: knappe Finanzierungen, steigende Lohnkosten und Verbesserungen der betrieblichen Effizienz. Die Lage vieler KMU erscheint nicht beneidenswert.
«Banken als Partner von KMU müssen daher in den unterschiedlichen Dimensionen der Zusammenarbeit wie beispielsweise Rollenaufteilung, Angebote, Prozesse und Technologie möglichst nach modernsten Standards arbeiten, um die Wettbewerbsfähigkeit und die Effizienz der KMU zu fördern», sagt Bernhard Koye, Gründer und Academic Director des Swiss Next Gen Finance Institute, einem Think-Tank zur Zukunftsfähigkeit der Finanzbranche. In der SNFI/Synpulse-Studie «Embedded Banking 2024» konnte Koye zusammen mit Manuel Thomet aufzeigen, dass Lösungen, die einen wahrnehmbaren Mehrwert schaffen, vom Markt und den Kunden dankbar aufgenommen werden.
Erst verstehen, dann Angebote machen
«KMU agieren in einem anspruchsvollen ökonomischen Umfeld, das eine Vielzahl an Herausforderungen mit sich bringt», beobachtet Kilian Imboden, interimistischer Leiter Payment Solutions bei der Postfinance. Diese reichen von steigenden regulatorischen Anforderungen und Herausforderungen in der Logistik sowie den Lieferketten bis hin zu Fachkräftemangel, höheren Lohnkosten, einem zunehmenden Finanzierungsbedarf und dem damit verbundenen Liquiditätsmanagement. Darüber hinaus setzen sich die KMU mit dem technologischen Wandel – insbesondere der Digitalisierung – und der damit verbundenen Steigerung der betrieblichen Effizienz auseinander.
Für Imboden bildet das tiefgehende Verständnis der spezifischen Situation der KMU den Ausgangspunkt. Umfragen zeigen immer wieder, dass KMU drei zentrale Anliegen hoch gewichten: KMU benötigen zunächst Unterstützung bei der Digitalisierung ihrer Bank- und Zahlungsprozesse. Dies umfasst die Bereiche Rechnungsstellung und Zahlungsabwicklung, das Einkassieren sowohl im stationären Handel als auch im Onlineshop, der Internationalisierung durch Lösungen in den Bereichen Devisengeschäft und mit Liquiditätslösungen. Dazu zählt auch das wachsende Bedürfnis nach nachhaltigen Lösungen und damit insgesamt die Unterstützung der Transformation hin zu digitalen Prozessen. Wichtig sei dabei, dass der Finanzdienstleister die individuelle Situation der KMU genau versteht und ein Angebot bereitstellt, das ihnen Unterstützung im betrieblichen Alltag bietet.
Dann benötigen KMU einen einfachen Zugang zu Bankdienstleistungen und Services. «Customer Journeys müssen möglichst einfach gestaltet sein, mit minimalen Medienbrüchen und Omnichannel-Möglichkeiten, so dass KMU die bevorzugte und effizienteste Interaktionsmöglichkeit wählen können», erklärt Imboden. Eine konsequente Ausrichtung auf die Faktoren «einfach» und «unkompliziert» ist ausschlaggebend für eine vertrauensvolle Kundenbeziehung. Dies beginne beim assistierten Onboarding und setze sich in den einzelnen Customer Journeys fort.
Geld kommt sofort
Und schliesslich sind Beratung und Support zu nennen. Der unkomplizierte Zugang zu Support- und Fachexperten muss jederzeit gewährleistet sein, um eine reibungslose Abwicklung des Tagesgeschäfts sicherzustellen. Dies ist laut Imboden insbesondere im Bereich der Zahlungsabwicklung von grosser Bedeutung, da die Zufriedenheit der Kunden eines KMU direkt davon abhängt. «Unser Ziel ist es, Unternehmen, Händlern und Rechnungsstellern zu helfen, ihre Wertschöpfungskette rund um Zahlungsströme zu optimieren, weiter zu digitalisieren und mit den technologischen Entwicklungen mitzuhalten», so Imboden. Er nennt Schwerpunkte, die man ausbaut beziehungsweise weiterentwickelt. Zunächst die Bereitstellung von Lösungen für die rasche und unkomplizierte Auszahlung bei Geschäftsvorfällen auf der Basis von Sofortzahlungen. Bedarfsgerechte Lösungen und flexible Zahlungsmodelle sollen speziell auf die Anforderungen unterschiedlicher Branchen abgestimmt sein. Dazu prüft Postfinance derzeit zusammen mit Firmenkunden Use-Cases. Dann gibt es eine Weiterentwicklung des Angebots für Händler: KMU, welche eine Lösung für das Einkassieren am Point of Sale benötigen, können einen Akzeptanzvertrag für alle gängigen Zahlungsarten in einem Vertrag abschliessen. Kunden profitieren somit von einer zentralen Ansprechperson für Händler- und Bankdienstleistungen. «Dieses Angebot wird laufend weiterentwickelt, um die «Convenience» für den Händler zu verbessern», so Imboden.
Auch die Rechnungsstellung lässt sich verbessern. Der Grossteil der Rechnungen in der Schweiz wird immer noch nicht vollständig digital, also medienbruchfrei, vom Rechnungssteller an den Rechnungsempfänger übermittelt. «Aus diesem Grund haben wir kürzlich unsere Billing-Lösungen um das Produkt Paper Bill erweitert – wir übernehmen damit auch den Druck und Versand von Papierrechnungen», erklärt Imboden. Und auch hier arbeitet man an der Zukunft. Etwa durch die Verbindung von KI und neuen Zahlungstechnologien entstehen neue, «integrierte» Shoppingerlebnisse, die KMU in ein neues Zeitalter führen und ihre Kunden begeistern», verspricht Imboden. «Erste Anwendungsfälle werden aktuell in Pilotprojekten erprobt.»