Wenn Gastrounternehmer Bänziger seinen provisorischen Jahresabschluss durchsieht, wird er das Gefühl nicht los, dass die Personalkosten in seinen drei Restaurants unter dem Strich zu hoch sind. Auch seine Beschaffungskosten sind im abgelaufenen Geschäftsjahr erneut gestiegen. Sie gehen zulasten der Bruttomarge. Gleichzeitig nimmt sein Liquiditätspolster schleichend ab, während seine Fremdkapitalschulden unverändert zu verzinsen und zu amortisieren sind. Ist das alles noch gesund? Wo gibt es Spielraum, um die Kosten zu senken? Und ist es angesichts der aktuellen Zahlen eine gute Idee, einen vierten Betrieb zu übernehmen, der ihm kürzlich angeboten wurde?

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Für die Beantwortung seiner Fragen und die Optimierung seiner betriebswirtschaftlichen Situation wäre es für Unternehmer Bänziger eine Hilfe, wenn er wüsste, wie er mit seinen Zahlen und seinen Fragen im Branchenvergleich dasteht.

 

Aufschlussreiche Vergleiche

«Dem Mann kann geholfen werden», um Friedrich Schiller zu zitieren. Aussagekräftige Antworten auf viele seiner Fragen lassen sich aus der Gewerbestatistik (www.gewerbestatistik.ch) herausfiltern. Dieser vom Schweizerischen Gewerbeverband betreute Datenpool umfasst Unternehmens- und Finanzkennzahlen von 7000 Unternehmen aus 90 Branchen. Die Aktualität der Zahlen und die Erfassung über einen langjährigen Zeitraum sind gewährleistet, weil hier das Prinzip «Geben und Nehmen» gilt. Das heisst, die Nutzerinnen und Nutzer – allen voran Treuhandunternehmen – alimentieren den Datenbestand fortlaufend, indem sie Daten ihrer Mandanten – natürlich anonymisiert – einspeisen.

Im vorliegenden Fall ermöglicht es der Datenpool der Gewerbestatistik dem Treuhandpartner von Gastrounternehmer Bänziger, die Kennzahlen aus dem angesprochenen Jahresabschluss den Branchenwerten gegenüberzustellen. Analyse und Vergleich der Zahlen machen sichtbar, wie die Erfolgsrechnung von Unternehmer Bänziger im Branchenvergleich steht. Eine Erkenntnis: Die durchschnittlichen Lohnkosten seiner 24 Mitarbeitenden sind sogar leicht tiefer als der Branchendurchschnitt. Problematisch scheint hingegen der erzielte Umsatz pro Mitarbeiter. Er liegt rund 12 Prozent unter dem Branchendurchschnitt.

Ausgehend von dieser Erkenntnis liegt es nun nahe, zu prüfen, ob sein Personalbestand zu hoch ist oder ob er mit seinen Preisen zu tief liegt – oder beides. Eine weitere Erkenntnis ergibt sich durch die Auswertung der Gewerbestatistik bezüglich Fremdkapital. Die Verhältniszahlen zwischen Eigenkapital, Fremdkapital und Umsatz liegen bei Bänziger zwar leicht über dem Branchendurchschnitt. Hingegen ist der tatsächlich bezahlte Schuldzins bei seiner langjährigen Hausbank dank vorteilhaft ausgehandelten Konditionen deutlich tiefer als beim Gros der Mitbewerber. Letzteres ist beruhigend und überdies eine interessante Ausgangslage im Hinblick auf eine weitere Finanzierungsrunde, wenn sich die Übernahme eines vierten Betriebs konkretisieren sollte.

Die Autorin

Daniela Schneeberger, Zentralpräsidentin, Schweizerischer Treuhänderverband Treuhandsuisse, Bern.

Trumpf für die Finanzierung

Die Frage, wie ein Unternehmen im Vergleich zu seinen Mitbewerbern dasteht, ist naturgemäss schon beim Markteinstieg relevant. Wer ein Startup auf die Beine stellen will, ist in der Regel auf Geldgeber angewiesen. Diese messen bei der Evaluation einem möglichst aussagekräftigen Businessplan entscheidende Bedeutung bei. Sind die betriebswirtschaftlichen Zahlen für sich genommen nachvollziehbar und glaubwürdig, ist das gut. Noch besser ist, wenn die Plausibilität dieser Zahlen im Branchenkontext dargelegt werden kann. Nehmen wir als Beispiel die Brüder Fabian und David Schneider. Nach ihrer fachlichen Ausbildung und einigen Berufsjahren wollen sie sich als Anbieter für Elektroinstallationen selbstständig machen. Grosse Entwicklungschancen sehen sie insbesondere auf dem Gebiet von Photovoltaikanlagen. Angesichts des Nachfrageüberhangs zielen sie mit ihrem Businessplan auf zügiges Wachstum ab. Sie streben an, über zehn Jahre verteilt ein Team von rund zwanzig Mitarbeitenden aufzubauen. Die Personalkosten, die sie für die ersten drei Jahre einsetzen, stimmen mit dem gegenwärtigen Branchendurchschnitt für qualifizierte Kräfte überein, wie sich herausstellt. Für die nächsten sieben Jahre erhöhen sie diesen Wert gemessen am heutigen Stand schrittweise um 40 Prozent. Ihre Annahme ist, dass die Personalkosten angesichts des Fachkräftemangels markant ansteigen werden.

Wie stark sich dies bewahrheitet, werden sie in den Folgejahren (auch) anhand der Gewerbestatistik kontinuierlich beobachten können. Die Kosten, welche die Gebrüder Schneider im Businessplan für Investitionen in Sachanlagen veranschlagen, erweisen sich beim Vergleich mit den gegenwärtigen Branchendaten als überdurchschnittlich. Gleichzeitig werden ihre Annahmen, dass der Branchenumsatz und die Bruttomargen in den nächsten Jahren weiter zunehmen, durch die Branchenzahlen der Gewerbestatistik für die vergangenen vier Jahre plausibilisiert. Die Plausibilitätsprüfung von Eckwerten im Businessplan anhand von Daten von bereits im Markt tätigen Mitbewerbern ist nicht nur für die angehenden Unternehmer Fabian und David Schneider eine strategisch bedeutende Referenz, sie verschafft ihnen auch einen zusätzlichen Trumpf für die Verhandlungen mit ihren potenziellen Geldgebern.