Ein wichtiges Element des Zielbildes «Klimaneutrale Schweiz 2050» sind Wärmepumpen: Sie sollen fossile Heizungen nach und nach ersetzen. Die Anzahl der installierten Anlagen soll von heute rund 300 000 auf 1,5 Millionen steigen. Neben Grosswärmepumpen sollen dann auch viele kleinere Anlagen in der kalten Jahreszeit angenehme Raumtemperaturen sicherstellen.
Konventionelle Bohrmethoden für die Erdwärmesonden sind aufwendig: Allein die hierfür benötigten Bohranlagen, die Kompressoren, die Container für den Abraum und die zu installierenden Röhren belegen für einige Tage den Garten. Der Bohrvorgang selbst ist energieintensiv – für eine bis zu 500 Meter tiefe Bohrung werden bis zu 7000 Liter Diesel benötigt. Während der Bauphase ist der Bohrvorgang in der unmittelbaren Nähe auch physisch spürbar. Unüberhörbar ist zudem der Lärm der Maschinen.
Konventionelle Bohrverfahren sowie der vergleichsweise hohe Personalaufwand führen zu Preisen von rund 16 000 Franken für ein 250 Meter tiefes Bohrloch. Hinzu kommen weitere Auslagen für den meistens ruinierten Garten. In vielen Fällen verzichtet man auf eine Wärmepumpe auf Basis von Erdwärme, nachdem man die Begleitumstände bei den Nachbarn gesehen und miterlebt hat. Hier setzt das Startup Borobotics aus Winterthur an.
Abgerechnet nach Meter
«Mit einem innovativen Bohrroboter, welcher sich direkt im Bohrloch befindet, werden diese Nachteile eliminiert», sagt Hans-Jörg Dennig, Gründer von Borobotics. «Es werden kein Bohrgestänge und keine grossen Gerätschaften benötigt. Insbesondere werden die Erstellungskosten durch die autonome und energieeffiziente Arbeitsweise reduziert.»
Das Geschäft der Firma besteht in der Bereitstellung dieses Bohrroboters für Bohrunternehmen weltweit, sagt Dennig, der bereits mehrere weitere Startups erfolgreich gegründet hat. Die Einnahmen werden durch den Verkauf des gebohrten Bohrlochs, einschliesslich der Erdwärmesonde, erzielt.
Abgerechnet wird praktisch nach gebohrtem Meter. Bei konventionellem Vorgehen muss man in der Schweiz mit 60 Franken pro Meter Tiefe rechnen. Hier kalkuliert man mit weniger. Entscheidend für die tieferen Kosten ist die autonome Arbeitsweise des Bohrsystems und die damit verbundenen tieferen Personalkosten. Eine Bohrung mit dem autonomen Roboter dauert rund 17 Tage und damit deutlich länger als die 3 bis 4 Tage bei einem konventionellen Vorgehen.
An die Stelle eines kleinen Bohrturmes tritt hier der Roboter. «Man stelle sich einen Regenwurm als Roboter vor, der sich senkrecht in die Erde bewegt», umschreibt Dennig den Vorgang. «Mit einer solch kompakten Maschine ohne Bohrturm und Bohrgestänge können Gebäude insbesondere in urbanen Gebieten versorgt werden.» Ein solches Bohrprinzip sei sehr energieeffizient, in seiner Fortbewegung kontrollierbar und sehr günstig.
Geologische Hindernisse sind laut Dennig kein Problem, Überraschungen gibt es keine im Untergrund. «Man weiss, welche Faktoren auftreten können: Es sind beispielsweise Wasserschichten, Erdgas und so weiter. Wir können das Bohrloch wieder verschliessen, wenn zu viel Wasser oder zu viel Erdgas kommt.»
Integriert ins Netz
Ihre Wirkung werden Wärmepumpen zukünftig in Kombination mit weiteren Massnahmen und Technologien entfalten. Langzeitwärmespeicher beispielsweise sollen zukünftig die Strombedarfsspitzen der Wärmepumpen brechen. Die Automatisierung und Digitalisierung wird den Strombedarf des Gesamtsystems insgesamt zwar ansteigen lassen. Ergänzende Technologien sollen aber laut der Wärmestrategie 2050 des Bundes den Verbrauch «im Sinne des Gesamtsystems» flexibilisieren.
In diesem Bereich sind weitere Startups wie Envola, Lambda, Smart Cube 360 oder Heatly in den Nachbarländern entstanden: Sie reduzieren den Stromverbrauch der Wärmepumpen selber und machen dann diese Anlagen noch nachhaltiger. Sie vernetzen Wärmepumpen mit weiteren Haustechnik- und Automationsthemen wie Lüftung, Kühlung und Warmwasseraufbereitung, und sie steuern diese Systeme und Wärmepumpen so, dass der Gesamtenergieverbrauch sinkt.
Und es fliessen einige EU-Förder- und -Investorengelder. Gemäss dem jüngsten «Swiss Venture Capital Report» zählen die Cleantechs derzeit zu den Startups, für die sich private Investorinnen und spezialisierte Fonds am meisten interessieren. Herausforderungen liegen im Alltag eher woanders: Die starke Nachfrage nach Cleantech-Produkten wie Wärmepumpen führt teilweise zu langen Lieferfristen, und fehlende Fachkräfte reduzieren die Kapazitäten der ausführenden Firmen.