Ein Softwareunternehmen präsentiert seinen Investoren die Ergebnisse des abgelaufenen Jahres. Die Finanzchefin (CFO) führt durch die Höhepunkte und unterstreicht die positiven Umsatz- und Margenentwicklungen. Sie erklärt, wie sich der Anteil der Mitarbeitenden, die sich mit den Zielen des Unternehmens identifizieren, gemäss Umfragen verbessert hat. Anhand von Daten zeigt sie, wie die Cyberangriffe auf die Plattformen des Unternehmens zugenommen haben, während der Anteil von tatsächlich betroffenen persönlichen Daten noch nie so niedrig war. Ausserdem werden die Datencenter mit erneuerbaren Energien betrieben, sodass das Unternehmen die ambitionierten Zwischenziele gemäss Klima- und Innovationsgesetz zu Netto-Null 2050 sogar übertroffen hat.

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Die Autoren

Jan Meyer, Partner Audit & Assurance; Marcel Meyer, Partner und Leiter Nachhaltigkeit Audit & Assurance, Deloitte

Die Mitarbeitenden des Unternehmens sind engagierter denn je, die Produkte deutlich sicherer im Hinblick auf Kundendaten und die gesetzlichen Anforderungen an den Klimaschutz werden erfüllt. Wichtige Grundlagen für ein erfolgreiches Geschäftsmodell und damit den finanziellen Erfolg. Und die CFO schafft es, den Investoren nicht nur diese Zusammenhänge nachvollziehbar zu erläutern, sondern auch darzulegen, wie sich die Leistung im Vergleich zu den gesetzten Zielen im Zeitverlauf entwickelt hat.

Diese Präsentation ist – zumindest noch – fiktiv, jedoch: Könnte so die Zukunft der Unternehmensberichterstattung aussehen?

 

Vorbei mit der «Alphabet-Suppe»

Was vor vielen Jahren als «Alphabet-Suppe» mit unzähligen unterschiedlichen Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung begonnen hat und von Unternehmen anfänglich vor allem in der PR genutzt wurde, ist stark im Wandel. Die Einführung der IFRS Sustainability Disclosure Standards sowie der EU Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) bedeutete für viele international tätige Schweizer Firmen ein neues Zeitalter in der Nachhaltigkeitsberichterstattung.

Die Stiftung für Fachempfehlungen zur Rechnungslegung (FER) hat kürzlich einen Leitfaden zur Nachhaltigkeit entworfen, und der Bundesrat hat im Juni dieses Jahres eine Überarbeitung des Obligationenrechts in die Vernehmlassung geschickt. Demnach sollen die Berichterstattungspflichten in Bezug auf nachhaltige Unternehmensführung auch auf nicht-kotierte Schweizer Firmen ausgeweitet werden.

Die Nachhaltigkeitsberichterstattung richtet sich im Gegensatz zur traditionellen Finanzberichterstattung an breitere Anspruchsgruppen. Dennoch soll sie auch für Investoren die wesentlichen nachhaltigkeitsbezogenen Chancen und Risiken mit Bezug auf die Finanzberichterstattung zuverlässig und wahrheitsgetreu darstellen. Sie wandelt sich nun sichtlich zu einer stark regulatorisch getriebenen, ergänzenden Berichterstattung, die das Wertschöpfungspotenzial eines Geschäftsmodells beleuchtet und somit in die Finanzberichterstattung zu integrieren ist.

 

Was und wie? 

Ursprüngliche Ansätze einer integrierten Berichterstattung wie das Integrated Reporting Framework waren sehr stark prinzipienbasiert, mit viel Flexibilität für die berichterstattenden Unternehmen. Zudem war die Vergleichbarkeit zwischen Unternehmen sowie im Zeitverlauf kaum möglich, was zulasten der Relevanz der Berichterstattung ging.

«Was» in die Nachhaltigkeitsberichterstattung gehört, wurde mit den zunehmenden Anforderungen – sei es durch globale Standardsetter oder neue regulatorische Bestimmungen – immer konkreter. Während Unternehmen sich früher vor allem auf Umweltaspekte konzentrierten, müssen sie inzwischen zunehmend über soziale Belange – etwa das Engagement der Mitarbeitenden in der Wertschöpfungskette oder die Diversität der Belegschaft – berichten. Was berichtet wird, hängt von der Relevanz einzelner Themen ab, aber auch von der Branche, in der ein Unternehmen tätig ist. Dies macht die Berichterstattung noch komplexer, weil verschiedene Bereiche wie Produktion, Einkauf, Human Resources und die Finanzabteilung zusammenarbeiten müssen.

Hinzu kommt, dass es zur Corporate Governance derzeit relativ wenige Daten zu rapportieren gibt. Doch Unternehmen werden auch in diesem Bereich transparenter sein müssen, insbesondere in Bezug auf die Frage, wie die obersten Leitungsorgane ihre Aufsichtspflicht im Bereich Nachhaltigkeit wahrnehmen. Das «Wie» der Berichterstattung verlangt belastbare und etablierte Prozesse, um beispielsweise die über tausend möglichen Datenpunkte, welche die CSRD erfordert, zeitnah, zuverlässig und mit konsistenten Methoden zu erheben. Dass relevante und extern zu prüfende Nachhaltigkeitsberichte zeitgleich mit der Finanzberichterstattung publiziert werden, stellt viele Unternehmen vor grosse Herausforderungen.

Doch eins ist klar: Die integrierte Berichterstattung ist gekommen, um zu bleiben. Deshalb tun Unternehmen gut daran, selbst zu kommunizieren, wie nachhaltig ihre Geschäftsmodelle sind, und die Beurteilung nicht den Ratingagenturen zu überlassen. Ebenso sollten sie sich auf die integrierte Berichterstattung vorbereiten, um glaubwürdig und zuverlässig zu kommunizieren – indem sie relevante Daten beschaffen, Prozesse und Zuständigkeiten etablieren und ihre Nachhaltigkeitsberichte prüfen lassen.