Andreas Hutter besteigt in seiner Freizeit Berge, die 4000 Meter hoch sind. Er weiss, dass der Weg zum Ziel manchmal schwierig ist. Und dass es sich trotzdem lohnt durchzuhalten. Wie macht man eine Batterie, die besser ist als alle zuvor? Auch dieser Weg ist schwierig. Aber auch er könnte sich lohnen.

Im CSEM Battery Innovation Hub in Neuenburg riechts wie in einer Autowerkstatt, und es klingt wie in einem Spital. Co-Leiter Andreas Hutter, 51, ist mit dem Velo zur Arbeit gekommen. Der in Österreich aufgewachsene Elektroingenieur lebt mit seiner Familie seit 2001 in Neuenburg. «Zu Hause in unserer Garage steht noch ein alter Diesler, danach gibts ein elektrisches Auto oder gar keins mehr.» Der Anteil der rein elektrisch betriebenen Personenwagen bei den Neuzulassungen in der Schweiz stieg in den letzten beiden Jahren von 13 auf fast 18 Prozent. Und in der EU dürfen ab 2035 keine Neuwagen mehr verkauft werden, die nur mit Benzin oder Diesel fahren.

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Die Lithium-Eisen-Phosphat-Batterie ist eine von Tausenden Varianten - und jede hat ihre Tücken

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Quelle: Nicolas Righetti

Schweiz will Vorreiterrolle - Hutter mischt ganz vorne mit

«Deshalb herrscht jetzt Goldgräberstimmung!», sagt Hutter, der selbst wirkt wie unter Strom. Immer wieder klopft er mit seinen Fingern auf den Tisch. Aktuell werden etwa 90 Prozent der Batterien für Elektroautos in Asien hergestellt. Europa und die Schweiz wollen verhindern, dass das so bleibt. Deshalb finanziert der Bund einen Teil der Aktivitäten des CSEM, des Centre Suisse d’Electronique et de Microtechnique. Ziel ist, Technologien und ihren Transfer in die Wirtschaft zu fördern. Wäre es nicht toll, wenn einer Schweizer Organisation der Durchbruch gelänge und sich eine einheimische Innovation in den Elektroautos der Zukunft durchsetzen würde? «Schweizer Unternehmen sollen auch in der Autoindustrie von morgen eine wichtige Rolle spielen», sagt Andreas Hutter.

Das Problem: Er hat es mit einer echten Diva zu tun. Um eine Batterie zu verbessern, können er und sein 20-köpfiges Team zwar an vielen Punkten ansetzen: am Material (wäre Natrium eine Alternative zu Lithium?), am Aufbau (ist ein fester Elektrolyt besser als ein flüssiger?), an der Anordnung (lieber kleine Zellen oder grosse?). Doch jede Veränderung birgt neue Probleme. Batterien sind empfindlich. Manche Materialien haben viel Power, aber wenig Ausdauer. Bei anderen ist es genau umgekehrt. Batterien mögen keine Kälte. Und: Sie sind immer nur so gut wie ihre schwächste Zelle. «Genau das macht es für uns Ingenieure spannend!», sagt Andreas Hutter.

Die Forscher untersuchen verschiedene chemische Stoffe: Welche Kombination braucht die Batterie der Zukunft?

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Quelle: Nicolas Righetti

Hutters Batterie lässt sich mit der Schere halbieren

Da bei jeder Batterie nicht nur Elektronik, sondern auch Chemie im Spiel ist, muss Andreas Hutter drei Paar Handschuhe anziehen. In einem luftdichten Kasten kann er mit chemischen Materialien experimentieren. Die Box ist mit dem Edelgas Argon gefüllt, denn an der Luft würde Lithium – das heute in den meisten Batterien verwendet wird – sofort verpuffen.

«Die Frage ist jetzt, welche Technologie sich durchsetzen wird», sagt Hutter. Er und sein Team haben gezeigt, dass man eine von ihnen entwickelte Festkörperbatterie mit der Schere halbieren kann – und sie einfach weiterfunktioniert. Sie fängt auch nicht an zu brennen.

Dass dies mit herkömmlichen Batterien, die einen flüssigen Elektrolyten haben, nicht möglich wäre, weiss jedes Kind. «Feststoffbatterien sind sicherer und stärker», sagt Andreas Hutter. «Wir arbeiten daran, dass man mit ihnen 1000 Kilometer fahren kann statt 500.» Bis solche Batterien aber in unseren Autos zum Einsatz kommen, gibt es noch einige Probleme zu lösen. «Wir verstehen Batterien. Jetzt müssen wir zeigen, dass sie sich industriell herstellen lassen.»

Die Testgeräte in Neuenburg laufen Tag und Nacht, um herauszufinden, wie lange eine Batterie durchhält.

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Quelle: Nicolas Righetti

Sein Team muss nun die Diva zähmen

Das Geld dafür sei da, sagt Andreas Hutter. Der Wille in der Politik ebenfalls. Jetzt liegt es an ihm und seinem Team, die Diva zu zähmen. «Ich spüre den Zeitdruck», sagt Andreas Hutter. «Was uns neben dem wissenschaftlichen Ehrgeiz antreibt, ist, die Natur zu schonen. Das Leben auf der Erde soll auch für die nächsten Generationen lebenswert sein», sagt der Vater zweier Töchter.

«Wenn ich beim Bergsteigen die wunderschönen Gletscher sehe, wünsche ich mir, dass wir den Klimawandel aufhalten können», sagt Hutter. Batterien spielen dabei eine wichtige Rolle. Der Weg bis zum Ziel ist nicht einfach, weiss Andreas Hutter. «Aber er wird sich lohnen.»

Dieser Artikel erschien in der «Schweizer Illustrierten» unter dem Titel «Wer zähmt die Diva?».