Im Treppenhaus des alten Einfamilienhäuschens inmitten eines blühenden Gartens fällt der Blick unmittelbar auf eine eigentümliche Maschine mit eingebauter Pauke und Tragriemen. Was das sei, wollen wir wissen. Jean-Vincent Huguenin lacht und antwortet: «Das Ding habe ich mir vor langer Zeit selbst gebaut, als ich noch mit der Gitarre als Strassenmusiker auftrat!» Die aufwendige Eigenkonstruktion mit Hebeln und Tasten, die Klänge erzeugen, sollte sich später als nützlich erweisen. Sie ist aber auch ein Hinweis auf eine Begabung, die zwar nichts mit dem Beruf des Meistergraveurs zu tun hat, aber sehr wohl mit seiner Kreativität: Jean-Vincent Huguenin ist begnadeter Gitarrist und hat sich diese Kunst selbst beigebracht. Er tritt solo oder in Formationen auf, wobei er die Klänge seiner akustischen Gitarre gekonnt mit Elektronik kombiniert oder sein eigenes Spiel mithilfe von Loops begleitet.

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Sein Atelier füllt ein Eckzimmer mit Blick auf den Garten aus. «Hier habe ich zwei Arbeitsbereiche», sagt er, als er unserem verwunderten Blick auf den grossen Zeichentisch folgt. «Da ich jedes Motiv zuerst vergrössert zeichne, brauche ich einen entsprechend grossen Tisch.» Huguenin ist Künstler und Kunsthandwerker in einer Person, denn oft entwirft er die Motive, die er später in Gold graviert, selbst. Und auch wenn die Vorlage vom Auftraggeber kommt, ist es ein grosser Vorteil, wenn der Graveur den Weg von der Zeichnung ins Dreidimensionale so gut kennt wie Huguenin.

Im Zentrum des Gravurtisches liegt eine schwere Stahlkugel auf einem Lederkissen. Das Werkstück, ein Gehäuse oder der winzige Bestandteil eines Zifferblatts, ist mit Siegellack auf einem Holzkeil fixiert, der wiederum in eine Spannvorrichtung an der Kugel geklemmt ist. Dank der Kugel kann das Werkstück in alle Richtungen gedreht werden und sitzt während der Bearbeitung mit dem Stichel doch fest.

Eine Spezialität von Huguenin sind bewegliche Figuren, genannt Automaten, in den winzigen Dimensionen eines Zifferblatts. Erfahrung gesammelt hat er mit sogenannten erotischen Uhren, die, meist auf der Rückseite der Uhr verborgen, verfängliche Szenen zeigen, die auf Knopfdruck animiert werden. Dieses Know-how kommt bei einer diesjährigen Neuheit von Hermès zum Zug, der Uhr Arceau Chorus Stellarum mit einem vom japanischen Zeichner Daiske Nomura entworfenen makabren Motiv: Ross und Reiter, beide als Skelett. Dank dem mit dem Mikromechaniker Frédéric Seuret entwickelten Mechanismus bewegen sich beide auf Knopfdruck in realistischer Manier.