Die Schweizer Startup-Szene ist lebendig. Sie kam aber im vergangenen Jahr nicht richtig vom Fleck, zumindest was das angezogene Geld anbelangt. Konkret stieg das in Startups investierte Kapital 2017 um 3,2 Prozent auf rund 940 Millionen Franken, wie es neuen «Swiss Venture Capital» Report von Startupticker.ch und der SwissPrivate Equity & Corporate Finance Association SECA heisst. Damit hat sich die Investitionstätigkeit nach Jahren schnellen Wachstums spürbar verlangsamt.
Insbesondere in der Waadt: Dort haben Risikokapitalgeber im Vergleich zum Vorjahr 35 Prozent weniger investiert. Dafür steckten sie im Kanton Zürich über 50 Prozent mehr in Startups. Insgesamt flossen rund 273 Millionen Franken in Startups im bevölkerungsreichsten Kanton der Schweiz.
Wachstumstreiber waren vor allem Biotech- und ICT-Startups, in die fast die Hälfte der Investitionen geflossen sind. Insgesamt zählt der Venture-Capital-Report 175 Finanzierungsrunden – mehr als im Vorjahr. Die Gelder verteilen sich dabei auf mehr Firmen als 2016.
Die Top-10 der Schweizer Startups
Mit rund 200 Millionen Franken zog 2017 ADC Therapeutics am meisten Geld an. Das Biotech-Unternehmen will die Mittel für weitere Tests verwenden. Sie sollen den Weg zur Zulassung von zwei Medikamenten ebnen. ADC entwickelt Präparate zur Krebsbehandlung. Unter den Investoren ist unter anderem die Pharma-Grösse Astra Zeneca.
Auf Platz 2 rangiert mit 75 Millionen Franken das Touristenportal GetYourGuide, das 2008 als ETH-Spinoff entstanden ist. Das Unternehmen hat sich lange auf den Standort Berlin konzentriert, möchte jetzt mit dem neuen Kapital aber wieder 50 Jobs in Zürich schaffen. Unter den Investoren ist Nokia.
Neue Medikamente aus der Schweiz
Weitere Gelder zwischen 52 und 40 Millionen erhielten das Zürcher Medtech-Startup Xeltis, das sich mit der Wiederherstellung von Herzklappen beschäftigt, dann Nouscom aus Basel, das genetische Impstoffe herstellt, sowie das Biotech-Startup Polyphor aus dem Kanton Basel-Landschaft.
Zu den weiteren Startups, die 2017 grössere Summen angezogen haben, zählt Way Ray. Die Firma, die Augmented-Reality-Displays für Autos entwickelt und wird unter anderen vom chinesischen Tech-Konzern Alibaba unterstützt. Auch das Unternehmen Crypto Finance hat mit dem Boom der Kryptowährungen Investoren gefunden – darunter den Milliardär Rainer-Marc Frey. Mit den 16 Millionen Franken Investitonsgelder möchte das Zuger Startup unter anderem eine Banklizenz beantragen. Das am höchsten bewertete Startup der Schweiz, Mindmaze, hat 2017 ebenfalls einen sehr prominenten Investor gefunden: Leonardo di Caprio.
Zu wenig Geld aus dem eigenen Land
Ein Grund für die Verlangsamung der Investitionstätigkeiten ist unter anderen die fehlende Risikobereitschaft von Schweizer Investoren: Über 70 Prozent der investierten Gelder stammten 2017 von ausländischen Investoren. Dabei wird vor allem Frühfinanzierung betrieben. Wenn das Startup dann wächst und weitere Mittel benötigt, sind zu wenige Investoren bereit, mit grösseren Summen ins Risiko zu gehen.
Zwar haben Schweizer Startups in den letzten Jahren durch zahlreiche erfolgreiche Exits mehr Aufmerksamkeit erregt, aber die Investitionen von Schweizer Kapitalgebern – beispielsweise durch Pensionskassen oder Banken – sind nach wie vor «sehr gering», schreiben die Autoren.
Schweiz ist europäisches Schlusslicht
Ausländische Investoren können in dies Lücke einspringen, aber «einheimische Pionier-Investoren würden noch mehr vom Potenzial der Startups hierzulande profitieren», schreibt Thomas Heimann von SECA.
Gemäss einer aktuellen Studie von Dealroom für die Jahre 2015 bis 2017 weist die Schweiz die niedrigste Quote aller europäischen Länder auf: Im Durchschnitt wurde nur ein Viertel des Kapitals, das über den gesamten Zeitraum in Startups investiert wurde, über einen Schweizer Venture-Capital-Fonds gesammelt.