Das Rezept der Finanzindustrie ist einleuchtend: Die Anlegenden sollen gezielt in Unternehmen investieren, die sich zu den UNO-Nachhaltigkeitszielen beziehungsweise einer grünen Wirtschaft verpflichtet haben. So einfach das klingen mag, so herausfordernd ist es in der Umsetzung. Die Mobiliar zum Beispiel, die sich in der Versicherungsbranche in einer ökologischen Vorreiterrolle sieht, hat 2020 eine Klimastrategie verabschiedet. Diese fusst auf den drei Pfeilern Reduzieren, Investieren, Sensibilisieren.

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Sich selbst hat das genossenschaftlich verankerte Unternehmen einige Hausaufgaben verpasst mit Massnahmen in den Bereichen Mobilität, Energie, Material und Abfall. Bis 2030 will man die Emissionen im eigenen Betrieb gegenüber 2018 um mindestens die Hälfte reduziert haben. Seine drei Standorte in Bern, Nyon und Zürich beheizt der Konzern heute schon ausschliesslich mit Fern- und Erdwärme sowie mit Biogas. Und Strom bezieht der Versicherer vollumfänglich aus erneuerbaren Energiequellen.

Komplexe Entscheidungsprozesse

Die Erledigung dieser Hausaufgaben ist für die Mobiliar zwar ein wichtiges Puzzleteil innerhalb der Klimastrategie. Eine grössere Hebelwirkung zur Erreichung der 17 UNO-Klimaziele gemäss Agenda 2030 verspricht sich der Berner Versicherer von nachhaltigen Investments. «In unsere Anlageentscheidungsprozesse integrieren wir die ökologischen und gesellschaftlichen Kriterien aus ESG-Ratings und Klimadaten von etablierten ESG-Research- und -Ratingagenturen», erklärt Gisela Jaeggi, Head of Alternative Investments bei der Mobiliar Asset Management. Per Ende 2021 hatte die Mobiliar gemäss der unabhängigen ESG-Ratingagentur Inrate 87 Prozent ihres Fonds- und 71 Prozent ihres Aktien-Portfolios in den nachhaltigen Ratingklassen B- bis A+ investiert.

Um sicherzustellen, dass die grünen Investments die gewünschte Wirkung in der Realwirtschaft erzielen, orientiert sich der Versicherungskonzern am aktuellen Stand der Forschung sowie an Best Practices und den eigenen Erfahrungen. «Es ist zwar nicht einfach, aber umso wichtiger, konkrete Nachhaltigkeitsziele zu definieren und zu evaluieren, welche Möglichkeiten man als Investor hat, um messbare Veränderungen zu erzielen», so Investmentexpertin Jaeggi.

Netto-null-Kurs

Auch die UBS fährt einen strikten Kurs in Richtung Nachhaltigkeit. Die Grossbank zählte 2020 zu den Gründern der Net Zero Asset Managers Initiative und im Jahr darauf der Net-Zero Banking Alliance (NZBA). Im April 2021 veröffentlichte die UBS eine Netto-null-Verpflichtung, mit der sie ihr Engagement für Klimaschutz bekräftigte. Bis 2050 will der Konzern über all seine Aktivitäten hinweg 100-prozentig klimaneutral unterwegs sein. «Zur Erreichung dieses Ziels haben wir eigens eine Taskforce auf die Beine gestellt», erklärt Christian Leitz, Leiter Corporate Responsibility bei der UBS.

Welche Taten die gestarteten Initiativen mittlerweile bei der Bank ausgelöst haben, lässt sich im Nachhaltigkeitsbericht 2021 verfolgen. So wurden in jenem Jahr rund 275 Milliarden Dollar in nachhaltige Anlagen investiert. Das waren 78 Prozent mehr als im Vorjahr. Ausserdem wurden rund 70 Prozent der neuen Mandate im Personal Banking auf Green Investments ausgerichtet. Die UBS wird mittlerweile für ihre grüne Anlagepolitik von verschiedener Seite gelobt. Zum Beispiel wird sie im Nachhaltigkeitsrating von MSCI mit AA benotet.

Die Zahlen der UBS und der Mobiliar verdeutlichen eindrücklich, dass die Transformation des Finanzsystems in Richtung Nachhaltigkeit voll im Gange ist. Ein Geheimnis bleibt allerdings, ob die reale Wirtschaft das Tempo, mit dem die Anlagespezialisten ihre Investitionen derzeit umschichten, überhaupt verkraftet. Die grüne Transformation kann ja nicht einfach per Knopfdruck umgesetzt werden. Kaum schlüssig beantworten lässt sich derzeit die entscheidende Frage, was die nachhaltigen Anlagen in der realen Wirtschaft tatsächlich bewirken.

Die Frage ist, was die nachhaltigen Anlagen in der realen Wirtschaft bewirken.

 

Die Mobiliar verspricht sich am meisten Impact von sogenannten aktiven Ansätzen. «Wir üben mit unserem Stimmrecht eine direkte Einflussnahme aus, um so bei den Unternehmen eine Verhaltensänderung zu initiieren», sagt Jaeggi. Ausserdem setzt der Versicherer auf ein langfristiges Engagement, bei dem er die Unternehmen bei der Transformation intensiv begleitet. «Um unsere Nachhaltigkeitsziele durchzusetzen, stehen wir unter anderem über den Schweizer Verein für verantwortungsbewusste Kapitalanlagen (SVVK) mit den investierten Unternehmen im regelmässigen Dialog», betont Jaeggi weiter.

Ähnlich tönt es bei der UBS, die ihre nachhaltigen Investitionen ebenfalls darauf abzielt, in der Realwirtschaft möglichst viel zu bewirken, ohne auf wettbewerbsfähige finanzielle Erträge zu verzichten. Die Bank versucht den Spagat zwischen Profitabilität und Ökologie. Um das Verhalten der Unternehmen entscheidend zu beeinflussen, legt die UBS gemäss Leitz grossen Wert auf die sogenannte Stewardship. Die Bank als Investorin und aktive Miteigentümerin pflegt also einen intensiven Dialog mit den Unternehmen und versucht, deren Entwicklung in die gewünschte Richtung zu lenken. Darüber hinaus bietet die UBS nachhaltige Finanz- und Beratungsdienstleistungen für Firmen, die einen Beitrag zum Klimaschutz leisten und/oder sich im Übergang zu einer nachhaltigeren und kreislauforientierten Wirtschaft befinden. Dazu gehören beispielsweise Betriebe in den Sektoren Solarenergie, Windenergie, Wasserkraft, Energieeffizienz, Transport, Abfallwirtschaft und Biokraftstoffe.

Ein Hebel unter vielen

Jaeggi und Leitz sind sich einig, dass es die Banken und Versicherer letztlich nicht im Alleingang richten können. «Die Finanzindustrie ist lediglich eines von vielen Zahnrädern, welche ineinandergreifen müssen, damit auf gesellschaftlicher Ebene die notwendigen Veränderungen stattfinden», gibt Jaeggi zu bedenken. Der realwirtschaftliche Einfluss der grünen Investitionen sei mit Ausnahme von sogenannten Impact Investments meistens doch nur indirekter Natur. Sie wünscht sich für die Zukunft ein wirtschaftliches und regulatorisches Umfeld, das nachhaltige Geschäftsmodelle finanziell interessanter macht. Die UBS arbeitet mit Experten und Branchenverbänden in einem Ökosystem zusammen, das stetig ausgebaut wird. «Nun sind Bekenntnisse und Umsetzungspläne aller Akteure aus Wirtschaft und Gesellschaft gefordert», so Leitz.