Diese Zahlen sollten jeden Anleger aufhorchen lassen: Ab dem Jahr 2050 schaffen Quantencomputer jährlich zwischen 450 und 850 Milliarden Dollar an Wert, zum Teil durch neue Umsätze, zum Teil durch Kostenersparnisse. Dies prognostiziert der Strategie- und Unternehmensberatungskonzern BCG.
Und es gibt Marktschätzungen, wonach die Branche selbst – also die Hersteller von Quantencomputern – bis 2030 bereits Jahresumsätze von 65 Milliarden Dollar erzielen wird.
Dabei ist der erste kommerzielle Quantencomputer von IBM namens «Q System One» erst seit Januar 2019 auf dem Markt.
Und erst Ende 2019 gab es den ersten wirklichen Beweis dafür, dass Quantencomputer mit Problemen umgehen können, die für klassische Computer zu kompliziert sind. Google gab damals bekannt, dass sein Quantencomputer eine solche Berechnung in nur 200 Sekunden gelöst hat.
Knapp eineinhalb Jahre später: Die absehbaren Vorteile vom Einsatz von Quantencomputern ziehen sich bereits jetzt quer durch die Wirtschaft – Ressourcen werden sparsamer eingesetzt, Medikamente schneller entwickelt und Materialeigenschaften in der Chemie auf kleinster Ebene vorausgesagt.
Es wird Zeit für Privatanleger
Investoren setzen auf jeden Fall schon auf diese neuartigen Computer, die im Unterschied zu herkömmlichen Rechnern nicht auf der Basis der klassischen Physik, sondern auf der Basis quantenmechanischer Zustände arbeiten.
Rund 200 Millionen Dollar Wagniskapital sind in den vergangenen Jahren jährlich in Start-ups geflossen. Im vergangenen Jahr folgte die Verdoppelung auf 500 Millionen Dollar.
Die Industrie ist zwar noch sehr blutjung und die Umsätze sind bescheiden. Doch Privatanleger sollten sich allmählich überlegen, ob sie nicht schon im Anfangsstadium in das Zeitalter des Quantencomputers investieren wollen. Wer bei Amazon oder Facebook zu Beginn Aktien kaufte, ist ja auch inzwischen ein gemachter Mann oder eine gemachte Frau.
Dies sind aktuell die Investitionsmöglichkeiten:
IBM: Führen Quantencomputern zu neuem Erfolg?
IBM war einer der ersten grossen privatwirtschaftlichen Akteure in der Quantenforschung. Der US-Konzern hat bereits 28 Quantencomputer in Betrieb, was die grösste kommerzielle Geräte-Flotte darstellt. Mit 119 Partnern arbeitet IBM derzeit daran, Applikationen für die reale Welt zu entwickeln.
Und für 2023 hat IBM schon den nächsten Quantencomputer namens «Quantum Condor» angekündigt.
Quantencomputer als Umsatztreiber werden für IBM zukünftig auf jeden Fall immer wichtiger: «Big Blue» verzeichnete im vierten Quartal 2020 das vierte Mal in Folge einen Umsatzrückgang.
Das lukrative Cloud-Geschäft mit IT-Diensten und Speicherplatz im Internet wuchs zuletzt deutlich langsamer, und im traditionellen Hardware-Kerngeschäft – etwa mit Servern und Grossrechnern – zeigt die Richtung seit langem nach unten.
Wegen der bestehenden Umsatzschwäche handeln die Aktien von IBM immer noch unter dem Vor-Corona-Niveau.
Für Anleger, die auf eine bedeutende Rolle von IBM im Markt für Quantencomputer setzen, ist dieser Zustand jedoch chancenreich: Sie könnten dereinst von Quanten-Kursfantasien profitieren.
IonQ: Erstes reines Quantum-Investment an der Börse
Das US-Unternehmen IonQ entwickelt einen Quantencomputer, der die Grösse einer Xbox hat. Das Gerät sollte 2023 fertig entwickelt sein, doch bereits jetzt haben ungefähr 20 Millionen Softwareentwickler Zugriff darauf.
Anleger können aktuell nur über den Börsenmantel dMY Technology in das US-Unternehmen investieren, an dem auch Dell-Gründer und CEO Michael Dell beteiligt ist. Nach dem Zusammenschluss – der definitive Termin steht noch aus – wird IonQ unter dem Kürzel IONQ am New York Stock Exchange gehandelt.
IonQ-Präsident und CEO Peter Chapman hat Anfang April gegenüber «Bloomberg» den Zugang zum Kapitalmarkt als Hauptgrund für den Börsengang genannt und gleichzeitig erklärt, warum das Ausmass der bevorstehenden Veränderungen durch Quantencomputer unvorstellbar ist.
Der Aktienkurs von dMY Technology hat seit der Bekanntgabe Anfang März deutlich an Wert verloren – minus 9 Prozent. Es macht trotzdem Sinn, den Zusammenschluss erst einmal abzuwarten. Direkt in ein SPAC zu investieren, bleibt sehr risikofreudigen Anlegern vorbehalten.
Alphabet: Quantencomputer als Notwendigkeit
Der Google-Konzern hat im Herbst 2019 mit der Ankündigung, dass sein Quantencomputer «Sycamore» die «Quantenüberlegenheit» erreicht hat, alle umgehauen.
Mit anderen Worten: Sein Quantencomputer könnte bei bestimmten Aufgaben die klassischen Supercomputer übertreffen. Diese Überlegenheit trifft allmählich auch in der Pharmabranche auf Interesse.
So ging Boehringer Ingelheim im Januar in eine Partnerschaft mit Google ein, um neue Anwendungsmöglichkeiten für Quantencomputer in der pharmazeutischen Entwicklung zu erforschen.
Das US-Technologieunternehmen ist fest entschlossen, diese Technologie weiterzuverfolgen. «Moores Gesetz ist am Ende seines Zyklus», sagte Sundar Pichai, CEO von Alphabet und der Suchmaschinen-Tochter Google, Ende 2019. Das Gesetz besagt bekanntlich, dass sich die Leistungsfähigkeit integrierter Schaltkreise regelmässig verdoppelt. In dieser Lage, so Pichai, seien Quantencomputer «eine der vielen Komponenten, mit denen wir weiterhin Fortschritte erzielen werden.»
Auch für eher konservative Anleger eignet sich Alphabet als Quantum-Investment. Die Aktie überzeugt mit einer konstanten und steigenden Kursentwicklung.
Allein dieses Jahr haben die Alphabet-Aktien 30 Prozent zugelegt. Und die von «Bloomberg» befragten Analysten sehen ein durchschnittliches Aufwärtspotenzial von 7 Prozent.
Quantum Computing und D-Wave
Mit der US-Softwarefirma Quantum Computing gibt es ein Unternehmen, das sich seit geraumer Zeit als einziges börsennotiertes «Pure-Play» im Bereich Quantum Computing bezeichnet. Allerdings werden die Aktien nur ausserbörslich gehandelt.
Anleger müssen zudem einiges an Fantasie mitbringen, um dieses Unternehmen als das Google, das Netflix oder das Amazon dieses Jahrzehnts zu sehen. Dies, obwohl das Unternehmen in den Finanzmedien vielfach als gutes Quantum-Investment dargestellt wird.
So heisst es im jüngsten Geschäftsbericht: «Wir haben bisher keine Umsätze generiert, um unsere Ausgaben zu decken. Ausserdem ist es nicht sicher, dass jemals nennenswerte Umsätze generiert oder profitable Geschäfte betrieben werden.» Quantum Computing eignet sich daher nur als reine Spekulation.
Vielversprechender ist hingegen das kanadische Unternehmen D-Wave, das ebenfalls eine reine Quantencomputer-Firma darstellt. Geräte des Unternehmens sind bereits im Einsatz, zum Beispiel bei Amazon oder Lockheed Martin.
Ein Investment in den Quantencomputerhersteller ist jedoch nur über börsennotierte Fonds wie 180 Degree Capital möglich. D-Wave gehört da mit 13 Prozent zu den grössten Positionen.
Toshiba: Vorreiter in der Quantenkryptografie
Das japanische Unternehmen Toshiba mischt auch im Quantenbereich mit. Toshiba setzt vor allem auf die Quantenkryptografie. Das Unternehmen gilt dort als Vorreiter.
Dabei geht es um die Verschlüsselung und Übertragung von Informationen. Einfach gesagt: Toshiba möchte den künftigen Datenverkehr auch im Zeitalter der Quantencomputer sicher machen.
Doch aktuell ist das Traditionsunternehmen vielmehr wegen eines Bieterwettstreits in den Nachrichten. Die Beteiligungsgesellschaft KKR sowie der Finanzinvestor Brookfield Asset Management zeigen Interesse.
Dieser Machtkampf hat den Aktienkurs seit Ende März massiv nach oben getrieben und stellt keinen idealen Zeitpunkt für einen Zukauf dar.
Microsoft: Mehr als nur Windows
Ähnlich wie IBM oder Alphabet verfolgt Microsoft beim Quantencomputer einen umfassenden Ansatz.
Es arbeitet an allen Technologien, die für die Skalierung kommerzieller Anwendungen erforderlich sind. Dies umfasst den Quantencomputer, die Software und die Entwicklungstools.
Microsoft hat ausserdem das Open Cloud-Ökosystem Azure Quantum lanciert. Dieser freie Zugang beschleunigt die Innovation und treibt die Nutzung voran.
Unter anderem setzt der Autohersteller Ford auf die Plattform, um das weltweite Problem von Verkehrsstaus anzugehen.
Der Vorteil bei einem Kauf von Microsoft-Aktien liegt darin, dass der Konzern im Gegensatz zu IonQ bereits heute sehr profitabel unterwegs ist.
Das Risiko für einen Aktienkauf ist überschaubar. Die von «Bloomberg» befragten Analysten empfehlen auch ohne Quanten-Kursfantasie die Aktien zum Kauf und sehen im Durchschnitt ein Aufwärtspotenzial von 8 Prozent.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf «Cash.ch» unter dem Titel: «Zeitalter der Quantencomputer: Das nächste grosse Ding für Anleger?».