Die Stimmung könnte besser sein. Man kann das K-Wort kaum noch hören. Seit nunmehr fünf Jahren gehört die Krise so selbstverständlich zum Sprachgebrauch wie Brot, Benzin oder Bus. Euro-Krise, Finanzkrise, Schuldenkrise und Bankenkrise bilden die Zutaten für den alltäglichen Katastrophencocktail.
Im Frühling 2007 fing es mit einem Vorbeben an, das damals noch keiner so richtig einzuordnen wusste. Die UBS zog bei ihrem Hedgefonds Dillon Read hektisch den Stecker. Spekulationen mit maroden US-Hypothekenpapieren hatten der hauseigenen Zockertruppe Riesenverluste beschert. Wenig später begann mit Bear Stearns die erste Investmentbank zu wackeln. Kurz darauf steckte der amerikanische Subprime-Virus Deutschland an. In Düsseldorf meldete die Industriebank IKB dramatische Löcher. Die Sachsen LB konnte nur durch einen Rettungskauf vor dem Untergang bewahrt werden.
Der Rest der Geschichte ist bekannt. Im September 2008 gingen bei Lehman Brothers die Lichter aus und die Finanzkrise kam so richtig ins Rollen. Kurzzeitig schaute man gefühlt dem Monster Weltuntergang direkt in die Augen. Die Schweiz legte die UBS auf die staatliche Intensivstation. Rund um den Globus taten es ihr verschiedene Staaten gleich und löschten Grossbrände in den Bilanzen ihrer Grossbanken. Am Ende hatte die Feuerwehr kein Geld mehr. Seither tobt in Europa die Staatsschuldenkrise. Die Flucht aus dem Euro stärkte den Franken, was bis heute die hiesige Exportindustrie quält.
Warum das hier alles zum x-ten Mal erzählt wird? Ganz einfach, die vergangenen fünf Jahre sind in Sachen Unsicherheit kaum zu übertreffen. Angst regiert die Welt. Die meisten Menschen horten Liquidität. Alle wollen Immobilien und Gold, Risiko dagegen keiner – fast keiner.
Selbst in diesen krassen Zeiten wagten Tausende von verwegenen Menschen den Schritt ins Unternehmertum. Statt in der Komfortzone abzuwarten, liessen sie sich auf das wohl grösste Abenteuer ihres Lebens ein, die Gründung einer Firma. Die 100 besten Schweizer Startups, die die Handelszeitung zusammen mit dem Institut für Jungunternehmen in diesem Special präsentiert, müssen von einer besonderen Qualität sein. Keines ist älter als fünf Jahre. Keines kennt die Unbeschwertheit einer globalen Hochkonjunktur, wie sie vor 2007 herrschte.
Bei schönem Wetter kann es jeder, bei Unwetter zeigen sich hingegen die wahren Könner. Die Schweiz braucht diesen robusten Unternehmernachwuchs dringender denn je. Er garantiert das Wachstum der Zukunft, das ohne Innovation und Risikofreude unweigerlich ausbleibt. Das Geschäftsmodell des Landes steht derzeit eh auf schwächeren Beinen als auch schon. Wichtige Erfolgsfaktoren wie etwas das Steuersystem geraten unter den Beschuss der EU. Die Finanzindustrie, die in den letzten Jahren je nach Rechnungsart bis zu 11 Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP) lieferte, kämpft gerade mit dem grössten Schwächeanfall ihrer Geschichte. Das Ende des Bankgeheimnisses und die Finanzkrise kosten in den nächsten Jahren Tausende von Arbeitsplätzen. Die Renditen pendeln sich auf Normalmass ein, Boni und Gehälter der Restbelegschaft langsam auch.
Das alles geht nicht spurlos an der Volkswirtschaft vorbei. Der Verkauf von Sportwagen und Zigarren dürfte schrumpfen – und das ist noch das kleinste Problem. Die Lücke im BIP wird substanziell sein. Jemand muss sie füllen.
Die Startups können hier einen wichtigen Beitrag leisten.
Top 100 Startups 2012: Die Initianten
Konzept
Die viel zitierte Schwarmintelligenz lässt aus der beschränkten Optik einzelner ein tragfähiges Abbild der Realität entstehen. Bezogen auf die neue Top-100-Liste heisst das: Wenn 100 Experten die 100 besten Jungfirmen der Schweiz auswählen, entsteht eben mehr als ein Potpourri von subjektiven Ansichten und Vorlieben. Es entsteht eine Nahaufnahme der Gründerund Jungunternehmerszene. Die Liste zeigt auf, wo neue Businessmodelle entwickelt und wo mit neuartigen Leistungen Kunden begeistert und Investoren gewonnen werden. Sie gibt Hinweise darauf, wohin sich die Schweizer Wirtschaft entwickelt; vor allem in den wachstumsträchtigen Branchen IT, Elektronik, Life Sciences oder Cleantech. Initiiert wurde die Liste von Beat Schillig (Bild rechts), dem Gründer und Geschäftsführer des IFJ Instituts für Jungunternehmen, der 2012 auch zum «Business Angel of the Year» gekürt wurde. Ihm zur Seite steht Jordi Montserrat (Bild links), der mit ihm das nationale Förderprogramm venturelab und die private Förderinitiative venture kick aufgebaut hat und operativ leitet. Mitinitiant und Realisierungspartnerin der Top-100-Liste war das Luzerner Journalistenbüro Niedermann. Ideell und finanziell unterstützt wird das Projekt von der Gebert Rüf Stiftung, der Osec, der Swiss Private Equity & Corporate Finance Association (SECA) sowie von der «Handelszeitung».