Die 1950 innerhalb von wenigen Tagen in Basel geborenen Jacques Herzog und Pierre de Meuron haben eine lange gemeinsame Reise hinter sich: Primarschule, Architekturstudium in Zürich, erste Bürogemeinschaft an der Rittergasse in Basel und 1989 sogar eine gemeinsame Gastprofessur an der Harvard University. In London bauten sie später die Tate Gallery of Modern Art um, entwarfen die Allianz Arena in München und planten für die Olympischen Spiele 2008 das Nationalstadion in Peking. Ebenso ikonische Werke wurden die Elbphilharmonie in Hamburg oder die israelische Nationalbibliothek in Jerusalem.

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Scheinbar eine völlig andere Welt

25 Kilometer südlich des Vierwaldstättersees liegt, auf rund 1000 Metern über dem Meer, ein weites, von einer kraftvollen Bergwelt dominiertes Hochtal. Dort liegt Engelberg mit seinen 4600 Einwohnerinnen und Einwohnern. Das Dorf hat seinen urigen Charakter erhalten, wobei das im Jahr 1120 gegründete Benediktinerkloster visuell und geschichtlich dominiert. Zeitzeugen sind auch die verbliebenen Häuser aus der Belle Epoque – mit ihrer ganz besonderen Architektur. Es ist nicht erwiesen, ob die beiden Basler Architekten deshalb ihren Weg nach Engelberg gefunden haben. Aber jetzt sind sie auf ihrer architektonischen Weltreise im Engelberger Tal angekommen.

Ihr dortiges «Projekt Titlis» wird die Zentralschweizer Destination noch stärker als Top-Ten-Skigebiet der Schweiz bestätigen. Und zudem das Dienstleistungsangebot bei der Betreuung von ausländischen Reisegruppen erweitern. Im Zentrum der Ereignisse steht der 3239 Meter hohe Gletscher- und Hausberg Titlis. Im Winter als abwechslungsreiches Ski- und Freeride-Gebiet bekannt, im Sommer als Paradies für das Wandern, Bergsteigen, Klettern und Biken. Infrastrukturell haben in den vergangenen Jahren vor allem die Drehseilbahn Rotair und die Hängebrücke Titlis Cliff Walk für Aufmerksamkeit gesorgt.

Nun haben sich die beiden Architekten auf dem Titlis umgesehen und eingefühlt und wollen dort die nächste Generation einläuten: Bis 2029 sollen auf dem Titlis eine neue Bergstation und ein futuristischer Aussichtsturm entstehen. Herzog & de Meuron bezeichnen es als neuen «Leuchtturm» für den Schweizer Tourismus. Dabei wollen sie die ökologische Nachhaltigkeit der Berginfrastruktur massiv verbessern und gleichzeitig neue Möglichkeiten für Gastronomie und Events gestalten.

Titlis Connect

Als erster Schritt erfolgt Anfang 2025 die Eröffnung einer einspurigen Pendelbahn zwischen Stand und Titlis. Die sogenannte Titlis Connect kommt vorerst nur für Materialtransport sowie bei allfälligen Notfällen zum Einsatz. Ab 2026 erlaubt Titlis Connect dann das Erreichen des Gipfels an 365 Tagen im Jahr, also auch während der jährlichen Revisionswochen der Rotair. Wobei die Bergstation der Titlis Connect siebzig Meter tiefer liegt als jene der Rotair; die beiden Gebäude sind jedoch über einen Stollen verbunden.

Der neue Titlis Tower soll dann im Frühling 2026 eröffnen, wobei die alte, aus dem Jahr 1980 stammende Stahlkonstruktion der Schweizerischen Post integriert wird. Herzog & de Meuron wollen den imposanten Industriebau in eine futuristische und ikonische Figur umgestalten. Darin werden sich unter anderem ein Restaurant, eine Bar und grosszügige Ausstellungsflächen befinden. Dazu gibt es eine Aussichtsterrasse, die auf über 3000 Metern eine unvergleichliche Sicht auf den Gletscher und das Bergpanorama bietet. In der letzten Etappe wird dann die neue Titlis Peak Station erstellt, sie ersetzt die bestehenden Gebäude aus den 1960er-Jahren. Hier werden dann Geschäfte und weitere 600 Restaurantplätze angeboten. Dazu kommt ein Panoramaweg Richtung Westseite des Gipfels.

Wirtschaftliche Bedeutung

Das nun geplante Investitionsvolumen beträgt 150 Millionen Franken und soll eine substanzielle regionale Wertschöpfung auslösen. Dies im Interesse nicht nur der Menschen und Unternehmen im Engelbergertal, sondern der ganzen Zentralschweiz. Das mehrjährige Projekt soll jedoch nicht nur architektonisch überzeugen, sondern auch Verbesserungen der ökologischen Nachhaltigkeit auslösen. Wie die Architekten berichten, soll der Wärmebedarf von heute, trotz 85 Prozent mehr Nutzfläche, um rund die Hälfte reduziert werden können. Zudem sollen die CO2- und Feinstaubemissionen um 98 Prozent reduziert und, so die Planungen, der Energiebedarf von umgerechnet 40 auf 3 Einfamilienhäuser verringert werden.

Mit diesem Projekt kommen Jacques Herzog und Pierre de Meuron auf ihrer Weltreise nach Engelberg also nicht in einem veralteten Bergdorf an, sondern richten sich hier tatsächlich in einem modernen urbanen Umfeld ein.

www.titlis.ch