Sie erblickte inmitten des Ersten Weltkrieges das Licht der Welt, wurde als Hommage an einen Armeepanzer entworfen und nach einem ebensolchen benannt – zugegeben, die Geburtsurkunde der Cartier Tank liest sich weitaus dramatischer, als man es von einer so eleganten Uhr erwarten würde. Man schrieb das Jahr 1917, als Louis Cartier, Sohn von Firmengründer Louis-François Cartier, die ersten Prototypen entwarf und sie John J. Pershing und einigen seiner wichtigsten Offiziere überreichte: Der US-General und Befehlshaber der amerikanischen Expeditionsstreitkräfte verantwortete den Eingriff der amerikanischen Truppen in die Gefechte in Frankreich während des Ersten Weltkriegs. Und unter seinem Kommando gelang es schliesslich, das Blatt 1918 zu wenden.

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Inmitten des Gefechts – so behauptet es die Legende – soll auch Louis Cartier gestanden haben: An der Westfront war der französische Juwelier und Uhrenmacher umgeben vom historischen Geschehen. Dass es die Armeepanzer – «tank» im Französischen –um ihn herum waren, die ihn zu seiner bekanntesten Uhrenkreation inspirieren würden, scheint in Anbetracht des eleganten Designs heute erstaunlich. Doch tatsächlich waren es die martialischen Fahrzeuge des Typus Renault FT-17, denen er zurück in Paris mit seiner Tank Tribut zollte: Ihr Aussehen mit der unkonventionellen rechteckigen Form sollte an den kleinen, aber mächtigen Panzer aus der Vogelperspektive erinnern. Dass er so den Grundstein für eine Erfolgsgeschichte legte, die mehr als ein Jahrhundert andauern würde, dürfte weder dem Kreateur der Tank bewusst gewesen sein noch ihrem allerersten Träger, General Pershing.

Über die Jahrzehnte hinweg etablierte sich die Cartier Tank, mutierte zum Bestseller, zum Statussymbol, zur Uhrenikone. Sie galt während des 20. Jahrhunderts als Inbegriff der Dresswatch – einem in der Regel puristischen Zeitmesser, der dank seiner klassischen und eleganten Optik einem Schmuckstück gleicht – und war von keiner Cocktailparty der Schönen, Reichen und Mächtigen wegzudenken. Im Verlauf der Jahrzehnte glänzten wenige Uhren so oft an so prominenten Handge-lenken wie die Tank: an dem von Muhammad Ali etwa oder Prinzessin Diana, Truman Capote, Charlotte Rampling, John F. und Jackie Kennedy. Der Pop-Art-Künstler Andy Warhol soll gesagt haben: «Ich trage die Tank nicht, um die Zeit abzulesen, sondern weil es die Uhr ist, die man tragen muss.»

Von einem Tribut an den Panzer zur eleganten Ikone – der Tank ist der Sprung vom Schlachtfeld in die internationale High Society mühelos gelungen. Sie gilt bis heute als Ausnahmeerscheinung unter den Zeitmessern: radikal minimalistisch, unisex – und demokratisch. Im Gegensatz zu anderen Uhrenklassikern ihrer Art war sie nämlich nie überaus teuer. Das war so – und bleibt so. Ein kleines Modell der Tank Must in Edelstahl etwa gibt es heute für weniger als dreitausend Franken, die beliebte Tank Française in zweifarbigem Edelstahl kostet nur knapp mehr als sechstausend Franken. Eine kluge Investition – besonders in Anbetracht dessen, dass die Strahlkraft der Tank noch Generationen überdauern wird.

Obwohl sich die Tank – heute mit den Unterkollektionen Tank Américaine, Tank Française, Tank Louis Cartier, Tank Asymétrique, Tank Cintrée und Tank Must – über die Jahre weiterentwickelt und sich immer dem Look ihrer Ära angepasst hat, ist sie ihrer zeitlosen Linienführung treu geblieben. So führte Cartier 1988 mit der Tank Américaine beispielsweise das erste längen-verstellbare Armband mit der patentierten Cartier-Faltschliesse ein. Und die Jüngste der Familie, die Tank Française, war 1996 die erste mit schickem Metallarmband, das sich in perfekter Harmonie mit dem Gehäuse verband. Gepaart mit den Grundprinzipien Cartiers – Reinheit der Linien, Präzision der Form, Perfektion der Proportionen –, ist die Tank das, was alle anstreben: zeitlos und doch immer dem Zeitgeist entsprechend.

Vielleicht ist es der Mythos um ihre Geschichte, die Modell-vielfalt oder die Tatsache, dass sie zu den am längsten ununterbrochen hergestellten Armbanduhren der Welt gehört, Fakt ist: 2023 ist die Tank mehr als hundert Jahre alt – und dennoch jung wie eh und je.