Dank Chips aus eigener Entwicklung konnte Apple die Leistung seiner iPhones und iPads hochschrauben. Nun sollen sie den PC-Platzhirsch Intel aus den Mac-Computern drängen. Software-Entwickler werden sich anpassen müssen. Die Nutzer sollen mit besseren Geräten profitieren.
Apple bricht aus der eingefahrenen Spur der PC-Branche aus und stellt seine Mac-Computer von Intel-Prozessoren auf Chips aus eigener Entwicklung um. Damit werden künftige Apple-Computer auf der selben technischen Plattform wie die iPhones und iPad-Tablets laufen. Die ersten Macs mit der neuen Chip-Architektur sollen Ende des Jahres auf den Markt kommen, kündigte Konzernchef Tim Cook am Montag an.
Übergang soll zwei Jahre dauern
Der Konzern werde damit bessere Produkte bauen können, versprach Chefentwickler Johny Srouji. Grosse Software-Anbieter wie Microsoft (Office) oder Adobe (Photoshop) arbeiteten bereits an dafür angepassten Varianten ihrer Programme, betonte Software-Chef Craig Federighi. Apple rechne damit, dass der Übergang zwei Jahre dauern werde, sagte Cook. Zugleich sollen Macs mit Intel-Chips weiterhin unterstützt werden - und es seien auch neue Geräte mit Prozessoren des Halbleiter-Konzerns geplant.
Über einen Austausch der Intel-Halbleiter durch Chips von Apple in den Macs wurde schon seit längerer Zeit spekuliert. Der Konzern entwickelte sehr leistungsstarke eigene Prozessoren für seine Mobil-Geräte auf Basis der Architektur des Chipdesigners ARM. In Apples Notebooks und Desktop-Rechnern kamen bisher aber - wie in der PC-Branche grösstenteils üblich - Chips von Intel mit der sogenannten x86er-Architektur zum Einsatz. Das sicherte die Kompatibilität von Anwendungen über die Plattformen hinweg.
Software-Entwickler müssen anpassen
Nun müssten Software-Entwickler ihre Programme anpassen, wenn sie sowohl auf Intel- als auch auf ARM-Macs laufen sollen. Das seien aber nur wenige Tage Arbeit, versichert Apple. Zusätzlich wird in das neue Mac-Betriebssystem «Big Sur» eine Funktion eingebaut, die für Intel-Chips gedachte Software umwandelt. Ausserdem können auf den Macs auch Apps laufen, die für das iPhone und das iPad entwickelt wurden.
ARM-Prozessoren gelten generell als energieeffizienter als x86er-Chips, was insbesondere für Laptops und kleinere aus der Windows-Welt brachten bereits Notebooks mit ARM-Chiparchitektur heraus, doch das Zusammenspiel mit dem Windows-Betriebssystem brachte Kompromisse mit sich.
Zehn Prozent am PC-Markt
Die Macs haben einen Anteil von gerade einmal zehn Prozent am PC-Markt. Damit ist der Verlust des Geschäfts für Intel finanziell zu verschmerzen. Es könnte aber ein Schlag für das Renommee des Chip-Giganten werden, der bisher das PC-Geschäft fest im Griff hatte. Für die Macs ist das der dritte Wechsel der Chip-Plattform nach dem Übergang von Motorola zu IBMs PowerPC Anfang der 1990er Jahre und zu Intel im Jahr 2005.
Apple machte die Ankündigung bei seiner Entwicklerkonferenz WWDC, die in diesem Jahr wegen der Corona-Krise komplett online stattfindet. Darüber hinaus gab es wie gewohnt viele Ankündigungen zu künftiger Software für Geräte des Konzerns.
Widgets wie bei Android
So gibt Apple iPhone-Nutzern mit dem neuen Betriebssystem iOS 14 erstmals seit der Markteinführung 2007 die Möglichkeit, ihren Start-Bildschirm mit zusätzlichen Funktionen umzugestalten. Neben den gewohnten App-Symbolen wird man dort mit iOS 14 auch grössere sogenannte Widgets platzieren können, in denen einige Informationen aus einigen Anwendungen angezeigt werden können - zum Beispiel News, Wetter oder Navigation. Auf dem Google-Betriebssystem Android gehören Widgets bereits seit Jahren zum Alltag der Nutzer.
Eine weitere Neuerung sind «App Clips» - die Möglichkeit, einzelne Funktionen einer Anwendung zu nutzen, ohne sie komplett herunterladen zu müssen. So könnte man zum Beispiel bei einer Kaffeekette schnell etwas kaufen oder in einem Geschäft zusätzliche Informationen bekommen. Google versuchte etwas ähnliches vor ein paar Jahren bei Android, die Idee setzte sich aber nicht durch.
Smartphone als Autoschlüssel
Zunächst beim neuen 5er von BMW wird man ein iPhone auch als Autoschlüssel nutzen können. Dafür kommt der NFC-Funkchip zum Einsatz, der auch beim kontaktlosen Bezahlen genutzt wird. Der digitale Schlüssel zu einem Auto kann auch über Apples Chatdienst iMessage an andere weitergeschickt werden, mit Einschränkungen der Gültigkeit und einzelner Funktionen. Die Autoschlüssel-Funktion soll auch für das aktuelle iOS 13 freigeschaltet werden.
Mit dem neuen iOS wagt Apple auch etwas mehr direkte Konkurrenz mit Google. Die Sprachassistentin Siri soll mehr Wissensfragen als bisher beantworten können, zudem bekommen die iPhones eine Übersetzungs-App. Zum Start gibt es elf Sprachen, darunter auch Deutsch.
Android und iOS, die beiden einzigen relevanten Smartphone-Systeme, ziehen immer wieder bei den einzelnen Funktionen nach. So lieh sich Android zuletzt die Bedien-Gesten von iOS aus.
Navigations-Anweisungen für Velofahrer
Die Karten-App bekommt auch Navigations-Anweisungen für Radfahrer - allerdings zunächst nur in wenigen Städten. Ausserdem können Routen für Elektrofahrzeuge angepasst werden. Die von Grund auf mit eigenen Daten neu aufgesetzten Apple-Karten werden nach den USA auch für Grossbritannien, Irland und Kanada verfügbar sein, andere Länder sollen später folgen.
Mehrere wichtige Neuerungen gibt es im Umgang mit Daten. Apple wird künftig gleich im App Store anzeigen, welche Daten eine Anwendung sammelt und mit wem sie geteilt werden. Zudem werden auch bestehende Konten bei Apps und Online-Diensten auf den Login mit Apple umgestellt werden, bei dem der Konzern auf Wunsch die E-Mail-Adresse verschleiert.
Mehr Möglichkeiten bei der Apple Watch
Auf der Computer-Uhr Apple Watch wird es mehr Vielfalt und Einstellungsmöglichkeiten bei den Zifferblättern und «Komplikationen» mit einzelnen App-Funktionen geben. Sie wird schliesslich auch die Schlafqualität messen können. Passend zur Corona-Krise wird die Uhr automatisch erkennen, dass jemand sich gerade die Hände wäscht und einen Countdown anzeigen, damit der Nutzer nicht zu früh aufhört.
Airpods-Ohrhörer werden künftig automatisch zwischen den Apple-Geräten eines Nutzers wechseln können. Die teureren AirPods Pro bekommen zusätzlich räumlichen Sound, den man üblicherweise von Surround-Anlagen etwa im Kino kennt. Apple greift - wie auch einige andere Hifi-Spezialisten - auf Software-Algorithmen zurück, um das 3D-Erlebnis mit nur zwei Kopfhörer-Lautsprechern zu erzeugen.
Nach der jüngsten Debatte um Apples App-Store-Regeln bekommen Entwickler die Möglichkeit, die Richtlinien des Konzerns anzufechten.
(awp/gku)