Twitter ist seit je das soziale Netzwerk, über das Elon Musk am liebsten kommuniziert. Im Juni 2009 meldete er sich auf dem Kurznachrichtendienst an. In den gut 13 Jahren hat der Milliardär rund 21’500 Tweets abgesetzt. Das sind im Schnitt deutlich über 40 Posts pro Tag. Und seit Ende Oktober ist es offiziell sein Spielzeug. Musk ist seitdem der Besitzer von Twitter.
Über die Plattform teilt der Unternehmer und Milliardär seine Gedanken mit der ganzen Welt. Weil sich Musk äusserst freimütig zu seinem privaten und unternehmerischen Gebaren äussert, lässt sich sein Leben gut anhand seiner Twitter-Nachrichten nachzeichnen.
Das sind zehn Tweets von Elon Musk, die sein verrücktes Jahr 2022 widerspiegeln:
1. Unterstützung für Ukraine
Am 24. Februar griff Russland die Ukraine an. Nur zwei Tage später sprang Musk dem angegriffenen Land bei, indem er diesem Internetzugang über Starlink zur Verfügung stellte. Darüber informierte der SpaceX-Mitgründer über Twitter:
Damit bejahte Musk eine Anfrage von Mychajlo Fedorow. Der stellvertretende Ministerpräsident der Ukraine hatte ihn gebeten, sein Land mit Starlink-Stationen zu versorgen. Starlink ist eine Armada aus Tausenden von Satelliten des Raumfahrtunternehmens SpaceX, die Internetdienste bereitstellen.
2. Vorkämpfer für freie Meinungsäusserung
Russland führt seinen Angriffskrieg auch mit kommunikativen Mitteln. Staatssender wie Russia Today (RT) verbreiten in Europa Propaganda für die Russische Föderation. Die EU reagierte am 1. März mit einem Verbot der Sender. Gleichzeitig kamen Stimmen auf, wonach Musk mit Starlink nachziehen und die Internetpräsenz russischer Medien ebenfalls blockieren soll.
Der Unternehmer widersetzte sich aber und benutzte in seinem Tweet dazu eine Bezeichnung für sich, die später in viele Porträts über Musk eingeflossen sind: «free speech absolutist», Verteidiger der absolut freien Meinungsäusserung.
3. Twitter-Saga Teil I
Ende Januar hatte eine Saga ihren Anlauf genommen, die bis heute angehalten hat. Damals begann Musk, in Twitter zu investieren. Bereits am 14. März war er mit einem Aktienanteil von 9,2 Prozent der grösste Aktionär des an der Börse gehandelten Kurznachrichtendiensts. Und exakt einen Monat später legt der damals noch reichste Mann der Welt nach, was er im folgenden Tweet bekannt machte:
Musk verkündete am 14. April, dass er Twitter zu einem Preis von 54,20 Dollar pro Aktie kaufen will. Sein Angebot über rund 44 Milliarden Dollar entsprach einem Aufschlag von 38 Prozent auf den damaligen Kurs der Twitter-Aktie. Das Abenteuer nahm seinen Lauf. Mehr dazu später.
4. Vater vieler Kinder
Zuerst aber kümmern wir uns etwas um Musks private Seite. Denn auch sein Liebesleben ist eine turbulente Angelegenheit. Der 51-Jährige soll Vater von zehn Kindern sein – von drei verschiedenen Frauen.
Anfang Juli enthüllte der «Business Insider», dass Musk im November 2021 Vater von Zwillingen geworden war. Das Pikante an der Sache: Bei der Mutter soll es sich um eine Mitarbeiterin seines Unternehmens Neuralink handeln. In den meisten US-Grossunternehmen sind solche Liebschaften jedoch verboten.
Die negativen Schlagzeilen kümmerten Musk indes wenig. So setzte er am 7. Juli einen Tweet ab, in dem er seine Fertilität damit begründete, dass er die Unterbevölkerung bekämpfen möchte. Die Vergrösserung der Bevölkerung sieht er als Teil seiner Vision für die Kolonisierung anderer Planeten.
5. Twitter-Saga Teil II
Im vergangenen Sommer wollte Musk plötzlich einen Rückzieher von seinem Übernahmeangebot für Twitter machen. Mit Verweis auf angebliche Falschaussagen der Twitter-Führung erklärte der Entrepreneur, er werde den Kauf nicht vollziehen.
Sein Vorwurf: Der Kurznachrichtendienst habe ihm gegenüber eine zu tiefe Anzahl an Scheinprofilen – sogenannten Fake-Accounts – angegeben. Musk und Twitter verklagten sich daraufhin gegenseitig und lieferten sich eine Schlammschlacht, was folgender Tweet beweist:
Ein Gerichtsprozess sollte den Streit zwischen Musk und Twitter Mitte Oktober klären. In diesem hätte der Kurznachrichtendienst die Anzahl von Fake-Accounts offenlegen müssen, worüber sich Musk in seinem Tweet lustig machte. Zum Prozess kam es dann aber nicht, weil der Milliardär schon zuvor einwilligte, doch an seinem Angebot festzuhalten.
6. Auch noch Fussballclub-Besitzer?
Tesla, SpaceX, Starlink, Neuralink und bald auch noch Twitter. Musk spielt unternehmerisch auf vielen Hochzeiten. Da fragte man sich Mitte August, wo der Vielbeschäftigte auch noch die Zeit hernehmen will, um zusätzlich einen Fussballclub zu besitzen. Und zwar nicht irgendeinen, sondern den englischen Traditionsverein Manchester United. Über diesen twitterte Musk nämlich, dass er ihn kaufen werde.
Aber einige Stunden nach seinem Tweet liess Musk dann verlauten, es handle sich dabei bloss um «einen alten Witz auf Twitter». Seine Nebenbeschäftigung sei Stand-up-Comedian. Der Tweet ist ein letztlich harmloses Beispiel dafür, dass Musk hie und da zu vergessen scheint, welche Tragweite seine Äusserungen haben können – was ihm aber auch schon juristische Probleme eingehandelt hat.
7. Versuch als Ukraine-Experte
Anfang Oktober äusserte sich Musk wieder einmal zum russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Er präsentiert der Twitter-Welt seinen Plan, wie zwischen den involvierten Kriegsparteien wieder Frieden einkehren soll.
Sein vierstufiger Vorschlag basierte auf diesen Punkten: In den zuvor von Russland annektierten ukrainischen Gebieten soll die Abstimmung unter Aufsicht der Vereinten Nationen (UN) wiederholt werden. Dazu müsse die Krim als offizielles Staatsgebiet von Russland anerkannt und die Wasserzufuhr auf die Insel gewährleistet werden. Und die Ukraine soll den Status eines neutralen Landes annehmen.
Für seinen auf Twitter publizierten Plan hagelte es Kritik – vor allem aus der Ukraine.
8. Twitter-Saga Teil III
Am 28. Oktober war es dann so weit. Musk hielt sein Versprechen und kaufte Twitter zu den vereinbarten Modalitäten. Die Übernahme des Kurznachrichtendiensts mit dem blauen Vogel verkündete er selbstredend auf der Plattform, mit folgendem Satz:
Als erste Amtshandlung feuerte der neue Twitter-Chef das Topmanagement und löste einige Tage später den Verwaltungsrat auf. Musk machte sich zum Alleinherrscher – und sah sich schnell Spott und Häme ausgesetzt. Das Vorhaben, ein kostenpflichtiges Abo einzuführen für User, die den blauen Haken für verifizierte Accounts behalten wollen, wurde zum Fiasko.
9. Unterstützer der Republikaner
Auch vor politischen Aussagen mit Sprengkraft scheut Musk nicht zurück. Wenige Tage vor den Kongresswahlen in den USA mischte er sich in den Wahlkampf ein – und bezog ziemlich klar Stellung. «An unabhängig denkende Wähler: Geteilte Macht zügelt die schlimmsten Auswüchse beider Parteien», schrieb er am 7. November auf Twitter. Und weiter: «Daher empfehle ich, für einen republikanischen Kongress zu stimmen, da die Präsidentschaft demokratisch ist.»
Musk hatte bereits früher gesagt, dass er für die Republikaner stimmen würde. Zugleich hatte er betont, dass er die gemässigten Kandidaten auf beiden Seiten unterstütze. Sein Wunsch erfüllte sich mehrheitlich. Die Republikaner eroberten die Mehrheit im Repräsentantenhaus, aber nicht im Senat. Und gleichzeitig scheiterten viele Rechtsaussen-Kandidierende, die von Ex-US-Präsident Donald Trump unterstützt wurden.
10. Twitter-Saga Teil IV
Musk widmet der Baustelle Twitter seit der Übernahme seine ganze Aufmerksamkeit. Darunter leidet sein ebenfalls angeschlagener E-Auto-Bauer Tesla. Die Aktie hat im Verlaufe des Jahres 60 Prozent ihres Werts verloren, wodurch das Vermögen des grössten Aktionärs geschmolzen ist. Anfang Dezember musste Musk die Krone des reichsten Menschen der Welt abgeben – an Bernard Arnault, den Mann hinter dem französischen Luxusgiganten LVMH.
Am 19. Dezember erreichte die Twitter-Saga dann ihren vorläufigen Höhepunkt. Musk liess darüber abstimmen, ob er als CEO abtreten soll.
Das Ergebnis: 57,5 Prozent der 17,5 Millionen abgegebenen Stimmen sprachen sich dafür aus, dass Musk von seiner Führungsrolle zurücktritt. Dieser versprach, sich an das Resultat zu halten. Am 21. Dezember nahm Musk dann Stellung. «Ich werde als CEO zurücktreten, sobald ich jemanden finde, der blöd genug ist, den Job zu übernehmen», schrieb der Noch-Chef auf Twitter.
Auch wenn Musk seinen Chefposten räumen wird: Seine Herrschaft bei Twitter wäre auch dann noch nicht vorbei. Schliesslich bleibt er Mehrheitseigentümer des sozialen Netzwerks. Wie auch immer es in dieser Chronik weitergeht, sicher ist: Das letzte Wort ist noch nicht getwittert.