Was darf mit künstlicher Intelligenz (KI) und den grossen Large-Language-Modellen (LLM), wie sie Chat GPT zugrunde liegen, möglich sein? Ist KI wirklich «intelligent»? Und brauchen Roboter Rechte? Spätestens bei solchen Fragen, wie sie beispielsweise in Kursen an der Hochschule Luzern (HSLU) bearbeitet werden, müssen sich auch Studierende mit Schwerpunkt Philosophie, Psychologie und Recht mit mathematisch-naturwissenschaftlichen Themen befassen. Ergänzend gibt es an vielen Bildungseinrichtungen, Hochschulen und Universitäten Kurse auf ganz unterschiedlichen Niveaus. Das gemeinsame Ziel: eine Verbesserung der Kompetenzen in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, die als Mint-Fächer zusammengefasst werden.
Kompetenzen aufbauen
«Es gibt zwei Hauptbereiche für die Förderung der Mint-Kompetenzen, in welchen die Weiterbildung eine Rolle spielt», sagt Helen Buchs, Arbeitsmarktsoziologin und Projektleiterin Forschung und Entwicklung beim Schweizerischen Verband für Weiterbildung (Sveb). «Einerseits ist dies die Weiterbildung von Mint-Fachkräften. Andererseits ist es die Förderung von Mint-Kompetenzen bei Erwachsenen in der Gesamtbevölkerung.»
Der Sveb und viele weitere Akteure betonen immer wieder, dass Mint-Kompetenzen auch als Grundkompetenzen zu verstehen sind, für deren Förderung ein grosser Bedarf besteht. «Grundkompetenzen Erwachsener umfassen grundlegende Fähigkeiten in den Bereichen Mathematik sowie der Anwendung von Informations- und Kommunikationstechnologien und sind entscheidend für das alltägliche Handeln», so Buchs. «Hierzu zählen zum Beispiel die Berechnung eines Rabatts, das Kochen nach einem Rezept oder die Nutzung eines Plans.»
Auch beruflich geht es vielerorts nicht mehr ohne minimale Mint-Kenntnisse. «Gute Mint-Kenntnisse der Mitarbeitenden sind für die Unternehmen der Schweizer Tech-Industrie von sehr grosser Bedeutung», sagt Noé Blancpain, Leiter Kommunikation & Public Affairs bei Swissmem, dem Verband der Schweizer Tech-Industrie. Die zunehmende technische Komplexität, zum Beispiel aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung, ist vor allem für KMU eine grosse Herausforderung. «Nicht jede Firma kann in allen relevanten Mint-Themen eine eigene Kompetenz entwickeln», erklärt Blancpain. «Deshalb sind Kooperationen und Netzwerke im Bereich Innovation und Digitalisierung äusserst wichtig.» Mit der Initiative Next Industries versucht Swissmem, die verschiedenen Akteure aus Forschung, Beratung und Produktion zu vernetzen und so die Unternehmen zu unterstützen. Mit der Initiative «Next Industries» vernetzt der Verband gezielt die verschiedenen Akteure aus Hochschulen, Dienstleistern und Industrie, um die Unternehmen bestmöglich zu unterstützen.
Lehrpersonen müssen auch lernen
Die Affinität und Begeisterung für Technik müsse schon im Grundschulalter geweckt werden. Gute Beispiele gibt es aus der Innerschweiz, wo die Dätwyler Stiftung in diesem Jahr im Rahmen eines Pilotprojektes im Kanton Uri Schülerinnen und Schülern «Explore-it»-Materialboxen zur Verfügung gestellt hatte, mit denen diese Mini-Solarkraftwerke und winzige E-Fahrzeuge bauen konnten. Die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) hat mit dem «Mint-Club» ein Angebot für Kinder und Jugendliche aufgebaut, die sich für eines der Mint-Fächer besonders interessieren. Und die Schweizerische Akademie der Technischen Wissenschaften (SATW) fördert das Thema mit ihrer «Educamint-ch»-Plattform, auf der ausserschulische Angebote zu finden sind.
«Bei dieser frühen Mint-Förderung geht es darum, auf spielerische Weise das Interesse für Lösungsfindungen, praktische Umsetzungen sowie kritisches Denken und Kreativität zu fördern», beschreibt Blancpain die Ausgangslage. «Hier sehen wir das Problem, dass viele Lehrpersonen wenig Mint-affin sind und nicht wissen, wie sie die Mint-Fächer gut vermitteln können. Darum wird ein früher und motivierender Einstieg ins Thema oft verpasst.»
Als Vorzeigefirma in der innerbetrieblichen Förderung der Mint-Themen gilt die Firma Thermoplan mit Sitz in Weggis LU. «Als Mint-Fächer-Förderung verstehen wir die qualitative und sympathische Ausbildung in allen Lehrberufen, die wir ausbilden», heisst es von der Firma. «Als sympathisch verstehen wir eine praxisnahe, unterstützende und wertschätzende Lernumgebung, in der sich die Lernenden sowohl fachlich als auch persönlich weiterentwickeln können.» Beispielsweise mit dem Projekt «Thermobil» – einem Coffee-Truck, den alle Lernenden gemeinsam aufbauten. «Ziel dieses Projekts ist, dass Lernende aus verschiedenen Abteilungen zusammenarbeiten, um praktische Erfahrungen zu sammeln und ihre Fähigkeiten zu erweitern», heisst es von der Firma. «Das Projekt folgt nur groben Leitplanken und einem Konzeptionsleitfaden, was den Lernenden Raum für Kreativität und Eigeninitiative bietet.»