Wenn die Profis vom Schweizer Automobilrennstall Sauber zum Boxenstopp halten, muss jeder Handgriff sitzen. Drei Mechaniker pro Rad haben nur wenige Sekunden Zeit, um die Reifen zu wechseln, bevor das Rennen weitergeht. Lange Zeit waren diese Übungen mit einem hohen Personalaufwand verbunden. Rund zwanzig Menschen brauchte es für einen Boxenstopp unter Realbedingungen.

Um einen weniger aufwendigen Weg für die Übungs-Stopps zu finden, wandte sich Sauber Motorsport 2018 an das Beratungsunternehmen ETH Juniors. Die Aufgabe: Einen Prototyp entwickeln, an dem die Mechaniker die Reifenwechsel trainieren können – unter Realbedingungen, aber mit weniger Personalaufwand.

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Verbindung in die Industrie

Die Projektausschreibung erreicht Fabio Meier über den Newsletter der ETH Juniors. Er steckt zu diesem Zeitpunkt noch mitten im Master-Studium im Fachbereich Maschinenbau und hat durch ein Uniprojekt seine Begeisterung für den Motorsport entdeckt. Er meldet sich bei den Projektmanagern der ETH Juniors und siehe da: Er und ein guter Freund und Kommilitone stecken kurze Zeit später mittendrin in der Prototyp-Entwicklung für Sauber Motorsport.

Das Wissen und den aktuellen Forschungsstand aus den verschiedenen Fachbereichen in die Industrie tragen – das ist das Ziel der ETH-Juniorberater. Die Organisation wurde 1997 von fünf Fachvereinspräsidenten der ETH gegründet und ist im Handelsregister als gemeinnütziger Verein gelistet. Sie wird von zehn Studierenden der ETH Zürich geleitet.

Zu ihnen gehört auch Lea van der Geest. Sie studiert Maschinenbau im Master und ist seit September 2020 bei den ETH Juniors dabei. «Ich lerne hier die Arbeit in einer Unternehmensberatung kennen, während ich gleichzeitig mit den anderen Projektmanagern das Unternehmen führe», sagt van der Geest.

Lea van der Geest

Lea van der Geest ist Projektmanagerin bei den ETH Juniors.

Quelle: LinkedIn

Neben der Arbeit mit den Kunden gehören Buchhaltung, Lohnauszahlungen und Akquise zu ihrem Alltag. «Ich lerne jeden Tag wieder etwas Neues. Es ist richtig cool, als Studentin schon so viel Verantwortung zu haben», sagt van der Geest. Natürlich macht es sie besonders froh, wenn auch die Kunden mit der Arbeit der ETH Juniors und ihrer Mitarbeitenden zufrieden sind. Unternehmen, ob Konzern oder Startup, können bei den ETH Juniors ganze Projekte in Auftrag geben, genauso wie gezielt Personal leihen.

Im Fall von Sauber Motorsport und Fabio Meier ist das Konzept aufgegangen. Nach vier Monaten stand das Übungsmodell für die Sauber-Mechaniker. Während seine Kollegen noch am Finetuning der Software weiterarbeiteten, ging Meier für seine Abschlussarbeit in ein Unternehmen nach Japan. Den ETH Juniors ist er trotzdem verbunden geblieben: Derzeit arbeitet er von Zürich aus als Data Scientist für das japanische Pharmaunternehmen Takeda, und zwar durch den Personalverleih der ETH Juniors.

Nicht nur grosse Konzerne, auch junge Firmen suchen Rat bei den ETH Juniors. «Während wir bei grösseren Unternehmen meist für eine frische Perspektive und neue Ideen gebraucht werden, benötigen Startups oft Hilfe bei administrativen Aufgaben», sagt Lea van der Geest. Viele Gründer haben eine hohe fachliche Expertise, kennen sich aber mit Marketing und Personalentwicklung nicht aus.

Das beobachtet auch Raphael Tobler, Präsident der Swiss Startup Association. «Für Startups ist es oft eine Challenge, eine gute Beratungsfirma zu finden.» Den Gründern fehlt es oft an Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Beratern, Qualitätskriterien wie Transparenz und gute Referenzen sind nicht immer leicht zu überprüfen. «Die ETH Juniors haben in der Branche einen guten Ruf, man kann sich darauf verlassen, dass sie zu sehr fairen Konditionen die Ergebnisse, die sie versprechen, auch abliefern», sagt Tobler.
 

 

«Ich lerne jeden Tag wieder etwas Neues. Es ist richtig cool, als Studentin schon so viel Verantwortung zu haben»

Lea van der Geest

Reinvestition in Jungfirmen

Die ETH Juniors berechnen die Preise für jeden Kunden neu. «Wir schauen uns ein Projekt oder eine Problemstellung eines Unternehmen an und erstellen eine Offerte mit der Preisabschätzung», erklärt van der Geest.

Sollte das Projekt den Preis, den die ETH Juniors im Vorhinein abgeschätzt haben, übersteigen, trägt die Beratung die zusätzlichen Kosten selbst. Abgerechnet wird auf Stundenbasis – und zwar nur die Arbeitszeit der Mitarbeitenden aus dem Studenten-Pool. Die Leistung von Projektmanagern wie Lea van der Geest gibt es gratis obendrauf.

«Da wir ein gemeinnütziger Verein sind, erhalten wir zehn Projektmanager kein festes Gehalt», erklärt sie. Stattdessen teilen sie und ihre Kollegen untereinander auf, was nach allen anderen Abgaben übrig bleibt. Neben der Bezahlung der Studierenden fliesst von den Projekten auch ein fester Prozentsatz des Gewinns in den Fund. Er ist dazu da, Startups von ETH-Juniors-Mitgliedern mit Kapital zu unterstützen.

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