Von Galileo Galilei ist das Zitat überliefert: «Messen, was messbar ist, und messbar machen, was noch nicht messbar ist.» Nach diesem Grundsatz entwickelt das Unternehmen Heliotis seine Bildsensoren. Solche Sensoren werden für die Qualitätskontrolle in bestimmten Bereichen der Industrie benötigt, in denen das menschliche Auge bei weitem nicht mehr ausreichen würde, um Qualitätsmängel festzustellen. «Für stabile Herstellungsprozesse braucht es vermehrt quantitatives Feedback direkt in der Linie», sagt Heliotis-CEO Rudolf Moosburger. «Traditionelle Sichtprüfungen oder Stichprobenprüfungen erweisen sich zunehmend als zu ungenau und/oder zu langsam.
Hervorgegangen ist Heliotis aus Grundlagenforschungen an der EPF Lausanne, der Universität Neuenburg sowie aus Forschungsprojekten am CSEM Zürich, welche in den 2000er Jahren von der Albert Koechlin Stiftung (AKS) finanziert wurden. Auf Wunsch dieser Luzerner Stiftung hat Heliotis ihren Firmensitz seit 2008 in Root LU und Hightech-Arbeitsplätze in die Region gebracht.
Der Markteintritt mit Bildsensoren gelang 2005 in der Uhrenindustrie, inzwischen beliefert man mit Geräten der vierten Generation Hightech-Firmen der Medtech- sowie der Autoindustrie. Alles, was die Firma ausliefert, ist selbst entwickelt und gebaut. Und die Produkte werden benötigt. «Zunehmend werden 100 Prozent der Produkte geprüft», sagt Moosburger weiter. «Dies ist insbesondere deshalb notwendig, weil die Endprodukte aus immer mehr Komponenten bestehen.» Mit der Zahl der Komponenten steigt auch die Fehlerwahrscheinlichkeit – und dem kann nur mit höherer Qualität der Einzelkomponenten entgegnet werden. Auch die Qualitätsansprüche der Endverbraucher stiegen ständig.
Kaum Toleranzen beim Zahnarzt
In der Unterhaltungselektronik, einer der wichtigen Abnehmer, gehe es um hohe Stückzahlen und ausgeprägtem Innovationsdruck. «Die Herstellungsprozesse gehen oft an die Grenze des technisch Machbaren, was nur mittels präziser Prozesskontrolle gewährleistet werden kann», so Moosburger weiter. «Zum Beispiel wären die neusten Display-Technologien allenfalls als Prototypen realisierbar, gäbe es keine adäquate Inline-Messtechnik für eine wirtschaftliche Produktion.» Hier ist Heliotis zusammen mit OEM-Maschinenbauern engagiert.
Generell seien die Qualitätsstandards in der Automotive-Branche recht hoch, die Anwendungen für die 3D-Messtechnik von Heliotis recht breit. «So inspizieren Heliotis’ 3D-Sensoren sicherheitsrelevante Sensoren, wie beispielsweise Airbag-Sensoren, helfen dabei, effizientere Dieseleinspritzdüsen zu produzieren und neue Aufbautechniken für die Leistungselektronik von Elektrofahrzeugen sicher herstellen zu können», beschreibt Moosburger die Nutzung der Sensorentechnologie. «Und in der Medizinaltechnik werden unsere Sensoren beispielsweise zur Kontrolle von Schweissnähten von Herzschrittmachern, von Mikrofluidik-Analyseplatten oder der Oberflächenbeschaffenheit von Implantaten eingesetzt.» Und auch beim Zahnarzt gibt es Bildsensoren von Heliotis.
Nicht nur Ausschuss spielt eine Rolle, sondern auch das Risiko von Rückrufaktionen.
Spätestens hier liesse sich argumentieren, dass Hightech-Firmen ihre Produktion noch präziser machen könnten – dann wären die Hightech-Prüfverfahren nicht mehr erforderlich. «Selbstverständlich spielen hier auch die Grenzkosten-/ Nutzen-Überlegungen eine entscheidende Rolle», sagt Moosburger. «Auf der Aufwandsseite spielt dabei nicht nur Ausschuss eine Rolle, sondern auch das Risiko von teuren oder existenzbedrohenden Rückrufaktionen sowie des schwer messbaren Imageverlusts.»
Die Produktion ist ein dynamisches System: Nicht nur die Vorprodukte unterscheiden sich in ihren Eigenschaften, auch die Anlagen selbst verändern sich über die Zeit. Die Produktionsprozesse werden dabei quantitativ mittels der sogenannten statistischen Prozesskontrolle stabilisiert, das heisst, einem Weglaufen der Prozessparameter wird entgegengewirkt, noch bevor Ausschuss produziert wird», beschreibt Moosburger dieses Wechselspiel. Das Thema der Vernetzung von Maschinen untereinander – auf der Basis des brancheneigenen OPC-UA-Standards – werde ebenfalls relevanter.
Und es zeichnen sich weitere neue Anwendungen ab. «Beispielsweise kann die hochpräzise 3D-Messtechnik die ‹Haptik› von Computermäusen und anderen Gebrauchsoberflächen charakterisieren – eine Voraussetzung für die reproduzierbare Herstellung», sagt Moosburger. Funktionale Eigenschaften wie Haftung oder Wasser-/Schmutzabweisung können so quantitativ bestimmt werden. «In einem unserer jüngsten Forschungsprojekte ging es um Schiffsschrauben», so Moosburger. «Diese wurden mittels Laserstrukturierung behandelt, um Ablagerungen von Muscheln und Algen zu verhindern – letztendlich um den Kraftstoffverbrauch von Frachtschiffen zu senken.» Und an Universitäten und in Forschungseinrichtungen nutzt man die speziellen Kameratechnologien für teilweise völlig neue Anwendungen, etwa zur Analyse von Materialeigenschaften.